Kubareise 2012   (19.11. - 7.12.2012)

 

Vorwort:
Warum Kuba? Eigentlich stellt sich diese Frage für mich nicht; denn schon vor über 30 Jahren stand Fidel Castros Inselstaat ganz weit oben auf meiner Hitliste der „Must See“-Reiseziele.
Viva la Revolucion!, oder das was davon übriggeblieben ist. Nachdem das Sozialismusexperiment inzwischen wohl weltweit als gescheitert angesehen werden muss, bleibt nicht mehr übermäßig viel Zeit, letzte Überreste sozialistischer Kultur und Lebensart in Ländern wie Vietnam oder eben Kuba zu finden. Ohne all die kapitalistischen Merkmale à la MacDonald’s oder Coca Cola, Burgerking oder Starbuck’s, wie man sie sonst weltweit inzwischen fast überall antrifft. Und wenn es – wie in Kuba der Fall - auch nur die prächtigen uralten amerikanischen Straßenkreuzer sind, die noch allerorten anzutreffen sein sollen. Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, mit einer dicken Havanna im Mund protzig (kapitalistisch?) im offenen Chevy den Malecon, Havannas Flanniermeile entlang zu fahren, einen Mojito-Cocktail zu süffeln, dabei kubanische Musik der Gruppe Buena Vista Social Club zu hören und den schönen kaffeebraunen Kubanerinnen nachzuschauen? Klingt, wie ich zugeben muss, reichlich dekadent. Aber träumen wir nicht alle ab und zu von hemmungsloser, sinnenfroher Dekadenz?
Genug schwadroniert. Am 19.November, also mitten im trüben deutschen Spätherbst soll die Reise in Düsseldorf losgehen. Flug mit KLM via Amsterdam nach Havanna. Nach Absprache mit Werner haben wir diesmal folgende Reisevariante gewählt: den Flug selbst buchen (Internet), ein Tag in Havanna mit Übernachtung in einem sogenannten Casa Particular, einer kleinen Privatunterkunft mitten in der Stadt (Internet), dann eine „Große Kuba-Rundreise“ über Neckermann in einem Dortmunder Reisebüro gebucht, anschließend ebenfalls mit Neckermann ein siebentägiger Strandurlaub All Inclusive in Varadero. Am 4. Dezember dann auf eigene Faust zurück nach Havanna, dort noch einmal zwei Tage im Casa Particular und dann an Nikolaus (6.12.) zurück nach Hause (mit Air France via Paris). Mal sehen, ob und wie das Pauschalpaket von Neckermann unseren Zuspruch findet. Im Normalfall meide zumindest ich ja alles, was nach Massenabfertigung riecht. Ich werde berichten.


Mo. 19.11.  Anreise Meschede-Düsseldorf-Amsterdam-Havanna

Conni hat sich geopfert und hat Werner und mich morgens um halb sechs zum Düsseldorfer Flughafen chauffiert. Wir sind pünktlich dort, nicht aber die KLM, die uns zunächst nach Amsterdam bringen soll. Es wird eng, aber nach verspätetem Einstundenflug landen wir dann doch rechtzeitig auf dem holländischen Riesenflughafen. Hatten wir gedacht, da wir zwar pünktlich in der Boeing nach Havanna sitzen, diese aber nicht startet. Endlich erfahren wir, dass starker Nebel sowie ein technischer Defekt den Abflug verzögern. Zwei Stunden gehen so ins Land, und langsam werden die Passagiere unruhig. Doch dann darf unser Mittelamerika-Abenteuer schließlich doch losgehen.
Der Sitzabstand in der KLM-Maschine ist auch für 1,90-Menschen einigermaßen erträglich (was heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr ist, siehe Air Berlin oder Condor). Außerdem ist der Service gut, und sogar ein umfassendes Entertainment-Programm ist für jeden Passagier verfügbar.

Wir haben 6 Stunden Zeitunterschied zur MEZ, so dass wir noch am selben Nachmittag in Havanna landen. Es herrscht ein Riesengedränge im überfüllten Flughafengebäude, dessen spröder Charme an meine ersten Flugerfahrungen in den siebziger Jahren erinnert. Die 25 € teure Touristenkarte (gleichzusetzen mit einem Visum) wird genauso gründlich kontrolliert wie die Gesichter aller Passagiere, die per Kamera mit den Passbildern abgeglichen werden. Anstehen zum Geldwechseln. Mit den eigenartigen Währungsgegebenheiten müssen wir uns noch genauer befassen. Es gibt zwei Parallelwährungen, den Cuc und Cup, d.h. den Peso Convertible (die Währung für alle Nichtkubaner) und den normalen Peso, der natürlich viel weniger wert ist, mit dem wir aber wohl nichts zu tun haben werden. Ein Cuc (sprich Kuck) ist ungefähr 0,78 € wert, was ziemlich exakt einem Dollar entspricht.
Die Taxifahrt ins Zentrum von Havanna kostet 25 CUC, wahrscheinlich viel zu viel. Der Taxifahrer spricht praktisch kein Englisch, und beim Beharren auf den Einsatz seines Taxameters stellt er auf „no comprendo“, nix verstehen.
Smog in Havanna. Mehrspurige Straßen ohne großen Verkehr führen zügig ins Zentrum. Gleich springen uns die zahlreichen mal mehr, mal weniger gepflegten Oldtimer ins Auge.  Dazu leuchten uns Ché Guevara und Fidel Castro überlebensgroß auf einer Gebäudefassade den Weg.

Endlich ist es gefunden, das „Casa Particular 1932“. Besitzer Luis Miguel lässt uns ein in unser „Traumhotel“ für die kommende Nacht, bestehend aus 2 Gästezimmern und einem Wohn-Esszimmer, das vollgestopft ist mit Kitsch und Kunst im Retro-Look. Eine Unterkunft zum Wohlfühlen, auch wenn wir draußen beim Anblick der düsteren Straße und dann vor der vergammelten und verrammelten Tür erst mal das Grausen bekommen haben. Beim Eintreten waren wir dafür um so überraschter über das noble Ambiente im Innern.

 

Di. 20.11.   La Habana – Havanna

Nach erholsamem Schlaf in großen, bequemen Betten serviert uns Luis Miguel, der Englisch sprechende Patron dieser Privatpension, ein First-Class-Frühstück. So darf es weitergehen mit unserem Kuba-Urlaub.
Am Malecon, der 8 Kilometer langen Flaniermeile entlang dem aufgewühlten Atlantik, führt unser Weg zunächst  zur nicht all zu fernen Zitadelle. In deren Dunstkreis werden wir diverse Male angesprochen. Ché Guevara-Münzen oder auch Fischfutter (wie absurd) werden angeboten; dazwischen gibt es aber auch eindeutige Angebote der horizontalen Art.
Bei all den vielen Prachtkarossen um uns herum kommen wir uns vor wie im Automuseum, fühlen uns um 50 Jahre und mehr zurückversetzt. Außerdem kaum Kommerz, kein HiTech, keine Edelboutiquen usw., wie wir dies zur Genüge kennen. Auf die „“Errungenschaften“ westlicher Zivilisation können wir in den nächsten 2 Wochen sicher mal verzichten, zum Teil jedenfalls.
Aber der Zahn der Zeit nagt überall und ist unübersehbar. Eine grundlegende Restaurierung und Renovierung täte an allen Ecken und Enden not. Vorzeigbarer sind dagegen schon eher die vielen schick gekleideten, aber oft übergewichtigen Mädels in ihren superengen Klamotten. 
Aus Uncle Ho zu Vietnamzeiten wird Werner mit seinem langen Bart hier zu Mr Hemmingway oder zum Commandante Fidel. Auch so kann man mit den Einheimischen ins Gespräch kommen. Meine Spanisch-Fragmente aus früherer Spanien- und Südamerikazeiten können da schon mal ganz hilfreich sein.

 

Bier trinken und kubanisches Leben und Treiben beobachten an der Plaza de Armas. Das einheimische Cristal-Bier oder das 0,5 % stärkere Bucanero für 1 Cuc pro Dose (ca. 1 Dollar) sind richtig lecker.  Winzige Läden mit äußerst überschaubarem Warenangebot säumen den Weg in Richtung Altstadt. Vieles erinnert an die DDR selig. Nur statt 2-Takt-Gestank wird man hier von katalysatorlosen amerikanischen Riesenschlitten und Rußschwaden ausstoßenden Bussen eingenebelt. Teilweise protzige Gebäude aus der Hochzeit des Sozialismus, fast alle dem totalen Verfall ausgesetzt, bestimmen das Stadtbild. Sogar das Vorzeigeobjekt der Stadt, das Capitolio, das dem Washingtoner Vorbild nachempfunden ist, sieht von Nahem erbarmungswürdig aus.


 


Zuletzt entdecken wir auf unserem ersten Erkundungsgang noch einen Teil der Vieja Habanna, der eigentlichen Altstadt. Hier pulsiert das Leben, und auch fürs touristische Herz wird einiges geboten.

Kurz vorm Dunkelwerden holen wir unser Gepäck bei Luis ab und lassen uns mit einer betagten Riesenlimousine zu unserem nächsten Hotel chauffieren,  dem Commodoro im Stadtteil Miramar, weit vom Zentrum entfernt, dafür aber  direkt am Meer. 4 Sterne, Neckermann macht’s möglich. Hier sollen wir auf unsere Reisegruppe stoßen. Erstes Buffet-Essen im noblen Hotelrestaurant. Dazu südamerikanische Live-Musik. Hier spricht man (auch) deutsch.

Wo bitte ist unsere Kontaktfrau von Neckermann? Die Auskünfte an der Rezeption sind vage. Morgen früh sollen wir Genaueres erfahren.
Die Deutsche Welle berichtet im hoteleigenen Flachbildfernseher, dass Bayern München die nächste Championsleague-Runde erreicht hat. Im Hintergrund rauscht der aufgewühlte Atlantik.

 

Mi.21.11.  Ausflug ins Vinales-Tal

Nach gemütlichem Frühstück im vollen Hotelrestaurant wird’s hektisch. Eine kugelrunde Wuchtbrumme fegt durchs Restaurant und sucht zwei Reisende, die die „Große Kuba-Rundreise“ gebucht haben. Das können nur wir sein. Nichts wie ab. Noch schnell die Koffer geholt und rein in den vollbesetzten Reisebus. Wir haben unsere Gruppe gefunden bzw. die Gruppe uns. 41 Neckermänner und –frauen auf einen Haufen, wenn das keine Herausforderung ist?!

Tagesziel ist die Zigarrenfabrik in Pinar del Rio ganz im Nordwesten der Insel und das für seine landschaftliche Schönheit berühmte Vinales-Tal. Während der langen Fahrt erzählt uns Lupe (mit richtigem Namen Gouadeloupe) in gutem Deutsch und in unheimlicher Geschwindigkeit etliches über Land und Leute. Man merkt ihr an, dass es ihr eine Herzensangelegenheit ist, uns Reisenden ihr Land wirklich nahe zu bringen.

Cohiba heißt die Luxusausgabe der Havannazigarre. Im recht ärmlich wirkenden Rio del Pinar dürfen wir den Zigarrendrehern/dreherinnen bei ihrer Arbeit zuschauen. Als Nichtraucher hält sich mein Interesse in Grenzen. Und wenn man dann im Verkaufsraum hört, dass die Nobelexemplare über 25 € kosten, na ja… Eine Zigarre als Mitbringsel für 2,50 CUC tut’s da auch.

Vinales-Tal: Vieles erinnert hier an die Chocolate Hills auf den Philippinen. Wenn es auch noch Wasser drumherum gäbe, könnte man sich auch in der Halongbucht in Vietnam wähnen. Das überaus fruchtbare Tal um die bewachsenen Kalksteinfelsen herum ermöglicht Acker- und Weinbau und natürlich auch Tabakanbau.

Touristenfütterung an einer extrem stark frequentierten Stelle mit kitschig bunten angeblich prähistorischen Malereien auf steil aufragenden Felsen. Auch hier wieder begleitet von einer Musikgruppe, die natürlich ihr „Tip“ haben oder gar eine selbstgebrannte CD verkaufen möchte.

Nächste Station ist eine Indio-Tropfsteinhöhle, die man schon großartiger gesehen hat. Allerdings gibt’s dort zum Schluss noch eine Bootsfahrt im Dunkeln. Per Laserpointer wird wieder gegen „Tip“ auf besondere Formen hingewiesen wird (Dino, Indianergesicht usw.).

Wenig später treten wir die Rückfahrt  an. Riesenschlaglöcher machen die Zufahrt zur „Autobahn“ mühsam. Gegen halb zehn sind wir endlich zurück im Commodoro.
Zum Tagesausklang überrascht eine sog. Kubanische Nacht in der Hotelbar, wo wirklich fetzige Musik von einer 7-köpfigen Band zum Mitwippen und -klatschen einlädt. Ich bin gespannt auf die CD, die ich für 10 CUC der hübschen Sängerin abkaufe.

 

Do.22.11.  Havanna – Santiago di Cuba

Havanna pur gibt’s heute. Alles bis ins letzte Detail mit Hintergrundinformation im Maschinengewehrtakt. Unsere runde Lupe läuft zur Hochform auf. Einiges hatten Werner und ich schon am ersten Tag erkundet, doch gerade den Altstadtbereich mit der Kathedrale und viel Touristenrummel hatten wir nur gestreift. Zum Beispiel Hemmingways Stammkneipe, in der selbiger regelmäßig seinen Mojito getrunken hat, hatten wir noch nicht gesehen. Hemmingway himself (er steht als lebensgroße Bronzestatue an der Bar) bekamen wir diesmal allerdings auch nicht zu Gesicht, weil es dort extrem voll ist. Überhaupt tummeln sich enorm viele Menschen in diesem Teil der Stadt. Viele skurrile Erscheinungen, viele bei dem Versuch, eben wieder einmal ein paar CUC zu verdienen. Mal eben ein Portrait eines Passanten anfertigen, ohne dass dieser es merkt. Er wird’s dann schon kaufen (so wie Werner und ich). Riesenzigarren rauchende Alte posieren natürlich auch für 1 CUC. Aber ohne diese Zusatzverdienste wäre, wie Lupe uns versichert, das normale Leben in Kuba kaum zu bestreiten.

 

 

 

 

Havanna Club ist die Hausmarke Havannas in Form meist hochprozentigen Rums. In der sehenswerten Fabrik innerhalb der Altstadt darf man mal probieren, sich die Produktionsweise vorführen lassen und natürlich auch kaufen.


Mittagessen in einem feinen Lokal zur Abwechslung mal ohne Musik. Noch ein Gang zum Malecon, der mit dem langen Fort im Hintergrund fotogen im Nachmittagslicht erstrahlt. Und dann müssen wir uns schon sputen, denn uns steht heute noch ein Flug bevor.
Ziel ist Santiago de Cuba ganz im Südosten der Insel (ca. 1000 km von Havanna entfernt). Hier sollen wir das wahre, ursprüngliche Kuba antreffen.

Leider dauert der Flug länger als erwartet, da noch eine Zwischenlandung in Holguin eingelegt wird. Gegen 10 am Abend treffen wir an unserem Hotel Versa(i)lles ein. Von der Versailler Pracht ist hier allerdings nicht so viel zu spüren. Trotz 3 Sternen erwartet uns eher Jugendherbergscharakter und dann leider weit vom Zentrum Santiagos entfernt.
Wir sind ziemlich erschossen, weshalb wir uns bald nach der Ankunft in unseren akzeptablen Betten niederlassen und hoffen, dass nicht all zu viele Geräusche durch die hauchdünnen Zimmerwände dringen.

 

Fr.. 23.11.  Santiago di Cuba

Was wäre Kuba ohne Fidel Castro oder Ché Guevra?! Da die Revolution hier in Santiago ihren Anfang genommen hat, muss natürlich das denkmalgeschützte Haus außerhalb Santiagos besichtigt werden, in dem Fidel und seine Kampfgefährten die Eroberung Kubas eingeleitet, strategisch geplant und koordiniert haben. Dicke Einschusslöcher neben dem Eingang von Seiten der Batista-Armee machen deutlich, dass es hier vor ca. 60 Jahren ziemlich zur Sache gegangen ist.
Hurricane Sandy hat vor 4 Wochen hier Schlimmes angerichtet. Wir hatten erst gedacht, unser Hotelrestaurant wäre sanierungsbedürftig und deshalb ohne Fenster und Balkon. Fakt aber ist, dass durch den Tropensturm nicht nur Bäume und alle nicht niet- und nagelfesten Dinge umgestürzt oder weggeblasen worden sind. Selbst ganze Häuserfronten sind wie in unserem Fall weggerissen worden. Während der folgenden Busfahrt können wir uns von dem verheerenden Ausmaß der Zerstörung überzeugen. Lupe spricht davon, dass Santiago kaum noch wiederzuerkennen sei.
Eins unserer Ziele während der vormittägigen Rundfahrt, das erfreulicherweise von größeren Verwüstungen verschont geblieben ist, ist ein ausgedehnter Dino-Park mit lebensgroßen Viechern aus Beton. Sind wir da die richtige Zielgruppe? Zarter Protest ist von hinten aus dem Bus zu hören. Auch der riesige Friedhof Santa Ifigenia findet nur bedingt Zuspruch. Immerhin liegen hier der Nationalvolksheld und –dichter José Marti sowie der Herr Bacardi, Gründer des Bacardi-Imperiums begraben. Packender ist da schon die Festung El Morro hoch über dem karibischen Meer, die doch einige Einblicke vor allem in das Seeräubertum vergangener Zeiten gewährt.

Am interessantesten aber ist Santiago selbst mit seinem völlig anderen Stadtbild als Havanna und der überwiegend schwarzen Bevölkerung. Hier scheinen die Menschen viel Rhythmus im Blut zu haben. Auf allen  Wegen werden wir von temperamentvollen Rhythmen begleitet. Leider fällt unser Stadtrundgang etwas kurz aus. Schade, hier hätten Werner und ich gerne länger verweilt.

Am Abend dürfen wir uns an ein paar netten Wassernixen erfreuen, die zusammen mit ihren männlichen Parts feine Wasserakrobatik und –artistik im hoteleigenen Pool bieten.


Sa. 24.11.  Santiago - Camagüey

Für heute ist eine lange Busfahrt angesagt. Erste Etappe ist die bekannte Wallfahrtskriche El Cobre, nicht all zu weit von Santiago entfernt. Weiter geht’s nach Bayamo, ein zur Abwechslung erfreulich untouristisches Örtchen mit Fußgängerzone, das man ohne Bettler in Ruhe durchstreifen kann. Interessant, einfach mal in normale Geschäfte zu schauen, um zu verstehen, dass ein durchschnittliches Monatseinkommen eines Kubaners von 20 CUC natürlich nicht zum Lebensunterhalt reichen kann. Zuverdienste jeglicher Art sind unumgänglich. Dass dies offensichtlich bei den Meisten ganz gut funktioniert, wird durch das Erscheinungsbild vieler Einwohner deutlich: oft recht schick, teilweise drall gekleidet und in den allermeisten Fällen gut genährt.

Die Fahrt geht weiter durch ausgedehnte Zuckerrohrplantagen, einem der Hauptstandbeine der kubanischen Wirtschaft. Rum ist im Übrigen allgegenwärtig und spottbillig. Uns hat es der 7 Jahre alte Havanna Club angetan, der fast wie Cognac schmeckt und der gerade mal 9 CUC pro Liter kostet.
Unterwegs dann noch ein grotesk anmutendes Erlebnis: An einer Kontrollstelle mit Polizei und demonstrativer Wichtigkeit müssen wir den Bus verlassen. Ein Mann mit einem martialisch anmutenden Staubsaugerverschnitt begibt sich zum Kofferraum unseres Busses und bläst eine Riesenwolke aus Chemikalien dort hinein. Laut Lupe handelt sich um eine Vorsichtsmaßnahme, die vor Seuchen, Denguefieber und ähnlichem schützen soll. Jetzt wird mein (neuer) Koffer sicher noch merkwürdiger riechen als schon zuvor.


Unser Tagesziel heißt Camagüey und liegt fast auf halber Strecke nach Varadero, dem beliebten Badeziel, in dem wir noch eine Woche verbringen werden.
In Camagüey ist es schon dunkel, als wir dort eintreffen. Es ist wirklich erstaunlich, in welch rasanter Geschwindigkeit der Tag zur Nacht wird. Um 6 ist es stockdunkel.
Das Hotel Camagüey ist besser als erwartet, und ein besonderes Schmankerl wartet um 22 Uhr auf uns. Als Gäste des Hotels dürfen wir im Nachbargebäude eine angeblich große Show im Stile der Tropicana-Show wie die in Havanna kostenlos besuchen (Tropicana-Eintritt in Havanna kostet ca. 70€). Als Werner und ich gegen viertel nach zehn den Show-Raum betreten und uns wundern, dass außer uns beiden noch niemand da ist, schwant uns nichts Gutes. Wir warten noch ein Weilchen und sind schließlich ein Häufchen von 10 Gästen. Endlich geht’s los mit einem jungen Zauberer, gefolgt von einer Sängerin und diversen Tänzern. Alle Akteure scheinen eher Teilnehmer einer Jugend-Talentshow zu sein als gestandene Künstler. Sie geben ihr Bestes, doch zum Glück ist die Show dann gegen viertel vor zwölf recht schnell zu Ende.

 


So. 25.11.  Camagüey - Trinidad

Der siebte Tag ist schnell erzählt. Auf dem Programm steht eine Kurzbesichtigung von Camagüey, die uns trotz der blumigen Beschreibung im Kuba-Reiseführer kaum begeistern kann. Vielleicht sind wir in den falschen Ecken. Man kann ohnehin nur staunen, wie unser Busfahrer sein Riesengefährt von Transtur schrammenfrei durch engste Gassen manövriert.

Unsere Reisegruppe hat inzwischen eine gewisse Eigendynamik entwickelt. Die Leute mit den selben Wellenlängen haben zueinander gefunden und Spaß miteinander. Sei es das junge Pärchen aus Salzburg, bei dem sie immer gut gelaunt das Zepter führt und er erst nach ein paar Bierchen die Zähne auseinander bekommt (Ich hoffe, Ihr verzeiht mir, wenn Ihr dies im Internet lest!). Oder das ungleiche Wiener Paar, wo er – Besitzer einer Heurigenkneipe - schon ziemlich hinfällig wirkt, dafür aber mit seiner aufdringlichen Dauerfotografiererei etwas großkotzig daher kommt. Dann die beiden bayerischen Mädels, bei denen sich jeder fragt, wieso die solch eine (Bildungs-)Rundreise mit lauter meist älteren Herrschaften machen. Gernot aus dem Fränkischen scheint immer dann zufrieden zu sein, wenn er eine Zigarette rauchen kann und vor allem sein „Cerveza“ in Händen hält. Zu erwähnen sei noch das dauerrauchende Pärchen aus dem Rheinland, bei dem man froh ist, dass man die Beiden gut verstehen kann. Die Gruppe ist nämlich äußerst  ossilastig sowie von bayerischem bis wienerischem Idiom geprägt. Da muss man im Gespräch gelegentlich nachfragen.

Nach einem Zwischenstopp an einem landschaftlich besonders schönen Aussichtspunkt gelangen wir in Kubas schönste Stadt, nach Trinidad. Nein, eigentlich fahren wir dran vorbei, da unser Hotel Ancon ca. 10km entfernt liegt. Dafür aber direkt am wunderbaren karibischen Meer. Wir sind begeistert vom langen, weißen Sandstrand und warmen, klaren Meerwasser. Karibik pur.

Dazu gibt’s unerwartet und nicht im Prospekt vermerkt „all inclusive“. Das heißt, nun darf man sich ohne auf den Geldbeutel achten zu müssen durch die Cocktailkarte der Hotelbar trinken. Und ab 10 Uhr am Abend ist natürlich wieder Showtime.



 

Mo. 26.11.  Trinidad

Für Trinidad hätte ich mir noch mehr Zeit gewünscht. Ganz zu Recht hat man der Stadt den Titel Weltkulturerbe der UNESCO verliehen. Da Trinidad lange Zeit eine Schmuggler- und Piratenhochburg gewesen ist, konnte sie durch die abgeschiedene Lage ihren Kolonialcharakter fast vollständig bewahren. Neben der architektonischen Besonderheiten locken auch zahllose Kunsthandwerkswaren, die in den Straßen zum Kauf angeboten werden. Nach zähem Feilschen bekomme ich eine aufwändig gestickte runde Tischdecke für 21 CUC. Ein feines Mitbringsel.
In einer Großtöpferei lernen wir die lokale Keramikkunst kennen und bedauern es, dass unser Koffer-Stauraum limitiert ist.

 

 

 

 

Di. 27.11.  Trinidad - Santa Clara - Varadero

Die Große Rundreise neigt sich ihrem Ende zu. Es sind noch knapp 200 km bis Varadero. Doch claro, keine Kuba-Rundreise ohne Santa Clara. Dort nämlich, etwa auf halbem Wege, befindet sich Ché Guevaras Grabmal mit dazugehörigem Museum. Zuvor dürfen wir kurz den „Tren Blindado“ bewundern, den Zug, den Ché Guevara und seine Mannen 1958 mit Molotowcocktails zum Entgleisen gebracht haben, was zum Sturz Santa Claras und letztlich zum Siegeszug der kubanischen Revolution geführt hat.
No foto, heißt es dann vor Chés Grabmal, der eigentlichen Hauptattraktion. Es wird ein bisschen viel Zirkus veranstaltet und warten muss man reichlich, bis man endlich vor der Urne Chés und seiner Hauptcompaneros steht. Fürs Foto ist eh die Riesenstatue außerhalb besser geeignet. Viel Kult um das Idol aller Guerillakämpfer und natürlich auch für Nostalgiker wie mich. Schließlich hatte auch ich über Jahre das Ché-Plakat in meinem Jugendzimmer hängen. Heutzutage trägt man ihn eher auf der Brust in Form eines T-Shirts. Wenn Ché das geahnt hätte …


27.11. – 4.12.  Varadero

Der Besichtigungsteil unserer Reise ist damit beendet. Die letzten Kilometer bis Varadero führen durch eine eher langweilige Ebene. Wir nehmen Abschied von Lupe, die uns in ihrer unglaublich originellen Art so viel von Land, Leuten und von sich und ihrer Familie vermittelt hat. Wir werden sie im zweiten Teil unserer Reise sicher vermissen.
Von nun an dürfen wir Kuba getrost vergessen. Wir tauchen ein in eine andere Welt, wie sie sich  auch auf den Malediven, in Thailand, auf Mauritius oder sonst wo befinden könnte: Das Sol Palmeros, unser 4-Sterne Resort an Kubas angeblich schönstem Strand.
Die meisten Teilnehmer unserer Gruppe begleiten uns und werden in der kommenden Woche ebenfalls Gäste dieser gigantischen Anlage sein. Zum Glück werden wir nicht im Haupthaus untergebracht sondern in einem der zahllosen Bungalows, wo es viel Platz, gemäßigten Luxus und ein bisschen Privatsphäre gibt.

Der Hotelkomplex für schätzungsweise 1000 Menschen beeindruckt nicht wegen sondern trotz seiner Größe. Wie wir im Laufe der nächsten Tage feststellen können, haben hier clevere Tourismusmanager einen Mikrokosmos geschaffen, der kaum daran erinnert, dass wir uns eigentlich noch in einem sozialistischen Staat befinden. Vier-Sterne-Luxus, der unaufdringlich wirkt, viel Chic und auch einen gewissen Charme besitzt, alles bestens durchdacht. Dass mithilfe eines All-Inclusive-Armbändchens auch noch an jeder Ecke Getränke und Snacks aller Art serviert werden, lässt zusätzliche Freude aufkommen.
Nicht zu vergessen die Strand- und Poolanimation und vor allem die abendlichen Shows, die es wirklich in sich haben. Tolle Orchester (natürlich kubanischer Provenienz), ausgefeilte Tanzchoreografien, beeindruckende Magier, Modeschauen oder Discos im Stil der 70-er Jahre. Und noch vieles mehr. Langeweile sollte da nicht entstehen. Oder man setzt sich einfach in die weitläufige Lobby und beobachtet bei einem Mojito die hin- und herströmende Menschenmenge, die aus aller Herren Länder zu stammen scheint. Dies erinnert mich ein bisschen an den Uraltfilm „Menschen im Hotel“ mit Greta Garbo.

 

Schade nur, dass es hier keinen drahtlosen Internetzugang gibt. Lediglich vier Computerplätze werden den zahlreichen Hotelgästen für vier CUC pro 30 Minuten zur Verfügung gestellt. Immerhin reicht die Übertragungsgeschwindigkeit, um von hier Grüße in die Heimat zu senden oder einfach Emails abzurufen. Postkarten können auch verschickt werden. Vorsichtshalber haben wir darauf schon mal ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr gewünscht …

Die Tagestemperaturen hier bewegen sich gleichmäßig im 25 Grad-Bereich, wobei Sonnenscheindauer und Windstärke immer auch eine Rolle spielen. Leider ist es in den Folgetagen auch öfter mal bedeckt bzw. An zwei Tagen gibt’s sogar reichlich Regen. Ungewöhnlich für die Jahreszeit. Die Wassertemperatur beträgt gefühlte 23 Grad, also sehr angenehm. Und der kontinuierliche Seegang macht das Schwimmen zu einem sportlichen Erlebnis.

Unsere Neckermann-Gruppe besteht mittlerweile nur noch aus Grüppchen; eben das was von der Gesamtgruppe übrig geblieben ist und das was sich im Lauf der Zeit zusammengefunden hat. So sind wir insbesondere mit dem drahtigen Rudi und seiner immer hilfsbereiten Maria aus Dachau zusammen, mit Gernot aus dem Frankenland und Gerlinde aus Dresden, die ihre beiden erwachsenen Kinder im Schlepptau hat. Ein buntes Dialektgewirr, aus dem eigentlich nur Werner und ich mit unserem sauerländisch angehauchten Hochdeutsch herausstechen. Bei ein paar abendlichen Cocktails verschwinden aber schnell alle Sprach- bzw. Dialektbarrieren.

Auch wenn es nicht nach meinem Geschmack ist, so muss ich doch im Laufe der nächsten Tage Bekanntschaft mit dem vielgepriesenen kubanischen Gesundheitswesen machen. Wegen heftiger Muskelkrämpfe in der linken Wade scheint ein Arztbesuch unausweichlich zu sein. Zumal wenn sich eine medizinische Abteilung in direkter Nachbarschaft zu unserem Bungalow befindet. Zum Glück wird nicht - wie befürchtet - eine Thrombose diagnostiziert, sondern nur eine schmerzhafte Muskelkontraktion. Eine Spritze, ein paar Pillen und viel Salbe sollen da Linderung bringen.

Fast hätte ich die ärztliche Hilfe noch einmal in Anspruch nehmen müssen, da mich in einem unachtsamen Moment ein übler Ausrutscher mit dem hoteleigenen Fahrrad innerhalb des Bungalowbezirks komplett flachlegt. Außer leichten Prellungen geht aber alles glimpflich ab.

Weniger spektakulär gestaltet sich mein Solotrip per Zweirad ins etwa 8 km entfernte Zentrum von Varadero. Viel gibt es dort nicht zu sehen, so dass ich lediglich ein paar Souvenirbuden abklappere. Immerhin werde ich mehrfach fündig und kann mit meinen spanischen Brocken auch das eine oder andere Schnäppchen machen. Hervorzuheben ist vor allem ein zu einem Verkaufsstand umgebauter Holzverschlag, an dem es Schmuckstücke zu kaufen gibt, die ursprünglich als Hilfsmittel zum Essen bestimmt gewesen sind. Gabeln und Löffel sind von einheimischen Künstlern so geschickt und ungewöhnlich deformiert worden, dass sie nun ganz prächtige Schmuckstücke abgeben. Originelle und preiswerte Mitbringsel für die Lieben daheim.

Unseren Bungalowfernseher nutzen wir - außer für gelegentliche Sendungen der Deutschen Welle - nicht sonderlich viel. Aber einmal landen wir doch einen Zufallstreffer. Kaum zu glauben, aber ein spanischer Fußballsender überträgt live (!) das Spitzenspiel der deutschen Bundesliga Bayern München gegen meinen Lieblingsverein Borussia Dortmund. Das Ergebnis nach einem tollen Spiel lautet 1:1, was unsere Stimmungslage noch weiter verbessert. Stimmungsfördernd ist auch das inzwischen herrliche Wetter, das uns in den verbleibenden Tagen vermehrt an den breiten, feinsandigen Strand lockt.

Irgendwann hat das faule Dolcefarniente im schicken Sol Palmeras ein Ende. Die noch vor uns liegenden letzten Tage in Havanna rücken näher. Erfreulicherweise gibt es einen Shuttlebus, der uns die 150 Kilometer von hier bis in die Hauptstadt für sehr günstige 11 CUC fahren wird. Und wer schon einmal Erfahrung mit dem öffentlichen Transportsystem Kubas gemacht hat, weiß, dass ein solcher Luxustransfer gar nicht hoch genug einzuschätzen ist.

Am 4. Dezember ist Schluss in Varadero; Schluss auch mit unserer Neckermanntour. Für mich als eingefleischtem Individualreisenden war diese Pauschalreise eine ganz neue Erfahrung. Vor allem durch Lupe, unsere witzige und spritzige Reiseleiterin, die uns so viel von Land und Leuten nahe gebracht hat, war die Rundreise sicher keine Fehlentscheidung. Und die Begegnungen mit zum Teil sehr interessanten Reisegenossen waren in Summe sicher auch eine Bereicherung. Also kein Grund zum Klagen, auch wenn's beim nächsten Mal aller Voraussicht nach wieder in Eigenregie ablaufen wird.

4.-6.12.  Havanna

Casa Colonial Yadilis y Joel, so heißt unsere Herberge für die letzten beiden Nächte auf Kuba. Bei Tripadvisor auf Platz 2 im Ranking der einfachen Unterkünfte Havannas. Der extrem schmale Aufstieg in den ersten Stock mit ca. 25 kg Gepäck ist nicht so einfach, deshalb Vorsicht Rücken! Wenn man es dann mal geschafft hat, erwartet einen wie schon zu Beginn unserer Reise kubanische Gastfreundschaft pur. Yadilis und Joel sprechen leidlich gutes Englisch, genug, um sich ausreichend zu verständigen. Unser Zimmer ist natürlich nicht so luxuriös wie die der vergange­nen zwei Wochen, aber braucht man das?

Nach wenigen Schritten ist man mitten im Zentrum von Havanna. Auf dem Paseo del Prado, ne­ben dem Malecon die Hauptflaniermeile der Stadt, gibt es reichlich was fürs Auge. Schulkinder, die hier ihren Sportunterricht abhalten, Musiker, die ein bisschen auf der Trompete üben, Intellektu­elle mit Nickelbrille und dickem Schmöker und natürlich Chicas (Putas?), die vor allem am Abend die männliche Klientel auskundschaften und eindeutige Angebote machen.

Auf dem Weg zum Kunstmuseum passieren wir das sog. Bacardihochhaus, das laut Reiseführer nicht zu besichtigen ist. Da auf Kuba aber niemand mit dem 15 Euro-Durchschnittsmonatslohn klarkommen kann, ergeben sich manchmal unverhoffte Gelegenheiten. Ein Wachmann winkt uns zu sich heran und gibt uns zu verstehen, dass gegen Entgelt (versteht sich) eine Ausnahme gemacht werden könne, was die Besichtigung eben jenes Gebäudes betrifft.  Ein Aufzug bringt uns daraufhin fast bis auf das höchste Stockwerk, wo uns nach wenigen Treppenstufen ein grandio­ser Ausblick auf ganz Havanna erwartet. Nirgends besser als hier kann man sich einen idealen Überblick über die Stadt verschaffen.

Museo Nacional de Bellas Artes, so klangvoll ist die Bezeichnung für die beiden großen Kunstmu­seen Havannas. Wir entscheiden uns zunächst für die Abteilung „Kubanische Kunst“. Das Gebäude ist sehr modern und großzügig gestaltet. Was uns an den zahlreichen Galerien schon so gut gefallen hat, setzt sich hier fort. Eine Vielzahl unterschiedlicher Stilrichtungen zieht uns für die nächsten eineinhalb Stunden in seinen Bann. Die Künstler sind für uns natürlich namen­los, aber das tut der Faszination keinen Abbruch. Lediglich die sehr unangenehmen Kühlschranktem­peraturen schmälern den Kunstgenuss ein wenig, zumal ich mir in den letzten Tagen einen heftigen Schnupfen eingefangen habe.

Abends, wenn der Verkehr und somit auch der Abgasgestank am übelsten ist, sollte man sich in die halbwegs verkehrsberuhigte Altstadt zurückziehen. Außerdem gibt es hier auch reichlich Spektakel, worüber sich jeder Hobbyfotograf freut.
Richtig eng wird’s im „La Bodeguita“, einer der beiden Hemmingwaykneipen. Und das nicht nur wegen der Hemmingwaytouristen, sondern auch wegen der tollen Musik, die uns für längere Zeit am Tresen festhält. Eine vierköpfige Band spielt „echte“ kubanische Musik jenseits von Guanta­namera und Besame Mucho. Die Sängerin ist einfach klasse, so dass uns auch der drei­fach höhere Preis fürs Bucanaro-Bier nicht stört.

Eigentlich wollten wir ja noch einmal mit einem der herrlich nostalgischen Schlitten uns durch Havanna chauffieren lassen. Auf dem Weg zum Hauptgeschäftsviertel Havannas, da wo auch die meis­ten rausgeputzten Taxi-Straßenkreuzer stehen,  stoßen wir am folgenden Morgen auf einen sog. Hop On - Hop Off-Bus. Für 5 CUC bekommt man so schnell keine Stadtrundfahrt im offenen Doppeldeckerbus, so dass wir nicht lange fackeln und uns in der ersten Reihe der oberen Etage niederlassen. Ca. eine Stunde lang geht es von hier durch die wichtigsten Viertel der Stadt, die uns aber zum Teil schon vom Reisebeginn her bekannt waren. Leider beinhaltet der zweite Teil der Strecke exakt die komplette Hinfahrt, so dass nur noch wenig Neues von unseren Galaplät­zen zu entdecken ist.

Werner möchte nach dem eindrucksvollen ersten Museumsbesuch nun auch die internationale Abteilung des Museo Nacional de Bellas Artes besichtigen, während ich ein bisschen auf den Spuren der Commandantes Fidel und Che wandeln will. Das pompöse Revolutionsmuseum ist deshalb so pompös, weil es sich eigentlich um den ehemaligen Präsidentenpalast handelt. Nach der Vertreibung des Diktators Battista Ende der fünfziger Jahre wurde das Gebäude umfunktio­niert und zeigt nun erwartungsgemäß zahlreiche Gegenstände und Dokumente aus der Zeit der kubanischen Revolution. Unter anderem auch das bekannte Boot Grandma, mit dem die Revolutio­näre Fidel Castro und Che Guevara 1956 von Mexiko nach Kuba übergesetzt sind.

  

Letzte Einkäufe müssen getätigt werden, und dafür bieten sich meist Märkte mit einheimischem Kunsthandwerk an. Da kommen uns die riesigen Hallen im Hafengelände gerade recht. Das Ange­bot dort ist enorm. Vor allem der Bildermarkt ist eine echte Augenweide. Von originell über künstlerisch höchst anspruchsvoll bis kitschig ist hier alles vertreten. Eine Bildcollage, die ein Frauenportrait aus Gemaltem und einer Zeitungsmixtur beinhaltet, lässt mich nicht mehr los. Nach vergeblichen Handelsversuchen zahle ich schließlich den geforderten Preis und bekomme noch einen Echtheitsstempel und eine Ausfuhrbescheinigung. Das auch von Werner für gut befun­dene Kunstwerk möchte ich Timo und Christine zur bevorstehenden Hochzeit schenken und hoffe, hiermit ihren Geschmack getroffen zu haben.

Für den letzten Abend haben wir uns ein stilvolles Essen in einem sog. Paladar vorgenommen. Paladares sind private Familienrestaurants mit bis zu 12 Sitzplätzen, die sich von den staatlich geführten Restaurants durch eine besondere Atmosphäre und sehr leckeres Essen unterschei­den sollen. In einer dunklen Seitenstraße von Havannas Altstadt werden wir fündig. Wir sind die einzigen Gäste und werden von den drei Damen des Hauses wirklich hervorragend bekocht und bewirtet. Für unsere Verhältnisse zu einem Spottpreis.

Der Abschied naht. Unser Flug nach Düsseldorf über Paris mit der Air France geht erst am Abend, so dass wir in Ruhe bei Yadilis und Joel lecker frühstücken und unsere Sachen packen können. Zwei Mädels aus München haben denselben Flug gebucht, was eine gemeinsame Taxifahrt zum Flughafen nahelegt. Endlich kommt das von Joel georderte Taxi. Leider kein Antikschlitten, wie erst versprochen, doch immerhin schafft es der Taxifahrer, all das Gepäck und uns vier in sei­nem eher modernen, kompakten Gefährt unterzubringen.
Vor der Abfahrt gibt es noch ein Gruppenfoto mit Joel, seiner niedlichen Tochter und uns. Und wir mögen doch nicht vergessen, eine Bewertung bei Tripadvisor abzugeben, was natürlich so­fort versprochen wird.


Die Fahrt zum Flughafen kommt mir länger als bei der Hinfahrt vor. Im Flughafengebäude weist uns eine endlose Menschenschlange den Weg. Wollen die wirklich alle den Air France-Flug nach Paris nehmen? Da nützt kein Lamentieren. Wir fügen uns und quälen uns mühsam bis zum Schal­ter. Inzwischen ist durchgesickert, dass es in Paris mächtig geschneit hat und sich der Ab­flug verzögern könnte. Verzögern ist gut. Glatte drei Stunden müssen wir zusätzlich zu den ein­gerechneten zwei Stunden Vorlaufzeit auf das erlösende Zeichen warten.
Kurz vor Mitternacht ist es dann so weit. Der Flug ist problemlos, ebenso der Umstieg in Paris. Tatsächlich hat es reichlich geschneit, was uns bei der Ankunft in Düsseldorf noch einmal eine Verspätung mit ebenfalls verspätetem Zug in Richtung Sauerland beschert. Wir tragen dies mit kubanischer Gelassenheit, und ich als „Jung-Pensionär“ – endlich unabhängig von Ferienzeiten - freue mich schon jetzt auf die nächsten Reisen, die hoffentlich nicht lange auf sich warten lassen.