Reinhard Scholtz

Auf Rucksacktour durch

Indochina + Myanmar + Thailand

14.11.2002 – 06.02.2003

 

junger burmesischer Mönch

 

 

Tourverlauf:

 

1. Vietnam:   Hanoi – Halong Bucht – Hué – Hoi An – Nha Trang – Da Lat – Cat Tien National Park – Saigon – Can Tho (Mekongdelta)

 

2. Kambodscha:   Phnom Penh – Sihanoukville – Phnom Penh - Siem Reap (Angkor Wat) – Phnom Penh - Stung Treng

 

3. Laos:   Don Det – Savannakhet – Vientiane – Phone Savan - Luang Prabang – Vientiane

 

4. Thailand:   Chiang Mai

 

5. Myanmar:   Mandalay – Bagan – Schwenyaung (Inle-See) – Kalaw – Yangon – Chaungtha Beach – Yangon

 

6. Thailand:   Bangkok – Koh Lanta – Bangkok

 

 

 

Vietnam            Kambodscha               Laos                Thailand                 Myanmar

 

 

 

 

 

 

 

Wechselkursinformation

(Grundlage ist der US $, der in allen südostasiatischen Ländern die Umtauschgrundlage bildet, oft in diversen Ländern auch die bevorzugte Währung ist.)
Stand: November – Februar 2002/2003

 

Vietnam

Kambodscha

Laos

Thailand

Myanmar

1 $ = 15 000 Dong

1 $ = 4 000 Riel

1 $ = 10 690 Kip

1 $ = 42 Baht

1 $ = 650 Kyat

Der Einfachheit halber habe ich im Bericht alle Preise in Dollar angegeben.
Die häufigen Preisnennungen sind als Orientierung für Leute gedacht, die eine Reise in die betreffenden Länder planen.

 

 

 

Geografische Eckdaten zu Vietnam:

Fläche:   331 690 km2   (Deutschland:  356 970 km2)

Einwohnerzahl:   79 Mio.  (Deutschland:  82 Mio.)

Hauptstadt:   Hanoi  (2,2 Mio.)

Bevölkerung:   88% Vietnamesen, 2% Chinesen, 10% Cham und andere Stämme

Sprachen:   Vietnamesisch (Amtssprache), Französisch, Chinesisch, Englisch, Khmer, einheimische Sprachen

 

Klima:   Das Klima Vietnams ist tropisch-monsunal.
Lage:   Südostasien

Benachbarte Gebiete:   Vietnam grenzt im Norden an China, im Osten an den Golf von Tonking und im Südosten an das Südchinesische Meer. Im Südwesten bildet der Golf von Thailand die Grenze; im Westen stößt Vietnam an Kambodscha sowie an Laos.

 

 

Reisetagebuch

 

Donnerstag / Freitag, 14./15. November 2002          Frankfurt – Dhaka – Bangkok - Hanoi

Wie Schwager Burghard so schön sagte, folgt auf die Vorspeise nun das Hauptgericht, und zwar in Form der  zweiten großen Reise innerhalb meines Sabbatjahres. 11 Wochen soll die geplante Asientour dauern. Gedacht als Fortsetzung meiner dreimonatigen Asienreise vor nicht weniger als 25 Jahren. Damals mit Freund Roland im Anschluss ans Studium und vor Beginn des Referendariats. Diesmal mit meinem Ex-Kollegen Werner aus Bad Fredeburg, der wie ich eine schulische Atempause in Form des erwähnten Sabbatjahres einlegt. Dass wir zwei zueinander gefunden haben, ist – wie so oft – einem Zufall zu verdanken, an dem Freundin Barbara maßgeblichen  Anteil hat.

Ziel der Reise ist vor allem Indochina, genauer Vietnam, Laos und Kambodscha, darüber hinaus Thailand und Myanmar, das frühere Burma. Und das über 11 Wochen hinweg, wobei das Ende variiert werden kann. Angeblich genügt ein Anruf bei der Fluggesellschaft Biman, sollte das avisierte Enddatum, der 30, Januar 2003, aus irgendwelchen Gründen geändert werden.

Biman ist die Kurzform für Bangladesh Airlines. Ich habe diese Fluggesellschaft ausgewählt, da sie preislich konkurrenzlos ist. Frankfurt – Dhaka – Bangkok für schlappe 499 €; und als Gabelflug mit Ziel Hanoi und Rückflugort Bangkok nur 699 €. Da nimmt man auch schon mal die eine oder andere Unannehmlichkeit in Kauf, wie Verspätungen oder angeblich schlechten Service (laut Internet).

Von Punkt 1, den öfter vorkommenden Verspätungen, können wir uns gleich zu Beginn überzeugen, als die Maschine nach Dhaka bereits eine halbe Stunde überfällig ist, während ich diese Zeilen in meinen afrikabewährten AlphaSmart-Schreibcomputer  eintippe. Na Hauptsache, die Fluglinie widerlegt den von mir im Spaß verpassten Ruf als „Never-Come-Back-Airline“.

Nach einer Stunde Wartezeit wird’s im Abflug-Terminal des Flughafens langsam unruhig. Schreiende Kinder und zunehmend mürrische Passagiere wollen endlich los. Und tatsächlich geht’s dann mit über 2 Stunden Verspätung doch noch auf große Reise nach Fernost.

In einem weiteren Punkt haben die Internet-Beiträge Recht, nämlich hinsichtlich des Interieurs der etwas in die Jahre gekommenen DC 10-Maschinen der Biman. Uns umgibt gleich beim Betreten des Innenraums das Flair von leicht morbidem Charme, dem Charme der Siebziger mit hippybunten, geblümten Sitzen und geschmackloser Tapete. Aber – viel wichtiger: Die Beinfreiheit kann sich sehen lassen. Ganz im Gegensatz zu gerade erst gemachten LTU-Erfahrungen! Das einzige, was mir missfällt, sind die verkniffenen, überwiegend mürrisch dreinschauenden Stewardessen, die zudem genau wie das Flugzeug durch die Bank schon bessere Zeiten gesehen haben.

Die Zeitverschiebung in Dhaka beträgt 5 Stunden. Die Sonne ist bei unserer Ankunft bereits aufgegangen. Uns überraschen die aus der Luft erkennbaren enormen Wassermassen, die die Hauptstadt von Bangladesh umgeben. Liegt’s am vergangenen Monsun oder ist es Wasser aus dem Ganges-Delta? Doch letztlich sind wir auf Indochina eingestellt, so dass wir nicht viel Zeit mit derartigen Fragen verbringen.

 

Nach elend langem Warten in der schäbigen Transithalle des Airports geht es gegen 11 Uhr einigermaßen pünktlich weiter. Die Maschine ist moderner, schicker und wir stoßen auf die erste äußerst charmant lächelnde Stewardess. Fensterplätze mit freiem Nebenplatz in dem nur etwa halb gefüllten Flieger sorgen für wunderbare Ausblicke und ein bisschen Schlaf.

 

Zum Bangkoker Flughafen ist nicht viel zu sagen. Seit langem ist dieser die Drehscheibe für Flüge in alle Welt; entsprechend riesig und großzügig mit zig Duty-Free- und anderen Shops präsentiert sich dem staunenden Reisenden die Flughafenhalle.

 

Von Thai Airways habe ich schon vor 25 Jahren geträumt (damaliger und immer noch aktueller Werbespruch „smooth as silk“). Und heute wird dieser Traum wahr, da unser Anschlussflug über die Thai geht. Und tatsächlich ist der Flug sein Geld wert. Beste Verpflegung, feines Ambiente und stets lächelnde Stewardessen.
Leider dauert der Flug nur eineinhalb Stunden.

 

In Hanoi angekommen, steht einem raschen Check-In eigentlich nur eines im Wege, nämlich mein Taschenmesser, das man mir in Frankfurt abgenommen hatte (Handgepäck!). Es sollte auf direktem Weg als Extrapack mitgeschickt werden, hat aber leider sein Ziel nicht erreicht. Eigentlich nicht so schlimm, aber ein dienstbeflissener Angestellter will es mir besonders Recht machen und füllt erst mal ein langes Formular aus. Ob’s wohl was nützt?

 

Endlich haben wir vietnamesischen Boden unter den Füßen. In der Empfangshalle wartet schon der per Internet in Verbindung mit einer Hotelbuchung georderter Taxifahrer auf uns. Und los geht’s mit purer Action. Erst relativ gemächlich – immerhin sind’s 37 km bis ins Stadtzentrum – dann aber trauen wir kaum unseren Augen und Ohren: mit fast permanent gedrückter Hupe bahnt sich unser Chauffeur seinen immer enger werdenden Weg in die Altstadt von Hanoi. Aus vereinzelt auftauchenden Fahrrad- und vor allem Mopedfahrern werden nach und nach ganze Hundertschaften, die sich durch das Straßenlabyrinth hindurchwuseln. So was habe ich wirklich auch auf all meinen anderen Reisen noch nicht erlebt. Ein Krimi könnte nicht spannender sein. Wie sich unser Fahrer ohne einmal anzuhalten oder abzubremsen durch dieses unglaubliche Gewimmel arbeitet, ist kaum zu beschreiben. Die meist motorisierten Zweiräder kommen aus allen Richtungen, und – kaum zu glauben – ohne jegliche Feindberührung gelangen wir in einem Affenzahn zum gewünschten Ziel, dem Phan Tai Hotel. Zum Schluss ein paar kleine Querelen wegen des Entgelts für diesen Trip, aber es bleibt beim vereinbarten Preis von 10$. Man kann’s ja mal versuchen, wird sich der junge Fahrer gedacht haben.

 

Unser überaus geräumiges Zimmer liegt ganz oben im 5. Stock mit Blick über Hanoi. Sogar Fernseher und Kühlschrank befinden sich hier, alles bestens! Bestens auch der Preis von 16$ fürs Zimmer, eine halbe Stunde Internet pro Tag sowie Frühstück eingeschlossen.

Der abendliche Altstadtbummel vermittelt erste Eindrücke dieser quirligen, geschäftigen Hauptstadt.

Das mitgenommene Thermometer zeigt 27 Grad.

 

 

Samstag,  16.11.

Wir wollen’s langsam angehen lassen, zumal die sechsstündige Zeitumstellung und der Stress der vergangenen Tage noch nicht ganz überwunden sind. Frühstücksbüffet à la vietnamésienne. Mal sehen, was unsere Mägen dazu sagen. Solange kein gebratener Hund dazwischen ist...

Dann lassen wir uns treiben, erleben ein höchst pittoreskes Altstadtleben und vor allem ein Markttreiben, wie es seinesgleichen sucht. Man weiß nicht, wohin man zuerst schauen soll. Sind es die aparten Frauen, die wie am Fließband  Frösche aus Säcken holen, um diesen dann gnadenlos Kopf und Beine abzuschlagen? Dass die kopf- und beinlosen Geschöpfe dann noch eine Zeit lang hin und her springen, stört dabei niemanden. Hauptsache sie bringen Geld.

Und inmitten des unüberschaubaren Durcheinanders immer wieder knatternde Mopeds. Die Enge ist kein Problem. Bald lernen wir, selbst die befahrenste Straße angstfrei zu überqueren. Am besten schließt man die Augen und geht zügig voran. Die Vietnamesen scheinen Künstler im Ausweichen von Hindernissen zu sein.

Wir erreichen den Hoan Kiem See am Rande der Altstadt. Mitten im See liegt der Schildkrötenturm, das Wahrzeichen von Hanoi, das wir uns nicht entgehen lassen. Dort können wir uns ein wenig von den Abgasen und der Dauerhuperei im Altstadtbezirk erholen.

 

Schon bald hat uns das geschäftige Treiben wieder. Ein Kaufhausbesuch lässt uns nicht schlecht staunen. Eine reiche Auswahl aller erdenklichen Waren zu zum Teil

unglaublich günstigen Preisen. Ich erstehe eine DVD für 50 000 Dong = 3,30$ (Original oder Fälschung - schietegal), und Werner bekommt eine gut verarbeitete und funktionale Safariweste für gerade mal 4$.

Weiter geht’s durch Straßen nur mit Möbeln, nur mit Kleidung, nur mit Fernsehern etc. Sie tragen die entsprechenden Namen (Möbelstraße ...).

Nach soviel Kommerz dann doch wieder etwas Kultur. Wir erreichen den sog. Literaturtempel. Es handelt sich um einen großen Tempelbezirk, der von einer Mauer umschlossen ist. Erbaut wurde die Anlage 1070 zu Ehren des Konfuzius. Die Einzelheiten zu erklären, würde hier zu weit führen.

Uns überrascht zum Schluss unserer Besichtigung eine Vorführung mit alten Musikinstrumenten, die uns ganz exklusiv (allerdings nur gegen Bares) dargeboten wird. Ein Touristenfoto mit hübscher Musikerin und mir mit chinesischem Spitzhut bildet den Abschluss des Tempelbesuchs.

Und nun aber dalli, dalli. Um vier Uhr ist fürs Wasserpuppentheater gebucht. Mit einem „Cyclo“, einer nostalgischen Fahrradrikscha, welche angesichts der irren Motorisierung wohl einer langsam aussterbenden Beförderungsspezies angehört, geht’s eher gemächlich Richtung See. Da Werner und ich gemeinsam in dem Gefährt sitzen (2$), dauert’s halt ein bisschen länger. Und außerdem meint der Fahrer irgendwann, an dem erreichten Punkt sei Schluss, so dass wir den Rest im Sauseschritt per
Pedes zurücklegen müssen.

Die kleine Verspätung im Theater tut nichts zur Sache. Wir haben vorgebuchte Plätze. Das Spektakel ist wirklich eine Attraktion, von allen Reiseführern empfohlen. Eine für unsere Ohren ziemlich schräge Musik begleitet unsichtbare Puppenspieler, welche hinter einem Bambusvorhang agieren. Das Besondere daran ist, dass die Akteure allesamt im Wasser stehen und von da die Puppen bewegen.

Nach knapp einer Stunde ist die Vorführung vor vollbesetzten Rängen beendet.

 

Der Weg durch die Altstadt zurück zum Hotel ist nicht eben einfach zu finden. Aber letztlich führen alle Wege nach Phan Tai...

Bevor wir zu einem erneuten Altstadtbummel starten, werden erst mal Angehörige und Freunde via Internet auf den neuesten Stand gebracht. Überhaupt scheint das Medium Internet hier allgegenwärtig zu sein. An jeder Ecke ein Internetcafé, in denen sich vornehmlich Traveller aus aller Herren Länder tummeln.

Am Abend dann klappern wir ein paar Reisebüros ab, die ähnlich den Internetcafés einem auf Schritt und Tritt begegnen. Für die geplante Fahrt zur Halong-Bay legen wir uns noch nicht fest; aber für morgen buchen wir für 10$ einen Sonntagsausflug zur sog. Parfüm- oder auch Duftpagode. Individuell lässt sich eine solche Tour kaum durchführen. Also greifen wir auf eins der Angebote zurück.

Dann noch ein Fischgericht in einem recht feinen Lokal (zu sehr günstigen Preisen = 2,5$), und zum Schluss lassen wir uns für ein Weilchen auf einem Kinderplastikstühlchen am Straßenrand nieder. Hier gibt’s eine Halbe vom Fass für 1 500 Dong, also etwa 10 Cent! Als ich gerade mit einem Dänen und einer Französin in ein Gespräch über Reisemöglichkeiten vertieft bin, kommt plötzlich Hektik auf. Zwei Uniformierte erscheinen auf der Bildfläche, werden sehr barsch und schlagen mit Stöcken auf die umstehenden Tische. Offensichtlich ist Sperrstunde (23 Uhr). Und ehe man sich’s versieht, sind alle Biergläser verschwunden, offene Rechnungen beglichen und die öffentliche Ordnung wieder hergestellt.

 

 

Sonntag,  17.11.     Hanoi – Chua Huong (Parfümpagode)-Hanoi

Um halb acht in der Frühe werden wir von einem Minibus aufgelesen und Richtung Chua Huong chauffiert. Dort befindet sich oben erwähnte Parfümpagode, 70 km von Hanoi entferntes Hauptziel unseres heutigen Tages. Sie besteht aus einem ganzen Komplex von Pagoden, Tempeln und Schreinen, die man in Grotten, Höhlen und Felsvorsprünge des Huong Tich-Berges hineingebaut hat.

Nach ziemlich anstrengender Fahrt im engen und mit Travellern aus verschiedensten Ländern vollbesetzten Kleinbus gelangen wir endlich zum eigentlichen Ausgangspunkt unserer Tour. Hier müssen wir in Vierergruppen in schmale eiserne Boote umsteigen, die von Einheimischen auf einem Fluss Richtung Pagode gerudert werden. Wir befinden uns in grandioser Landschaft, die vor allem von steil aufragenden, bizarren Kalksteinbergen geprägt ist. Die Bootsfahrt dauert etwa eine Stunde.

Nach Anlegen in einem kleinen Hafen heißt es, einen der steilen Berge zu erklimmen. Angeblich über 2000 Stufen. Gesäumt werden die Pfade von Verkaufsständen mit Cola, Devotionalien, Kokosnüssen und den unvermeidlichen Postkarten, die einem ständig unter die Nase gehalten werden. Dabei sind die meist weiblichen Verkäuferinnen überwiegend aufdringlich bis lästig.

Nach recht langem Marsch erreichen wir endlich das Ziel unserer Tour, die Parfümpagode, eine in eine große Grotte eingefügte Pagode mit Buddhafiguren und reichlich Duftstäbchen. Unser Führer mit Namen Sum versucht, die Geschichte der Pagode zu erklären, jedoch bleibt sein Englisch für die meisten von uns so nebulös wie die Dämpfe der vielen Räucherstäbchen.

Ein Mittagsmahl in einem kantinenartigen Zelt mit langen Sitzreihen ist im Preis eingeschlossen. Reis, Gemüse, Frühlingsröllchen und Tofu werden durchgereicht. Mein erster Versuch, mit Stäbchen zu essen (Besteck gab’s nicht), gelingt eigentlich recht gut.

 

Um halb sieben abends sind wir wieder in Hanoi. Leider hat es zwischenzeitlich angefangen zu regnen. Und das nicht zu knapp. Sinnigerweise werden wir diesmal nicht zum Hotel kutschiert, sondern werden am See rausgeschmissen. Und natürlich finden wir bei diesen Bedingungen – Regen und Dunkelheit – unser Hotel nicht auf Anhieb. Wir laufen mehrere Schleifen, bis wir klitschnass an unserem Hotel anlangen.

Wieder trocken und guten Mutes trösten wir uns anschließend mit einem leckeren Mahl in einem galerieähnlichen, kleinen Altstadtrestaurant mit überaus freundlicher Bedienung. Vorher sind wir allerdings noch für längere Zeit in einem der zahlreichen CD-Shops versackt und dort einem wahren Kaufrausch erlegen. 66 Cent pro (illegal gebrannter) CD, und beim Kauf von 10 gibt’s zwei gratis dazu. DVD’s kosten das Doppelte, also ebenfalls ein Witz. Das Schönste ist, dass man beim Brennen der CD’s und dem Erstellen von Labeln zusehen kann. Alles ganz legal.

Ein  abschließendes Bia Hoi, eine Halbe vom Fass für unglaubliche 10 Cent, nehmen wir quasi im Vorbeigehen auf dem kurzen Rückweg zum Hotel noch mit.

 

Montag,  18.11.

Panta rhei – alles ist im Fluss. Wo könnte dieser Spruch besser passen als hier in Hanoi. Stillstand scheint ein Fremdwort zu sein. Alles ist in irgend einer Form in Bewegung. Sei es, um sich vorwärts zu bewegen, sei es, um Geschäfte zu machen, etwas zu bauen oder sonst etwas in Gang zu bringen. Kaum vorstellbar, dass Vietnam erst seit 1992 für den Tourismus geöffnet ist. In Windeseile hat man sich offensichtlich auf die sich bietenden Möglichkeiten eingestellt. Hotels, Restaurants, Touristenläden, Internetcafés usw. schießen wie Pilze aus dem Boden. Ein Rädchen greift scheinbar nahtlos ins nächste. Welch ein Kontrast zu dem gerade erst Erlebten im südlichen Afrika, wo die Mentalität eher auf Stillstand als auf Fortschritt ausgerichtet ist!

Am auffälligsten und aufregendsten dokumentiert sich die hiesige Geschäftigkeit für uns im Verkehrsleben, das wirklich keinen Stillstand duldet und das einfach unnachahmlich ist – wie oben schon beschrieben. Dass aber mit einem Fahrrad nicht nur Menschen, sondern auch 8 Säcke Zement transportiert werden können oder mit einem Moped ein Familienausflug mit 4 Personen durchgeführt werden kann, finde ich durchaus erwähnenswert. Mopeds sind übrigens auch bestens zum Tiertransport geeignet, so gesehen bei Zweirädern mit Schweinen auf dem Sozius oder mit einer ganzen Hühnerschar im hinten festgebundenen Korb. Auch können auf diese Weise ganze Blumenläden mobil betrieben werden. Enorm, enorm.

Am Ende des Hoan Kiem-Sees, der praktisch das Zentrum Hanois und die Grenze zur in sich geschlossenen Altstadt bildet, landen wir unversehens in einer Bildergalerie. Aus einem unverbindlichen Bilderangucken wird dann aber doch ein längerer Aufenthalt, der beinahe ein größeres Finanzloch in Werners und meine Reisekasse gerissen hätte. So gut gefallen uns die Exponate ausschließlich einheimischer Künstler. Doch schließlich sind wir erst am Anfang unserer Reise, und das Transportproblem ist groß.

Heute möchten wir eigentlich Onkel Ho einen Besuch abstatten. Das riesige Mausoleum, in dem der einbalsamierte Leichnam Ho Chi Minhs zu besichtigen ist, ist nicht ganz leicht zu finden, zumal wenn man bei strömendem Regen ohne Schirm und ohne Regenjacke unterwegs ist. Nach einem größeren Umweg erreichen wir endlich den Monumentalbau, der wie befürchtet genauso wie das angrenzende Ho Chi Minh-Museum geschlossen ist. Es ist halt Montag, kein Tag für Museumsbesuche. Außerdem erfahren wir, dass der Leichnam Hos momentan auf Vordermann gebracht werden muss und erst ab Mitte Dezember wieder zu besichtigen ist.

Der gelb gestrichene Präsidentenpalast in der Nähe des Mausoleums macht einen sehr noblen Eindruck. Allerdings wirkt die Umgebung ziemlich steril, da alles noch der Monumentalbauweise aus der sozialistischen Ära entstammt. Dazu passen auch die gestrengen Wachmänner, von denen mich einer gnadenlos zurückpfeift, als ich den Heiligtümern wohl zu nahe komme.

Auf dem recht weiten Weg zurück zum Hotel leisten wir uns ein (billiges) Taxi, legen uns dort erst einmal trocken und verbringen den anschließenden Abend in einem der schönsten Lokale der Altstadt, dem Little Hanoi. Tolle Stimmung, tolles Ambiente, tolles Essen, und die Preise äußerst bescheiden. Dazu gönnen wir uns ein süffiges Tiger-Bier.

 

Dienstag,  19.11.     Hanoi  - Cat Ba  (Halong Bucht)

Bei Du Lac Tours haben wir eine dreitägige Fahrt zur Halong Bucht bzw. zur Insel Cat Ba gebucht (36$). Pünktlich werden wir um viertel nach sieben vom Hotel abgeholt. Bis alle Mitfahrer eingesammelt sind, vergeht ein Weilchen; doch gegen halb neun ist es dann so weit. 170 km sind es bis ans Meer, 170 eher langweilige Kilometer, zumal das Wetter sich nach wie vor von seiner schlechten Seite zeigt. Der Fahrstil unseres, aber auch aller anderen Verkehrsteilnehmer ist grauenhaft. Augen zu und durch. Gebremst wird nur im äußersten Notfall. Und so passt es ins Bild, dass wir unterwegs zwei Unfallorte passieren. Es hat zweimal böse gekracht, zum Glück jeweils vor unserem Eintreffen. Die demolierten Fahrzeuge (Auto/Moped) lassen nichts Gutes für die Fahrer ahnen.

Kurz vor Halong City dann eine Unterbrechung eher zum Schmunzeln, als wir in Kaffeefahrtmanier zu einer Verkaufsstelle kutschiert werden, die Souvenirs an den Mann und an die Frau zu bringen versucht. Mehrere Busse sind schon vor Ort. Natürlich ist alles überteuert, und auch die wortlos Landschaftsmotive stickenden niedlichen Mädchen können uns nicht zum Kauf erweichen.

Endlich tut sich vor uns die schon mehrfach auf Fotos und in Reisesendungen gesehene Halongbucht auf, oft gepriesen als der Höhepunkt einer jeden Vietnamreise. Über 3 000 dichtbewachsene Kalksteinfelsen ragen pittoresk aus dem Wasser, einem Märchenland gleich. Dazu passt die Übersetzung des Namens Ha Long: Herabsteigender Drache. Das Gebiet gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Bevor wir unsere zu einem Motorboot umgebaute Dschunke besteigen, werden wir in einem Lokal kurz abgefüttert. Anschließend tuckern wir in über drei Stunden der Insel Cat Ba entgegen. Zwischenstopp und Augenschmaus in Form zweier Tropfsteinhöhlen, die unerwartet spektakulär sind.

 

Kurz vorm Dunkelwerden erreichen wir Cat Ba. Auch der inzwischen volltrunkene Amerikaner, den wir während der gesamten Fahrt nur mit Bierdosen gesehen haben, torkelt zur Anlegestelle. Alle Passagiere verlassen das Schiff, alle außer uns. Wir haben die erste Nacht mit Bootsübernachtung gebucht und dürfen bleiben. Hatten wir gedacht. Scheinbar ziellos irrt das Schiff mit uns und der kargen Besatzung eine Zeit lang durch das Gewässer, passiert ein paar Schiffe gleicher Bauart, nimmt hie und da Kontakt auf; aber nichts tut sich. Die Verständigung zwischen der Crew und uns auf Englisch ist äußerst dürftig. Und schließlich gibt man uns zu verstehen, dass sich keine Übernachtungsmöglichkeit für uns bietet. Folglich müsse man uns zur Anlegestelle zurückschippern. Von dort sollen wir per Moped zum Hotel befördert werden.

Gesagt, getan; voll bepackt und äußerst wackelig beginnt die heiße Mopedfahrt über Stock und Stein und vor allem durch tiefen Matsch. Aber einen vietnamesischen Mopedfahrer kann so etwas nicht erschüttern. Und irgendwie erreichen wir einige Minuten später auch das angepeilte Hotel. Unsere Mitfahrer vom Boot staunen nicht schlecht, als sie uns so kommen sehen.

Das Hotel ist soweit o.k. Ein abendlicher Bummel entlang der Strandpromenade lässt uns erneut staunen. Erwartet hatten wir hier ein einsames Eiland im Südchinesischen Meer, und vorfinden tun wir ein Klein-Mallorca auf Vietnamesisch. Bunt beleuchtete Glitzerpalmen mit allerlei Lichtspielen, wie an einer Perlenschnur aufgereihte Hotels und Restaurants. Sogar eine gut besuchte Disco will uns zum Eintritt animieren. Wir ziehen jedoch ein neuseeländisch dekoriertes Pub gleich beim Hotel vor.

Auf dem Nachhauseweg werden wir zum guten Schluss noch von ein paar hübschen Mädchen in einen Frisier- und Massagesalon regelrecht hinein gezerrt; doch die Massage ist – ganz klar – als „Massage spécial“ zu verstehen. Nur mühsam können wir uns aus den Fängen der Damen befreien.

 

Mittwoch,  20.11.

Heute ist Trecking angesagt. Zur Auswahl stehen eine lange und eine kurze Strecke. Als Wander- und Kletterbegeisterte haben wir natürlich die längere Route gewählt.
15 km soll sie lang sein. Nach einerausgedehnten Busfahrt und Eintritt in den Halong Nationalpark startet die etwa 20-köpfige, international bunt gemischte Gruppe unter Leitung eines einheimischen Führers. Die Vegetation ist üppig, wir befinden uns in einem unter Naturschutz stehenden Regenwaldgebiet. Es geht bergauf und bergab, genauer gesagt über insgesamt sechs Berge mit unterschiedlichem Steilheitsgrad. Das Problem für einige ist aber weniger die Steilheit als vielmehr der äußerst glitschige Felsboden, der zu zahlreichen Rutschpartien führt und teilweise auch nicht ungefährlich ist. Während einer kurzen Pause trällert uns der ein paar Brocken Englisch sprechende Guide ein vietnamesisches Liedchen, woraufhin es eine holländische Dame mittleren Alters ihm gleichtut und ein holländisches Volkslied zum Besten gibt.

Nach insgesamt viereinhalb Stunden erreichen wir das Ende der Tour. An einer Waldlichtung stürzen sich alle auf die in einer Buschhütte zum Verkauf bereitstehenden gekühlten Getränke. Auch wir stärken uns mit einem Softdrink, gar nicht ausgepowert und sehr angetan von dem zurückliegenden Marsch.

Ein paar Schritte noch, und wir bekommen in einem etwas improvisierten Dorfrestaurant unser verspätetes Mittagessen, das wie alle bisherigen vietnamesischen Speisen gut schmeckt und gesund ist (viel Gemüse, wenig Fett). Mein Umgang mit Essensstäbchen verfeinert sich von Ma(h)l zu Ma(h)l.

Einheimische Jugendliche spielen auf einem nahen Sportplatz Volleyball, und das gar nicht schlecht. Überhaupt scheint diese Sportart hier sehr verbreitet zu sein. Auch im Fernsehen werden ganze Matche übertragen.

Am Wasser wieder angelangt, stehen schon zwei Boote parat, die uns in halbstündiger kühlfeuchter Fahrt zurück zum Hotel bringen.

Beim Abendessen finden wie so oft sehr interessante Gespräche statt, die schnell über das übliche „Where are you from?“ oder „Where are you going to?“ hinausgehen. Diesmal sitzen ein englisches und ein spanisches Paar am Tisch, und es entspinnt sich ein abendfüllendes Gespräch.

 

 

Donnerstag,  21.11.     Cat Ba - Hanoi

Rückfahrt nach Hanoi. Alles riecht ein bisschen nach Massenabfertigung. Bleibt da das angestrebte Ziel, möglichst individuell zu reisen, nicht ein wenig auf der Strecke? Fakt ist, dass Vietnam touristisch bestens organisiert ist und dass eben enorm viele Touristen das Land besuchen und möglichst eigenständig ihre Reise gestalten möchten. Fakt ist auch, dass solche Touren wie nach Halong äußerst preiswert als Komplettpaket angeboten werden und dass hier eigenständiges Organisieren und Reisen wenig Sinn macht, möglicherweise sogar teurer ist. Also bringen solche Überlegungen wenig; wir nehmen’s, wie es ist und stehen uns ja wahrlich nicht schlecht dabei.

 

Die Rückfahrt ist problemlos. Ein kleines Schmankerl gibt’s noch während der Bootsfahrt, als während einer kurzen Unterbrechung ein paar geschäftstüchtige Kinder uns Touris auf etwas klapprigen Holzbooten durch zwei Kalkhöhlen rudern. Alles natürlich nur gegen Cash. 1,5$ pro Person bar auf die Kralle.

 

Fast im Dunkeln kommen wir in Hanoi an.

Und wieder hat der Wahnsinn einen Namen, nämlich Hanoi City by night. Zielstrebig steuern wir unser Hotel an, genau wissend, wo’s lang geht. Sind ja schon oft genug durch die Altstadt gelaufen. Meist allerdings mit sehr wechselhaftem Erfolg. Und so auch hier. Schon nach kurzer Suche irren wir ziellos und völlig irritiert vorbei an Tausenden von Ständen und Geschäften, versuchen verzweifelt, den Mopeds und anderen Fahrzeugen auszuweichen, suchen Orientierungspunkte. Unseren Stadtplan haben wir nicht dabei. Dann endlich die Erlösung: der Huan Kiem See als Dreh- und Angelpunkt. Aber auch dann müssen wir uns noch sehr konzentrieren, um das eigentlich nahe Ziel zu treffen.

Endlich da und dann die Enttäuschung: Wir haben uns im Rückkehrdatum geirrt; kein Zimmer mehr frei. Kurzentschlossen stürze ich mich noch einmal ins Getümmel in der Hoffnung, doch noch was Passendes zu finden. Und so ist es dann auch. Allerdings liegt das Tulinh Hotel nicht ganz so günstig. Der Preis ist derselbe wie im Pan Thai (16$). Kurzerhand werden Werner und ich vollgepackt auf zwei Mopeds zu unserem neuen Domizil gefahren. Einmal mehr ist mir bei dem Chaos auf den Straßen nicht gerade wohl dabei.

Der Abend gehört dann wieder der Altstadt mit Pizzaessen, Erkundigungen einholen, im Internet E-Mails lesen und verschicken sowie die vom Trecking ziemlich dreckigen Turnschuhe für einen halben Dollar von einem kleinen Schuhputzer reinigen lassen.

 

Freitag,  22.11.

Ein Tag ohne große Ereignisse. Dafür sind’s die kleinen Begegnungen, die das Besondere ausmachen. Erst einmal muss Geld beschafft werden – eins der kleineren Probleme. Auch Travellerschecks werden bei der Vietcombank ohne Schwierigkeiten 1:1 getauscht.

Anschließend ein nettes Gespräch mit dem Fräulein aus der einladenden Bildergalerie, in der wir uns schon vor fünf Tagen aufgehalten haben. Das Bild, das Werner eigentlich haben wollte, ist zu seinem Leidwesen verkauft. Und das Bild, das mir so gut gefallen hat, fällt im Preis ohne großes Pallaver von 300 auf 150$. Immer noch viel Geld. Ich kann mich nicht entscheiden. Die nette Verkäuferin bricht fast in Tränen aus.

Stattdessen werde ich nebenan in einem  Geschäft mit dekorativen Kleidungsstücken von Bergstämmen aus dem Norden schwach. Zwei gewebte Hemden im Folkorelook wechseln den Besitzer. Später kommt an anderer Stelle noch eine schöne (Trachten)- Jacke für fast geschenkte 4$ dazu.

 

Erstmals scheint heute durchgehend die Sonne. Wir freuen uns - endlich mal Fotos bei Sonnenschein! Motive gibt’s genug. Wenig später betreten wir wie selbstverständlich die beiden höchsten Türme von  Hanoi, die Hanoi Towers, fahren mit dem Aufzug rauf und runter und suchen nach der besten Aussicht, die uns aber von hier nicht zuteil wird. Immerhin landen wir an einem großen Swimmingpool im 8. Stock.

 

Wir orientieren uns wieder Richtung Hoan Kiem See, in dessen Nähe sich etliche Taschen- und Rucksackverkäufer niedergelassen haben. Gleich beim ersten muss ich meine guten Vorsätze wieder aufgeben.. Ein 100 Liter (+ 20) -Ungetüm von Lowe Alpin hat’s mir angetan. Angeblich original Lowe. Ob’s stimmt? Egal, die Qualität scheint zu stimmen, das Volumen allemal und der Preis sowieso. 25$ muss ich hinblättern. Bei uns wären es sicher fünf bis zehn Mal  soviel.

Bei Au Lac Travel bekommt jeder von uns wider Erwarten 8$ zurück als Entschädigung für entgangene Übernachtungsfreuden auf dem Boot vor Cat Ba. Zwei leckere Abendessen in der Altstadt sind damit gesichert.

Noch eine gute und ebenfalls unerwartete Nachricht: Bei Love Planet hat man doch noch zwei Tickets für den morgigen Nachtzug nach Hué organisieren können, noch dazu mit Schlafwagen. Normalerweise beinahe unmöglich ohne tagelange Vorbuchung.

Im Little Hanoi wird noch einmal für wenig Geld geschlemmt. Und den Abschluss bildet wie nun fast immer ein frisch gezapftes Hoi Bia für konkurrenzlose 10 Cent. Wieder ein paar nette Begegnungen. U.a. mit dem Schuhputzjungen von gestern Abend, der meine vom Trecking verdreckten Turnschuhe für ein paar Dong auf Vordermann gebracht hat. Heute muss Werner dran glauben. Das Wichtigste für die kleinen, geschäftstüchtigen Burschen aber ist Werners Bart, der wegen seiner beachtlichen Länge alle Welt hier zum Staunen bringt. Von Onkel Ho bis Bin Laden sind schon Vergleiche angestellt worden. Das Höchste aber ist, einmal an ihm ziehen zu dürfen. Ein paar Fotos erhöhen das allgemeine Vergnügen.

Bevor wir das Weite suchen, greift mir plötzlich der zu meiner Linken sitzende Junge meinen Arm, fängt zu massieren an, reißt heftig an meinem Ohr, dreht meinen Kopf hin und her. Ich bitte ihn, die eher unerwünschte Massage zu beenden und gebe ihm ein paar Dong.

Im Hotel radebrecht der junge Mann an der Rezeption ein paar Brocken Deutsch, die er von seinem Deutschlandaufenthalt in Berlin im Kopf behalten hat. Aber ob Deutsch oder Englisch, die Aussprache der Einheimischen stellt uns immer wieder vor Probleme. Kostprobe: aus“ Germany“ wird „Sirmany“ und dergleichen mehr.

 

Samstag,  23.11.

Gestern waren genau wie montags die Museen geschlossen. Deshalb geht’s heute nach Packen unserer immer mehr werdenden Sachen und dem eher mickrigen Frühstück im Tulinh Hotel per Mopedtaxi zunächst zum Ho Chi Minh Museum. Das 1990 eröffnete Museum bietet in der ersten Etage viele Dokumente und Hintergrundinformationen zum allseits verehrten Onkel Ho. In der 2. Etage finden sich da

schon spektakulärere Dinge. Z.B. eine Bilderfolge zum Thema Guernica und natürlich eine Ausstellung zum Vietnamkrieg, dessen Ende Ho Chi Minh ja nicht mehr miterlebt hat. Alles ist interessant und medienwirksam aufbereitet. Zentraler Sammelpunkt schließlich ist die überlebensgroße Büste des großen Vorsitzenden und verehrten Volkshelden.

Museum Nummer zwei ist das ziemlich weit außerhalb gelegene Ethnologische Museum, das erst seit 1994 besteht und das mit französischer Hilfe erbaut worden ist. Wie der Name schon sagt, geht’s hier um die Ethnien, vor allem denen aus dem Norden Vietnams. Eine Vielzahl von Lebenssituationen ist hier wunderbar plastisch nachgestellt. Von Beerdigungszeremonien über die Herstellung von Kleidungsstücken oder das Leben in Langhäusern ist kaum ein Aspekt ausgelassen worden. Ein wirklich empfehlenswerter Leckerbissen.

 

Den späten Nachmittag und Abend verbringen wir zunächst getrennt mit unseren täglichen Hauptbeschäftigungen, dem Stöbern und Entdecken immer neuer Spottpreis-CD’s bzw. DVD’s, der Entdeckungsreise in ständig neu auftauchenden Bildergalerien, einem Trip in die große weite Internetwelt oder einfach nur dem Gucken und Staunen über soviel Geschäftigkeit und Leben. Allerdings geht uns mit der Zeit die unglaublich schlechte Luft in den engen Gassen sowie das Hin- und Herspringen vor den gnadenlos herannahenden und durchfahrenden Fahrzeugen ziemlich auf die Nerven, die alle Verkehrsregeln komplett ignorieren,. Auch dass man zum hundertsten Mal vom selben Straßenverkäufer wegen irgendeiner Tasche oder einer Hängematte angesprochen wird, gehört zu den eher lästigen Erscheinungen.

Ein letztes Abendessen im immer wieder gern besuchten Restaurant gegenüber dem Little Hanoi, ein letzter Flirt mit der Inhaberin und ein fast wehmütiger Abschied; aber es muss weitergehen.

Die Jungs aus dem Tulinh-Hotel schaffen es zum guten Schluss, uns noch über den Tisch zu ziehen, indem sie uns 2$ pro Person aus der Tasche ziehen für die Mopedfahrt zum Bahnhof. Angeblich sind’s sieben km, in Wirklichkeit höchstens drei. Na ja, dafür war die Fahrt wieder höchst abenteuerlich mit all dem Gepäck und vor allem dem Verkehr.

Pünktlich um 23 Uhr startet der Express-Zug nach Saigon. Unsere beiden Wagon-Mitbewohner sind an allem interessiert, vor allem an meinem AlphaSmart und meinem Minidiscplayer. Der Verständigung stehen lediglich Ausspracheprobleme im Wege. Aber daran sind wir ja fast schon gewöhnt.

 

Sonntag,  24.11.     Hanoi – Hué

Der „Wiedervereinigungsexpress“ läuft pünktlich bei Sonne (!) und hoher Lufttemperatur gegen viertel nach zehn in Hué ein. Da wir ein günstiges Hotel empfohlen bekommen haben, brauchen wir einem der wartenden, erstaunlich wenig aufdringlichen Taxifahrer nur noch Namen und Adresse zu nennen. Natürlich wirbt dieser während der kurzen Fahrt dennoch für ein ganz bestimmt besseres Hotel; doch wir bleiben bei unserem Ziel.

Das Nha Khach Lung (12$) ist offensichtlich eine staatliche Unterkunft, die Zimmer sind geräumig, es ist ruhig und wie sich bald herausstellt, sind wir nur Minuten vom Geschehen entfernt.

Unser erster Gang in dieser auf den ersten Blick viel weniger hektisch wirkenden Stadt als Hanoi gehört dem „Parfümfluss“, der Hué in zwei Hälften teilt. Leider sind die Hauptsehenswürdigkeiten, die Zitadelle mit der „Verbotenen Stadt“ sowie die Kaisergräber, relativ weit entfernt. Deshalb beschränken wir uns zunächst auf eine Fahrt mit einem motorgetriebenen „Touristboat“ auf dem Fluss der Düfte. Wir sind die einzigen Passagiere. Es dauert nicht lange, und die Tochter der Bootsbesitzer beginnt, vor uns Souvenirs aller Art auszubreiten. Heftiges Abwinken unsererseits nützt nichts. Sie lässt nicht locker – und hat Erfolg. Schuld hat meine stärker werdende Erkältung, die ich mir wohl in Hanoi zugezogen habe. Ein Seidenschal soll meinen Hals vor der allzu steifen Brise schützen. Werner kauft aus Sympathie gleich einen zweiten für seine Annette dazu.

 

Aber der eigentliche Zweck dieser Flussfahrt hatte ja darin gelegen, ein Fortbewegungsmittel zu finden, das uns zur Thien Mu Pagode, etwas außerhalb auf einem Hügel gelegen, bringen sollte. Nach einer knappen Dreiviertelstunde sind wir dort. Die vom Zahn der Zeit etwas heimgesuchte Pagode ist 31 m hoch und bietet neben dem eigentlichen Bauwerk noch einiges mehr, wie eine zwei Tonnen schwere Glocke und ein buddhistisches Wohn- und Gebetshaus, in dem junge und ganz junge Mönche während unseres Aufenthaltes monotone, sich immer wiederholende Gebetslitaneien herunterleiern.

 

Meine Erkältung weitet sich zu einem Grippeanflug aus, so dass ich nach der Bootsfahrt nur noch zu einem kleinen Bummel mit Einkehr im noblen „Garden Club“ fähig bin. Die zweithöchste Essensrechnung unserer bisherigen Reise beläuft sich auf 107000 Dong. Für die umgerechneten 7$ gibt’s ein leckeres Fischgericht, gebratene Ente, zwei große Bier und zwei Tee.

 

Montag,  25.11.

Ein Tag zum Abhaken. Während des ganzen Tages regnet es Bindfäden. Mein Allgemeinzustand lässt nichts Gutes erwarten. Immerhin versuchen wir, im nahen Traveller-Café mit einem umfangreichen Frühstück etwas Farbe in das graue Erscheinungsbild zu bringen. Die nächsten zweieinhalb Stunden bin ich verzweifelt darum bemüht, den örtlichen Internetzugang im Postamt auf Trab zu bringen. Aber es bleibt frustrierend langsam. Für einen Rundbrief in die Heimat langt es dann aber doch noch.

 

Dienstag,  26.11.

Wegen Dauerregens, noch nicht auskurierter Erkältung und Magen-, Darmverstimmung wird der heutige Tag gestrichen. Schade um Kaisergräber, Zitadelle, die Verbotene Stadt usw. Einziger Lichtblick ist mein im Loose-Forum, der Informationsquelle für Rucksackreisende schlechthin, empfohlener Roman „Das Verschwinden des Michael Langford“. Dieser beschreibt sehr detail- und wirklichkeitsgetreu das Leben und das Schicksal eines Frontfotografen während des Vietnamkrieges und der späteren Machtübernahme der Roten Khmer in Kambodscha.

 

Mittwoch,  27.11.     Hué – Hoi An

Als ich kurz vor 22.45 Uhr diese Zeilen schreibe, zeigt mein Thermometer noch 27,6 Grad an. Wir brauchen nicht mehr zu frieren! Was doch 130 km ausmachen können. Mit Überquerung de Wolkenpasses zwischen Hué und Da Nang (1300m) haben wir auch die subtropische gegen die tropische Zone eingetauscht. Es ist wirklich kaum zu glauben, aber fast schlagartig scheint die Sonne und die Temperaturen gehen in die Höhe. Wir sind mit dem „Open Tour Bus“ vom Sinh Café unterwegs (3$), der uns und etliche andere Rucksacktouristen mit mehreren Sightseeing-Unterbrechungen nach Hoi An bringt.

Der erste Stopp erfolgt an einem Strand mit scheinbar obligatorischer Verkaufsshow und Volksbelustigung, der zweite dann am Wolkenpass mit schöner Aussicht sowie Besichtigung von Bunkern und Spähtürmen der Amis aus dem Vietnamkrieg und der dritte schließlich vor einem imposanten Marmorsteinbruch.

Bei letzterem zieht es mich in eine nahe Höhle, in der sich ein etwa zehnjähriger Junge als Höhlenführer aufdrängt. Seine Begleitung ist für mich ganz nützlich, und die 35 Cent anschließend tun nicht weh. Sehenswert sind auch die vielen in der Gegend herumliegenden Marmortrümmer sowie die Arbeit der Steinmetze. Die Ergebnisse ihrer Arbeit, riesige Marmorlöwen, - buddhas, -kaiser usw. sind überall zu bewundern und warten vergebens darauf, von den fast ausschließlichen Rucksacktouristen hier für wenig Geld erstanden zu werden. Immerhin bringen wir es auf ein kleines steinernes Fischerschiffchen für gerade mal 1$.

 

Ankunft in Hoi An. Von Travellern, die schon da gewesen waren, hatten wir zuvor mehrfach gehört, wie schön es dort sein solle. Nun können wir uns selbst davon überzeugen.

Ein günstiges und empfehlenswertes Hotel ist schell gefunden (Thuy Duong II, 10$) und dann ab ins Vergnügen. Viel turbulenter als erwartet präsentiert sich uns das Hafenstädtchen, das noch im Vietnamkrieg als strategisch äußerst wichtiger Hafen gedient hat. Nein, von Krieg nun keine Rede mehr, eher von Business pur. Hier tanzt der Bär! Rothenburg ob der Tauber lässt grüßen. Touristenscharen quälen sich durch das malerische Städtchen vorbei an kunstgewerblich ausgerichteten Läden (vor allem Bilder, immer wieder Bilder, z.T. handwerklich und künstlerisch sehr ansprechend), dann Restaurants, unzählige Bekleidungsshops mit eigenen Schneidereien, Billardkneipen usw. Und alle Einheimischen wollen nur das eine: verkaufen, verkaufen verkaufen. Schlimm, dass vor allem schon Kleinkinder von ihren Eltern auf Touris angesetzt werden, um irgendwelche Flöten, Postkarten o.ä. zu verkaufen.

Spät abends wird’s dann auch drastischer mit „Lady, lady – bum, bum“. Man muss sich buchstäblich seiner Haut erwehren. Dennoch fasziniert das Treiben gerade unten am Hafen schon sehr. Wir beobachten mit großem Amüsement  (vor allem deutsche) Reisegruppen beim Fisch- bzw. Meeresfrüchteessen. Die dazu geäußerten Ossi- und Wessikommentare muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.
Mallorca und Co. lassen grüßen, und Vietnam muss aufpassen, dass es nicht in diese Richtung abdriftet.

 

Donnerstag,  28.11.

Zunächst pflege ich ein wenig meinen Infekt, der langsam zur Plage wird. In einer Straßenapotheke versuche ich mit Händen und Füßen deutlich zu machen, was ich möchte. Alles Mögliche wird vor mir ausgebreitet. Zwischendurch darf ich auch mal in einem dicken Wälzer nachschlagen, ob’s konveniert. Ne, irgendwie traue ich dem Braten bzw. den Medikamenten nicht, kaufe dann aber doch zwei Mittel, von denen zumindest das eine klar als Mittel gegen Erkältungsinfektionen erkennbar ist.

Ansonsten ist heute Müßiggang angesagt. Schlendern und genießen. Vielleicht das eine oder andere Foto. Aber ach, die Sonne lässt uns erneut im Stich. Wenigstens ist es warm.

Für 3,3$, einem doch schon ganz ansehnlichen Preis, kaufen wir beim Betreten der von der übrigen Stadt abgetrennten Altstadt, welche gleichbedeutend mit dem erwähnten Weltkulturerbe ist, ein Eintrittsticket, das zum Besuch von fünf Sehenswürdigkeiten berechtigt. Dazu gehören u.a. eine alte japanische Brücke, diverse bunte Tempel und vor allem alte Wohnhäuser, die wunderbar wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt worden sind. Während der Besichtigung kann man sich auch von der enormen Tiefe der sehr schmalen Häuser überzeugen. Sie reichen in der Länge praktisch von einer Querstraße bis zur nächsten. So kann man z.B. von vorne durch ein solches Gebäude bis zum Hafen runterschauen.

 

Der hier vorbeifließende Thu Bon Fluss bietet mit seinen Verzweigungen und den darauf befindlichen ärmlichen Booten, dazu den immer quirligen, ständig umher wuselnden Menschen viel fürs Auge. Eine geschäftstüchtige Frau (ach was, hier sind doch alle geschäftstüchtig!) bietet sich an, uns auf die andere Flussseite zu rudern. Wir akzeptieren, müssen aber zuerst natürlich und später aufs Neue handeln. Für 66 Cent erreichen wir die andere Seite. Über eine nahe Brücke geht es anschließend zu Fuß wieder zurück.

Der gleich zur Linken liegende Markt ist eine gute Anlaufstelle für Erlebnishungrige, wie wir es sind. Vor allem die Handel treibenden Marktfrauen sind immer wieder echte Hingucker.

In der daneben befindlichen Vorschule öffnet man extra für mich die Pforte, damit ich in Ruhe ein Foto von den uniformierten Schulkindern machen kann.

Gestern habe ich von den vielen Bekleidungsläden mit dazugehörigen Schneidereien geschrieben. Heute landen wir in einer solchen. Einer, die mit viel Lob bedacht ist von früheren Reisenden, die ihre Statements auf großen Papiertafeln abgegeben haben. Der Deal ist bald perfekt. Ich lasse maßnehmen und gebe  ein mit Ornamenten verziertes blaues Seidenhemd für 9$ in Auftrag. Werner entscheidet sich für einen sehr schönen aber auch gewichtigen Kimono.

Ein paar Läden weiter bleiben wir an einer Bambusmanufaktur hängen. Hier werden Sprüche ins Holz geritzt, die Oberflächen anschließend lackiert, die Schriftzeichen unterschiedlich koloriert und das Ganze dann als Wandschmuck offeriert. In einem mühsamen, letztlich aber doch lustigen Verhandlungsgespräch betätigen wir uns auch hier als „Arbeitgeber“. Nämlich in Form von zwei Türschildern, die in chinesischen Schriftzeichen einmal die Vornamen Annette/ Werner und einmal den Hausnamen Scholtz eingeschnitzt bekommen sollen.

Auch unser wiederum äußerst leckeres Abendessen findet in der Altstadt statt. Auf einem kleinen Balkon oberhalb der Marktstraße können wir beim Schlemmen ungestört den Straßenhändlern, den Fahrrad- und Mopedfahrern sowie den vielen Touristen bei ihrem Treiben zuschauen.

 

Freitag,  29.11.     Hoi An – My Son – Hoi An

Und wieder ein Kulturtag. Was vollkommen positiv gemeint ist. My Son zählt genau wie die Altstadt von Hoi An zum Weltkulturerbe der UNESCO. Also schon Nummer drei in unserem Reisekatalog (nach der Halong Bucht).

Wir werden pünktlich um acht mit dem Bus vom Hotel abgeholt. Nach Einsammeln der restlichen Mitreisenden fahren wir etliche Kilometer, bis wir die bedeutsame Kulturstätte erreicht haben. My Son gehört zu den indisch beeinflussten kulturellen und religiösen Zentren Südostasiens, das sogar mit dem kambodschanischen Angkor Wat verglichen wird.

Schon im vierten Jahrhundert ist mit dessen Erbauung begonnen worden. Doch hat es leider diverse Katastrophen nur sehr unvollständig überstanden, wovon die schlimmste die der amerikanischen Bombardements während des Vietnamkrieges gewesen ist. Die Anlage ist landschaftlich sehr reizvoll in grünes Bergland eingebettet.

Wir folgen zunächst einem geführten Rundgang, um dann in aller Ruhe auf Entdeckungsreise für die schönsten Fotomotive von My Son zu gehen. Sehr zu unserer Freude lässt sich auch die Sonne mal wieder blicken.

Die Rückfahrt erfolgt in zwei Teilen; Teil 1 wie gehabt per Bus, Teil 2 per Boot mit Unterbrechung in einem Töpferdorf. Dort gibt’s Business as usual.

Abends holen wir nach einem völlig unerwarteten Wolkenguss die in der Altstadt in Auftrag gegebenen Sachen ab. Alles ist nach unserem Gusto! Die nötige  Anprobe für Werners Kimono in „unserer“ Schneiderei findet auch bei den anwesenden Kunden großen Anklang, da er in dem tiefblauen Satinmantel mit seinem langen weißen Bart wie Konfuzius höchstpersönlich aussieht.

 

 

Samstag, 30.11.

Das Stimmungsbarometer steigt ins Unermessliche. Mit zwei etwas abgehalfterten Mountainbikes radeln wir bei Sonnenschein vom Hotel zum nur fünf km entfernten Strand, der viel schöner als erwartet ist. Tatsächlich ein Traumstrand mit Palmen, vorgelagerten malerischen Inseln und etlichen künstlich installierten Schattenpalmen. Den einzigen Wermutstropfen in dieser Bilderbuchlandschaft bilden die unermüdlichen und unerwünschten „Serviceleistungen“, die über Obst-, Schmuck-, Zeitungs- oder Tigerbalmverkäufer an den westlichen Kunden gebracht werden sollen. Die überwiegend weiblichen Verkäuferinnen belagern einen mit einer solchen Penetranz, dass man seine gute Erziehung gerne mal vergessen möchte. Eine besondere Dienstleistung bieten einige zahnlose Mütterlein in Form von Massagen und Manikürarbeiten an, die immerhin einige Abnehmer finden. Uns hingegen interessiert vielmehr die wunderbare Landschaft und das Südchinesische Meer. Da mein Infekt dank der Antibiotika-Rosskur im Abklingen begriffen ist, wage auch ich mich in die warmen Fluten. Ca. 26 Grad dürfte das Wasser warm sein, und schön sauber ist es auch. Hier lassen wir’s uns gut gehen. Vor der starken Sonneneinstrahlung müssen wir uns allerdings in Acht nehmen. Doch vergebens: Am Abend leuchte ich trotz Sonnenschutz in bekannter Manier wie ein Feuermelder.
Ein junger Schweizer, der eben aus Nha Trang eingetroffen ist und erst mal am Strand relaxen möchte, erzählt einiges von den Reisezielen, die uns noch bevorstehen. So bekommt man immer neue, wertvolle Informationen.

Der Abend ist wieder dem wie immer aufregenden Altstadttreiben gewidmet.

 

 

Sonntag, 1.12.

Erster Dezember und erster Advent. So habe ich die Vorweihnachtszeit noch nie verbracht. Aber wann hat man auch schon mal ein Sabbat-Reisejahr?!

Entgegen unserer Planung sind wir heute nicht Richtung Süden unterwegs, sondern verbringen noch einen weiteren Tag in Hoi An.

Erstmal freuen wir uns über die für ein paar Dong frisch gewaschene Wäsche. Es sind wider Erwarten auch alle Teile vollzählig. Verlust habe ich nur bei meiner Safariweste, die sich durch eigene Schuld bedauerlicherweise mit der Tinte eines ausgelaufenen Stiftes vollgesogen hat. Da ist keine Rettung möglich.

Und nun auf zum Strand! Ein deutsches Paar aus Hannover hat uns den Tipp gegeben, mit dem Fahrrad einen Schleichweg zu nehmen, um zum noch schöneren Teil des Strandes zu gelangen. Und in der Tat sitzen wir hier einigermaßen geschützt vor den „Haien“, wie wir sie nennen, die aufdringlichen Strandverkäufer. Eigentlich will ich Weihnachtspost erledigen, aber schon kurz darauf erscheint das Hannoveraner Pärchen, mit dem wir die nächsten Stunden über Reiseplanung und Reiseerfahrung ins Gespräch vertieft sind. Man kann auf solchen Reisen gar nicht genügend Informationen sammeln.

Dann der endgültig letzte Altstadtbummel mit Verabschiedung von „unserer“ Schneiderin, mit dem letzten hervorragenden Essen in „unserem“ Lokal mit dem eingebauten „Spähposten“ und mit einem letzten Hallo dem ein oder andern bekannten Gesicht.

Die kleine Schneiderin hatte uns vorgestern einen Prospekt in die Hand gedrückt, auf dem etwas von einem Jazzkonzert im Victoria Hotel gestanden hat. Wir strampeln flott die fünf Kilometer zum Meer und fragen uns schließlich bis zum richtigen Hotel durch.

Fast allerdings wäre mir noch zuvor ein Motorraddepp ins Rad gefahren. Ohne mit der Wimper zu zucken oder gar zu blinken, bog er plötzlich völlig ungebremst von der Hauptstraße ab in eine Seitengasse und steuerte voll auf mich zu. Wenn ich nicht mit voller Kraft in die schlaffen Bremsen gegangen wäre, hätte es hier unweigerlich gekracht. Ungerührt fuhr der Typ weiter, ohne auch nur ansatzweise langsamer zu fahren oder gar sich nach mir umzusehen. Ich werde mich an diese Fahrweise nicht gewöhnen können!

Glückliche Ankunft also am Hotel Victoria, Wir schauen uns erst mal etwas verwundert um. So also kann es in einer „Sozialistischen Volksrepublik“ auch aussehen. Der pure Luxus schlägt uns hier entgegen. Wunderbar am Meer gelegen, mit Riesenpool und natürlich alles überaus großzügig oder eher großkotzig. Entsprechend sind die Getränkepreise. Für ein kleines Tiger zahlen wir 3$ pro Flasche.

Aber wir sind ja wegen der Musik hierhin gekommen und die entpuppt sich bald als Jazz der ganz feinen Sorte. Die sechsköpfige Gruppe nennt sich Mezcal Jazz Unit, eine französische Band, die auf Einladung der Französischen Botschaft und des „Centre de franςais de Danang » dieses Konzert gibt. Die Musik ist klasse, schade nur, dass sie so wenige Zuhörer verfolgen. Wir sind wohl die einzigen „Außerirdischen“ in diesem noblen Schuppen.

Ein kleines Ärgernis: Eine Gruppe englischer Prolls stört den Kunstgenuss zwischendurch leider immer wieder, indem sie irgendwelche Lieder zu grölen beginnt.

 

Montag,  2.12.      Hoi An – Nha Trang

Nach fast schlafloser Nacht stehen wir schon morgens um sechs bereit, eine größere Etappe Richtung Süden zu bewältigen. Mit einiger Verspätung erscheint ein komfortabler Ford-Minibus, von dem wir annehmen, dies sei nur der Zubringerbus. Aber gefehlt, der ziemlich neue Transporter mit insgesamt acht Insassen befördert uns die komplette 500 km lange Strecke nach Nha Trang. Und ich darf auch noch ganz vorne neben dem Fahrer sitzen.

Die Freude wird allerdings durch zwei Umstände massiv getrübt. Zum einen ist die Wegstrecke – obwohl Hauptverbindungsroute zwischen Hanoi und Saigon – eine absolute Zumutung; und zum anderen ist der Fahrstil unseres Chauffeurs genau wie der seiner Landsleute zum Haareausraufen! Dass wir heile nach 12 Stunden Fahrt in Nha Trang einlaufen, grenzt an ein Wunder. Unterwegs habe ich fünf Unfälle gezählt, von denen die meisten nicht eben harmlos aussahen. Die Gesamtzahl der jährlichen Verkehrstoten in Vietnam soll sich in schwindelerregenden Höhen bewegen. Ein Einheimischer sprach von 60 000 Toten jährlich!

 

In Nha Trang angekommen, werden wir gleich zur „unverbindlichen“ Besichtigung des Sinh-Hotels gebeten (schließlich sind wir mit Sinh Café Open Tour gereist). Das Zimmer ist tatsächlich o.k. für schlappe 6$, und als ich zögere, gehen die Ladys gleich auf 5$ runter. Aber wir wollen uns erst mal das nahe Thien Than Hotel ansehen, das uns die Hannoveraner empfohlen haben.

Neues Haus, alles bestens; nur einen Haken hat unser Zimmer: Es hat nur ein recht schmales Doppelbett. Als wir deswegen wieder ausziehen wollen, gibt’s für diese Nacht ein Zimmer gratis dazu. Morgen werde eins der wunderbaren Doppelzimmer mit zwei getrennten Betten frei. Wenn das kein Angebot ist!

 

Dienstag,  3.12.

Wieder ausgeschlafen, vom gestrigen Höllenritt einigermaßen erholt, geht’s heute nach alter Sitte zunächst auf Erkundungstour. Nichts böte sich da mehr an, als wieder zwei Fahrräder auszuleihen. Über deren Zustand schweigen wir lieber still.

Nha Trang hat über 200 000 Einwohner und ist der beliebteste Badeort Vietnams. In Reiseführern und im Internet kontrovers beschrieben; für die einen der blanke Horror, für die anderen ein idyllischer Badeort vor malerischer Inselkulisse. Die Wahrheit liegt wie meistens in der Mitte. Auf den Rummel waren wir eingestellt; aber was soll’s, wir haben nicht den Alleinanspruch auf unberührte Natur gepachtet. Neben der wirklich schönen Strandpromenade, sauberem Strand und Wasser und  Super-Ausblicken hat auch die Stadt selbst noch einiges zu bieten.

Vor allem die Cham-Türme, eine indisch inspirierte Tempelanlage aus dem 7. bis 12. Jahrhundert, sind da an erster Stelle zu nennen. Mit der Cham-Dynastie hatten wir ja schon in My Son unsere erste Begegnung. Insgesamt vier erhalten gebliebene Türme sind in der Anlage zu bewundern. Der Ort etwas oberhalb der Stadt strahlt viel Ruhe aus, und so lasse ich mich erst mal nieder, um mit der Erledigung meiner Weihnachtspost zu beginnen. Neugierige Zeitgenossen gesellen sich zwischenzeitlich zu mir, befingern meine Karten, untersuchen sie genauestens und sind offensichtlich mit dem Resultat meiner Schreibkünste zufrieden. Berührungsängste gibt’s da nicht.

Nächste Station unserer Rundfahrt ist eine riesige Buddhastatue, die hoch über der Stadt thront. Um hierhin zu gelangen, muss man sich aber erst durch eine Heerschar von jungen Postkartenverkäufern, Bettlern, Wächtern und so weiter arbeiten. Dennoch lohnt der Besuch.

Und auch der dritte Besuch ist klerikaler Natur. Diesmal allerdings eine katholische Kirche, die so auch in jeder deutschen Kleinstadt stehen könnte, mit Kreuzweg, Altar, Kniebänken und dergleichen mehr.

Dann  schnell eine Pizza reingeschoben, einmal ins warme Meerwasser gesprungen, die Bootstour für morgen gebucht. Und das war’s dann auch.

Fast. Denn noch müssen unsere hungrigen Mägen gefüllt werden, und wir vertrauen dem Tipp unseres netten Hotelbesitzers, der uns das Chieu d’Anh 2 in Flughafennähe empfohlen hat. Mit dem Fahrrad ist das kein Problem. Im zweiten Anlauf finden wir das Restaurant für Fischspezialitäten, das in seinem Festzeltcharakter aber irgendwie eigenartig auf uns wirkt. Wir sind fast die einzigen Gäste, und wie sich zeigt, auch fast die letzten. Dennoch ist unser Thunfischgericht ganz lecker und billig, wie überall. Nur das warme Tiger Bier braucht erst einen Eimer mit Eiswasser, um einigermaßen trinkbar zu werden.

Auf dem Rückweg zum Hotel treffen wir noch einen vom Bus her bekannten Schwaben, mit dem wir zum Tagesausklang über scheinbar verloren gegangene Ethik und Religion in Vietnam debattieren. Doch wie heißt es so schön: Erst kommt das Fressen und dann die Moral. Und so hält es unser Schwabe allem Anschein nach auch.

 

 

Mittwoch,  4.12.

Nach dem Frühstück geht’s mit „Mama Linh“ auf eine Bootstour zu vier dem Festland vorgelagerten Inseln. Das bunt zusammengewürfelte Grüppchen hat schnell zueinander gefunden, nicht zuletzt dank der Animationskünste unseres smarten Bootsführers. Erster Programmpunkt ist ein Schnorchelausflug vor der ersten der vier Inseln. Was wir unter Wasser zu sehen bekommen, ist nicht der ganz große Hit, aber für den Anfang doch schon ganz nett. Das Rote Meer oder das Südchinesische Meer vor Koh Samui sind da von anderem Kaliber.

Doch dann ist Entertainment angesagt. Die gesamte Bootsbesatzung erscheint plötzlich mit Gitarre, E-Gitarre, Schlagzeug und Micro und lässt es krachen. Fetzige Songs von Creedence Clearwater Revival, Chubby Checker usw. bringen das Schiff zum Kochen. Einfach köstlich, wie die Jungs sich mit einfachsten Mitteln ins Zeug legen. Und damit die überwiegend jungen Gäste noch mehr zueinander finden, werden dann auch noch Songs der verschiedenen Nationen mit stimmgewaltiger Unterstützung der Pasagiere gespielt. Besonders eine Gruppe koreanischer Gäste outet sich als ein Starensemble von lauter hochkarätigen Tenören. Werner und ich müssen mit „Marmor, Stein und Eisen bricht“ dran glauben.

Aber dann scheinen alle Dämme zu brechen. Happy Hour wird ausgerufen, d.h. per Rettungsring wird eine „Floating Bar“ mit irgendeinem süßen portweinähnlichen Gesöff ins Wasser gelassen, und die Passagiere dürfen sich erst in die Fluten und dann auf die Getränke stürzen. Und das bei stark einsetzendem Regen. Die Szenerie ist grotesk und mir ein bisschen zu ballermannmäßig, so dass ich mich an dem feuchtfröhlichen Massenbesäufnis nicht beteilige. Netterweise bringt unser Bootsführer mir, während ich in meinen Roman vertieft bin, unaufgefordert auch eine eigene Flasche vorbei. Dazu sage ich nicht nein.

Unser Reise Know-How schreibt dazu: „Bei Mama Hanh wird auf den Boattrips gekifft, auf Mama Linhs Touren wird dafür gesoffen.“

Nächster Programmpunkt ist eine Insel, auf der allerlei sportive Aktivitäten angeboten werden. U.a. ein Parasailing-Höhenflug, der Werner und mich für 10$ beinahe schwach gemacht hätte. Jedoch ziehen wir dann doch eine kostenlose Sportart vor, nämlich Beach-Volleyball. Im Nu hat sich eine ganz internationale Truppe zusammengefunden, die sich etliche heiße Matche liefert.

Zum Regenerieren hat die Bootsbesatzung zwischenzeitlich ein schönes Früchtemenü aufgebaut, das Vitamine satt liefert. Uns interessiert dabei vor allem die seltene Drachenfrucht, die ungewöhnlich aussieht, gut schmeckt und laut Führer nur in dieser Region angebaut wird.

Gegen vier Uhr Nachmittag laufen wir wieder in Nha Trang ein. Da es nur noch weniger als drei Wochen bis Weihnachten sind, ist als nächstes die Erledigung der Weihnachtspost Pflicht. Wir schreiben, bis der Griffel qualmt und belohnen uns anschließend mit einem etwas zu scharfen Wildschweingericht, wobei mir das Wilde etwas verborgen bleibt.

 

 

Donnerstag,  5.12.     Nha Trang – Da Lat

Mit Sinh Café Open Tour setzt sich unsere Fahrt recht touristisch fort. Es geht nach Da Lat im Zentralen Bergland, immerhin 1 400 m hoch. Offensichtlich hat uns der Regen aus dem Norden eingeholt, so dass die Regenjacke aus meinem großen Rucksack wieder herausgekramt werden muss.

Zwei Zwischenstops werden eingelegt mit Besichtigung einer weiteren Cham-Tempelanlage sowie an einem Pass im Gebirge, von dem aus man einen herrlichen Rundblick auf die Tiefebene hat.

Um halb drei laufen wir in Da Lat ein, in angeblich einer der schönsten Städte Vietnams mit etwa 200 000 Einwohnern. Das Besondere aber ist in erster Linie das sehr gemäßigte Klima mit einer Art immerwährendem Frühling. Die Temperaturen klettern selten über 25 Grad. Und das begünstigt vor allem die Landwirtschaft, wie wir uns während der Fahrt immer wieder überzeugen konnten. Darüber hinaus ist Da Lat immer schon beliebt gewesen als Sommerfrische, auch hatte der letzte vietnamesische Kaiser hier seine Sommerresidenz. Beliebt ist außerdem die hiesige Uni, die einzige Uni Vietnams, in der man zumindest nicht aus klimatischen Gründen ins Schwitzen kommt.

Nahe dem Stadtzentrum ist schnell ein günstiges Hotel gefunden. Die Preise scheinen wegen der Konkurrenzsituation im freien Fall. Das Than Binh kostet uns so auch nur 6$ für ein großes sauberes Zimmer mit drei Betten, schöner Aussicht, Bad und sogar TV.

Dann folgt der obligate Stadtrundgang, unten am Xuan Huong See vorbei, dazu ein Ausblick auf einen veritablen Eiffelturm! Die besondere Bindung an Frankreich hat die Stadtoberen veranlasst, hier eine etwas kleinere Nachbildung zu errichten. Und bei Abendlicht sieht die angestrahlte Kopie dem Original schon ganz schön ähnlich.

In der Stadt herrscht ein äußerst geschäftiges Treiben. Vor allem der Straßenmarkt und die zweistöckige Markthalle bieten ein Fest für die Augen. Lustig finden wir die Tatsache, dass die Einheimischen im Gegensatz zu den leichtgekleideten Touristen oft schwer vermummt mit Daunenjacken und Wollmützen durch die Gegend laufen. Nun ja, es ist bald Winter...

Weniger lustig finden wir die überhand nehmende Anmache und Bettelei. Beim
Abend­essen in einem Travellerlokal sind einmal fünf aufdringliche Straßenverkäufer gleichzeitig um uns herum.

Da heute mein Namenstag ist, habe ich eine Flasche Da Lat Wein besorgt. Nach dem Abendessen verkonsumieren wir das mitteledle Getränk zu Zweit in unserem Hotelzimmer.

 

 

Freitag,  6.12.

Die Sonne lacht vom klaren blauen Himmel, so dass unserer geplanten Mopedtour in und um Da Lat  nichts im Wege steht. Phuog und Hong sind die beiden Chauffeure, die sich uns gestern mit besonders euphorischen Empfehlungsschreiben von Reisenden aus aller Herren Länder förmlich aufgedrängt haben. Da sind wir sogar bereit, 10$ statt den üblichen 8 zu zahlen. Erfreulicherweise kann ich mit meinem Fahrer Hong Französisch sprechen, das übliche Englisch, auch das von Phuog, ist kaum zu verstehen. Folgende Stationen werden zwischen 8.30 und 16.30 Uhr angefahren:

 

1. Crazy House (Note 1)

2. Obst-, Gemüse- und Blumenplantagen (Note 4)

3. Buddhistisches Meditationskloster mit Paradies-See (Note 1)

4. Chicken Village, ein Dorf mit ethnischen Minderheiten (Koho) (Note 3)

5. Seidenraupenzucht (Note 3)

6. Pilzzucht mit Kaffeeplantagen (Note 2)

7. Lien-Khuong-Wasserfall (Note 2)

8. Park mit Kaskaden (Note 2)

9.Französisches Viertel (Note 3)

10. Bahnhof mit Crémaillière-Zahnradbahn (Note 3)

Alles ausführlich zu beschreiben, würde sicher den Rahmen meines Berichtes sprengen und auf die Dauer auch langweilig werden.

Erwähnen möchte ich aber vor allem das Crazy House, das wirklich verrückt ist. Es wurde von einer lange Zeit verpönten vietnamesischen Künstlerin ein wenig im Hundertwasserstil erbaut und sieht aus wie ein aberwitziges Baumhaus. Es ist komplett eingerichtet und einzelne Zimmer werden offensichtlich auch an zahlungskräftige Touristen vermietet.

Wunderbar auch die Landschaft, die Da Lat umgibt. Der von uns besuchte Paradiessee könnte irgendwo im Westen Kanadas liegen. Endlose Weiten, Wälder soweit das Auge reicht und (fast) keine Menschen.

Ziemlich durchgepustet und von der Sonne dunkelrot gefärbt (ich, wie üblich), kommen wir wohlbehalten (dank der vorsichtigen Fahrer) und voller Eindrücke am späten Nachmittag wieder am Than Bhin Hotel an. Nach herzlicher Verabschiedung von unseren wirklich bemühten Fahrern und schriftlicher Lobrede in deren Vorzeigebüchlein stürzen wir uns noch einmal ins städtische Gewühl.

Das Marktgeschehen ist enorm. Sicher eine Folge der großen Fruchtbarkeit und großen Ernteerträge der Region. Da Lat wird auch der Garten von Vietnam genannt, es blüht und gedeiht, soweit das Auge reicht.

 

Samstag,  7.12.    Da Lat – Cat Tien N.P.

Wir verlassen Da Lat und das angenehme Hochlandklima. Mit Sinh Café haben wir vereinbart, dass wir ziemlich genau auf der Mitte der Strecke nach Saigon (knapp 300 km) aus dem Bus gelassen werden, um von da aus eine Transportmöglichkeit in den Cat Tien Nationalpark zu finden. In besagtem Park soll sich seit vorgestern ein bekannter Tierfilmer zu einem dreimonatigen Aufenthalt befinden. Ernst Sasse heißt er und ist ein ehemaliger Klassenkamerad von Freund Kalli. Kalli hatte uns vor der Reise den Tipp gegeben, ihn doch einmal dort aufzusuchen. Der Erfolg unseres Unternehmens ist sehr ungewiss, denn erstmals weichen wir von allen (organisierten) Touristenrouten ab und begeben uns auf mehr oder weniger unbekanntes Terrain. Karte und Reiseführer geben sehr unklare Infos zur Durchführbarkeit unseres Unternehmens. Lassen wir uns überraschen.

Zuerst mal stimmt der verabredete Ort nicht, an dem wir aus dem Bus gelassen werden sollen. Und dann geht es darum, irgend jemandem klar zu machen was wir wollen. Es findet sich weit und breit niemand, der Englisch spricht. Vor einer Kneipe steht ein Jeep. Versuche ich es da mal. Lauter Militärs, die mir zwar alles Mögliche erklären wollen und mir zudem noch ein Bier aufdrängen, doch weiter bringt mich das nicht. Dann lasse ich mich von der Post, unserem Zwischenstandort, mit einem der allgegenwärtigen Mopeds zur örtlichen Polizei kutschieren. Alle Leute dort finden meinen Besuch hochinteressant, doch Englisch? Wieder Fehlanzeige. Immerhin kann ich dem Wachhabenden anhand meiner Karte deutlich machen, was ich will. Und plötzlich wird mir ein Telefonhörer in die Hand gedrückt, und am anderen Ende ist jemand, der einigermaßen Englisch spricht. Der sagt, dass das, war wir vorhätten, durchführbar sei, und dass wir uns drei Mopeds mieten (eins fürs Gepäck), aber keinesfalls mehr als 2$ pro Moped zahlen sollten.

Also, auf geht’s zum Cat Tien N.P., der letztlich viel einfacher zu erreichen ist, als es anfangs den Anschein hatte. Ca. 30 km auf guter Straße, dann schnell in einem Parkbüro registrieren, mit einer bereitstehenden Fähre über einen Fluss setzen lassen, und schon befinden wir uns mitten im Park.

Ein einfaches Zimmer (5,5$) innerhalb des „Headquarters“ findet sich auch, und das Beste kommt noch, nämlich dass wir auf einer Tafel gleich für zwei Ausflüge in den Regenwald eingetragen werden. Einer ist heute Abend und einer morgen tagsüber. So reibungslos hatten wir uns das alles nicht vorgestellt, zudem ganz individuell, also kein Massenbetrieb, und preiswert! Zur Begegnung mit Herrn Sasse, dem Tierfilmer, kommt es leider nicht, da dieser offenbar zur Zeit sich nicht im Park befindet. Vor einiger Zeit sei aber ein deutsches Filmteam hier gewesen. Da werde ich zu Hause weiter forschen müssen.

Unser erster Programmpunkt findet im Dunkeln statt, bei Neumond und unter sternenklarem Himmel. Auf der offenen Sitzfläche eines Allrad-Toyotas werden Werner und ich zusammen mit acht anderen Teilnehmern auf einem gut befahrbaren Weg eine Dreiviertelstunde lang durchs Parkgelände gefahren. Mit einem Superscheinwerfer wird dabei der Dschungel links und rechts der Straße abgeleuchtet, und immer wieder wird abrupt gestoppt, um unversehens in die funkelnden Augen einer Rehkuh oder eines Affen mitten im Geäst zu schauen. Höhepunkt aber ist sicher der seltene Auftritt eines Leoparden (wenn’s denn einer ist) und einer hochgiftigen, kleinen grünen Viper, die unseren  Weg kreuzt.

 

 

Sonntag,  8.12.

Schon um halb sieben ist Start zu unserer heutigen Unternehmung. Zu Sechst + Führer + Fahrer fahren wir erst eine Zeit lang auf ziemlich matschigem Fahrweg durch den Regenwald, bis an einem Abzweig von vier Rädern auf unsere Gehwerkzeuge umgestiegen wird. Fünf Kilometer durch dichten Dschungel – was für ein Erlebnis! Vor allem die über siebenhundert Jahre alten und über 50 Meter hohen Baumriesen mit ihren gigantischen Luftwurzeln sind überaus beeindruckend. Und dann noch mal eine grüne Viper, die eigentlich gar nicht so furchteinflößend aussieht.

Ankunft am Crocodile Lake, wo viele fleißige Helfer damit beschäftigt sind, eine bescheidene Unterkunft für künftige (Öko-)Touris zu bauen. Wir als einzige Nichtasiaten sind natürlich auch hier im Brennpunkt des Interesses. Kleine Konversationsversuche werden gemacht, und wir wundern uns, mit welcher Mühsal und unter welch primitiven Bedingungen hier gebaut wird.

Die nächste Stunde verbringen wir dann auf dem See, und zwar in einem kleinen Holzboot, kreuz und quer über das ruhige Gewässer paddelnd. Krokodile bekommen wir nicht zu sehen, soll es aber zahlreich geben, wie uns versichert wird.

Nach langer Mittagspause bei über 30 Grad, in der wir die herrliche Ruhe und die gute Luft genießen, marschieren wir die 5 km wieder zurück. Kurz vor dem Ziel ergießt sich dann ein urplötzlicher Tropenschauer über uns, der aber mehr der allgemeinen Belustigung dient und schnell vergessen ist.

 

Montag,  9.12.

Alles verläuft wie nach Fahrplan. Früher als vermutet, sind wir in Than Puh, wo wir unseren Bus nach Saigon erwarten. Schnell sind wir wieder im Mittelpunkt des Geschehens, da sich wohl selten ein europäischer Traveller hier sehen lässt. Vor allem Werner mit seinem allseits geschätzten und betouchten „Uncle Ho“-Bart zieht die Leute an. Mit ein paar Brocken Englisch kann man da problemlos ein wenig Konversation treiben.

Gegen halb eins erscheint der Open Tour Bus von Sinh Café, der uns dann in flotter Fahrt nach Saigon bringt. Wiedersehen mit ein paar Backpackern, die man halt immer wieder mal trifft. Nur keiner von denen war auch im Cat Tien Park. Darauf können wir uns direkt was einbilden.

 

Hotelsuche in Saigon, null problemo. Alles konzentriert sich auf ein überschaubares Gebiet. Da kann man auch schon mal mit 30 kg Gepäck ein paar Meter laufen. Für 10$ einschl. Aircondition landen wir im sauberen und vor allem ruhigen Phong-Hotel. Das ist o.k.

Nachdem wir den perfekten Wahnsinn in Hanoi ja schon kennengelernt haben, kann uns nun so schnell nichts mehr schocken. Wir sind also vorbereitet. Und zunächst läuft’s piano. Ein Bummel durch das mondäne Saigon, ganz entspannt an schönen Geschäften vorbei, geblendet von den noblen Hotels und den protzigen Hochhäusern.

Dann aber landen wir unvermutet vor der Oper und können den Plakaten entnehmen, dass es heute, und nur heute eine Vorstellung gibt. Es ist schon halb acht, und um acht soll’s losgehen. Klar möchten wir gerne mal eine Opernvorstellung oder etwas ähnlich Anspruchsvolles auf unserer Tour erleben. Also ist die Entscheidung schnell gefällt. Ich schiebe mir in der Kürze der Zeit noch – ich muss es gestehen – einen Chickenburger rein, bekomme dann sogar noch verbilligte – weil schwarz vor der Oper verkaufte – Eintrittskarten, und los geht das Vergnügen.

Das Operngebäude entstammt zweifellos der französischen Kolonialzeit. Viel Stuck, viele Säulen und erstaunlich hohe Sitz-Rückenlehnen, wo doch die Vietnamesen so klein sind. Wir können gut sehen und hören, wundern uns aber, dass der Saal nur halb gefüllt ist. Dafür ist das vietnamesische Fernsehen mit von der Partie.

Den Anfang der Vorstellung bestreiten ein Pianist und ein Violinist mit Werken von César Franck. Dann wird’s pompös mit großem Orchester. Gespielt wird eine chinesische Komposition, die nach unserem Verständnis gelegentlich Popelemente aufweist. Sehr unterhaltsam. Genauso wie der zweite Teil, in dem die Musik vom Band kommt, da Ballett angesagt ist. Sogar der gute alte Johann Strauss dient als musikalischer Hintergrund. Es gefällt uns außerordentlich gut. In der Pause begrüßen wir noch ein paar bekannte Gesichter von vorherigen Reisestationen, z.T. in edler Robe, während wir ja quasi direkt aus dem Dschungel den Weg in die Oper von Saigon
genommen haben!

 

 

Dienstag,  10.12.

Werner und ich sind ja immer gut zu Fuß, also geht’s auch zum heutigen Museumsbesuch per Pedes. So ganz viele Sehenswürdigkeiten hat Saigon wohl nicht aufzuweisen, aber das „Museum der Kriegsverbrechen“ gehört sicher dazu. Leider haben wir nur noch eine knappe Dreiviertelstunde bis zur Mittagspause, aber eigentlich reicht uns das auch. Das Gezeigte schlägt mir zumindest schwer auf den Magen. Einiges ist starker Tobak. so z.B. die in Spiritus haltbar gemachten schlimm verkrüppelten Föten, deren Deformierungen durch das furchtbare Agent Orange-Entlaubungsmittel hervorgerufen worden sind. Auch die vielen Fotografien mit grausigen Kriegsszenen sind nicht so leicht zu verkraften.

 

Gegen Mittag machen wir uns wieder auf den Weg und landen bei der Kathedrale Notre-Dame, die allerdings nur den Namen mit der berühmten Pariser Kirche gemein hat. Immerhin ist das Gebäude von außen wie von innen recht sehenswert, genauso wie das danebenliegende pompöse Postamt.

Und dann sind es nur noch ein paar Schritte bis zum gigantischen Diamond Plaza-Hochhaus, in dem es ganz oben eine Etage mit Fitnesscenter, Bowlingbahnen und Restaurant gibt. Wir sind die einzigen Kunden auf der Restaurantterrasse und genießen von dort in aller Ruhe den wunderbaren Blick über die Riesenstadt Saigon, die schon über fünf Millionen Einwohner hat (manche sprechen von bis zu acht!).

 

Etwas unschlüssig über den weiteren Tagesablauf, lassen wir uns von zwei Motorradfahrern anheuern, die uns nach Chinatown bringen wollen. Das liegt im fünften Bezirk, also relativ weit draußen. Wir sind hier im ersten. Endlich angekommen, stürzen wir uns dort gleich ins Gewühl. Und wir sind immer wieder völlig geplättet. Wir dachten, Hanoi sei verkehrsmäßig nicht zu toppen, aber das jetzt Gebotene ist mit Worten einfach nicht zu beschreiben. Das sind die Momente, in denen ich mir meine Videokamera herbeiwünsche.

Aber natürlich ist auch das Chinesenviertel selbst sehr sehenswert. Vor allem der Handwerkerbereich lädt aufs Neue zu längerem Verweilen ein.

Dann müssen wir uns wieder hotelwärts orientieren und haben schnell zwei Mopedfahrer gefunden, die nach einigem Handeln mit dem von uns festgelegten Preis von 0,66 Cent einverstanden sind. Wenn ich jedoch gewusst hätte, worauf ich im Speziellen mich eingelassen habe, wäre ich die ganze Strecke wahrscheinlich lieber zu Fuß gegangen. In absolut selbstmörderischer Kamikazemanier prescht der junge Mann mit mir und seinem Moped durch das grauenhafte Verkehrsgewühl, dass mir der Angstschweiß mehr als einmal ausbricht. Ohne Rücksicht auf Verluste steuert er rücksichtslos mit Vollgas jedes erdenkliche Hindernis an.

Wider Erwarten überstehen wir diese Tour unbeschadet, aber es grenzt an ein Wunder. Ich habe die Nase von Motorradtaxen gestrichen voll!

Abends wird’s wieder ruhiger. Der Besuch eines deutschen Lokals mit Bratwurst und Schnitzel erweist sich zwar als Flop (eine deutsche Reisegruppe lässt uns flüchten), doch das indische Restaurant in der Nähe bietet als Alternative ein billiges, dafür scharfes Menü für 1,3$.

In einem der zahlreichen CD-Shops entdecke ich zum Schluss noch Mengen ganz aktueller Software für 1,5$ das Stück. Alles natürlich illegal, aber wer kann bei dem Preis schon widerstehen?!

 

Mittwoch,  11.12.     Saigon  - Cu Chi - Saigon

Der dritte und letzte Tag in Saigon oder auch Ho Chi Minh City, wie es seit 1975 die offizielle Sprachregelung vorschreibt, und das 1 700 km von Onkel Ho’s Wirkungsstätte Hanoi entfernt.

Wir haben bei Brothers eine Halbtagestour nach Cu Chi gebucht (4$ + 4,5$ Eintritt), zu dem bekannten von den Vietcong angelegten Höhlensystem.

Eineinhalb Stunden braucht das vollbesetzte und überklimatisierte Büschen. Der vietnamesische Führer spricht gut verständliches Englisch und erklärt alles recht anschaulich.

Nach Vorführung eines mehr als dilettantischen Propagandafilms zur Geschichte des Tunnelsystems werden wir dann herumgeführt und dürfen sogar durch einzelne Tunnelabschnitte kriechen. Dass unsere Körpermaße dafür alles andere als geeignet sind, liegt auf der Hand. Beeindruckend finde ich noch den Erfindungsreichtum der Vietcong bezüglich aller möglicher Mechanismen, um den Feind in unsichtbare Fallen zu locken und ihn auf verschiedenste Weise aufzuspießen, mit Nägeln zu durchbohren oder gar zu entmannen.

Kurz nach eins sind wir wieder in der Metropole und buchen bei Sinh Café für morgen eine 3-tägige Mekongdeltatour mit anschließender Weiterfahrt nach Kambodscha (33$). Unser Visum läuft in 4 Tagen aus, so dass vom Timing her alles bestens passt.

 

Donnerstag, 12.12.     Saigon – Can Tho

Während ich vor zwei Monaten mich noch in einem Land mit absoluter Wasserarmut befunden habe (Namibia), ist hier in Vietnam Wasser das eindeutig beherrschende Element. Schon während der vergangenen Wochen konnten wir uns allerorten von dem gigantischen Wasservorkommen überzeugen, ein Segen für die Landwirtschaft gerade beim Reisanbau, ein Fluch, was die immer wieder auftretenden Überflutungen mit z.T. verheerenden Flutkatastrophen betrifft.

 

Unsere heutige Tour führt ins Mekong-Delta, eine, wie man sich denken kann, überaus feuchte Angelegenheit. Auf über 20 000 km2 erstreckt sich die gigantische Wasserfläche allein hier im südlichen Vietnam.

Mit dem reichlich vollen Sinh-Bus geht’s pünktlich in der Frühe los in Richtung Südwesten. Aber schon bald wechseln wir das Transportmittel. Denn wir wollen ja die unendlichen Verzweigungen des Mekong kennenlernen. Und so setzen wir die Fahrt auf einem einfachen Holzboot mit Außenborder fort. Unendlich viel gibt es links und rechts des Wasserweges zu entdecken und zu bewundern. Heute scheint Waschtag zu sein. Überall wird geschrubbt, gespült, Haare gewaschen oder man springt einfach in die wenig einladenden Fluten. Ein kontinuierliches „Hello“ begleitet unsere Tour. Wer sind nun die Affen im Käfig: wir als gierige Gaffer, geil auf jedes sich bietende Motiv, oder die vielen Schaulustigen am Wegesrand, für die wir sicher auch eine Attraktion darstellen? Na, auf jeden Fall haben alle ihren Spaß, und das über eine ziemlich lange Zeitspanne hinweg. Zwischenzeitlich sind wir auf zwei größere und bequemere Schiffe umgestiegen.

Und dann gibt’s da auch noch einen Abstecher in ein mosquitoumschwärmtes Sumpfgebiet, in dem die Vietcong den Amis richtig eingeheizt haben. Ein dunkles Kapitel, das hier gerne ausgeschlachtet wird.

Das Wetter war bis hierhin noch recht gut, doch dann scheint oben jemand die Schleusen geöffnet zu haben, denn es gießt plötzlich völlig überraschend Bindfäden. Zum Glück verfügen die Schiffe über dichte Planen.

Schon im Dunkeln erreichen wir unser Tagesziel, Can Tho, mit 200 000 Einwohnern größte Stadt der Region. Das (im Gesamtpreis inbegriffene) Hotel ist nicht gerade der Renner; es rangiert auf unserer bisherigen Hotelskala ganz am Ende. Aber es ist ja nur für eine Nacht, und Aircondition gibt’s auch. Ein abschließendes Abendessen im lebhaften Uferpromenadenviertel setzt den Schlusspunkt.

Das viel zu viele Gepäck, das ich mit mir herumschleppe, hat leider zu einer kleinen Zerrung in meinem verlängerten Rücken geführt. Mal sehen, ob das Wundermittel Tigerbalm da auch hilft.

 

 

Freitag,  13.12.     Can Tho – Chau Doc

Was kann man von einem Freitag, dem 13. schon erwarten!? In Vietnam eine ganze Menge, wie der Tagesverlauf zeigt.

Bootsfahrt zum „Floating Market“ von Can Tho, leider ohne Sonnenschein; dafür aber mit viel Leben auf dem Wasser. An den hohen, mit Früchten aller Art gespickten Bambusstangen kann man erkennen, was der jeweilige Händler anzubieten hat. Eine Hochzeit findet auch noch so nebenbei innerhalb des ganzen Wasserspektakels statt.

Weiterfahrt zu einer Reispapiermanufaktur und einer Reismühle. Später können wir an anderer Stelle auch noch bei der Herstellung von Duftstäbchen zusehen. Die Sonne hat sich inzwischen wieder zurückgemeldet. Dennoch bleiben grün und braun die bestimmenden Farben. Grün für die üppige Tropenvegetation und braun für die wenig appetitliche Brühe, die den Einheimischen sogar als Trinkwasser dient.

Für diejenigen, die Kambodscha als Reiseziel gewählt haben, geht die Fahrt dann mit einem Extrabus über mehrere Stunden weiter bis nach Chau Doc, kurz vor der kambodschanischen Grenze. 

Bevor wir dort unser heutiges Hotel beziehen, gibt es noch einen einstündigen Stopp unterhalb eines hohen Berges. Diesen zu erklimmen gilt es bei unsäglichen Temperaturen. Nur etwas für Unerschrockene. Werner und ich gehören natürlich dazu.
Es handelt sich um den heiligen Berg Sam, der über zahllose Stufen zu besteigen ist. Natürlich lohnt der Aufstieg die Anstrengung, denn von dort oben hat man einen fantastischen Rundblick über etliche Kilometer, vor allem Wasserflächen ohne Ende. Dazu gibt’s gratis noch einen famosen Sonnenuntergang.

Das heutige Hotel ist akzeptabel. Dann nur noch schnell geduscht (das war auch
nötig) und geschwind ab zum Dinner in ein einfaches aber gutes Restaurant. Ich entscheide mich zur Abwechslung mal für Aal im Tontopf. Mhm, lecker, lecker!

Mit uns sind wie schon gestern drei nette Französinnen, alle leicht jenseits der Blüte ihrer Jahre, aber allesamt eine angenehme Begleitung. Leider spricht Werner kein Wort Französisch, aber das ist eher nebensächlich.

Die Krönung und den Abschluss unseres Restaurantbesuches bildet der völlig unerwartete, heftige Massageangriff, dessen wir auf einmal zuteil werden. Unaufgefordert hatten sich Angestellte aus dem Restaurant hinter einigen Gästen platziert, um mit einem gewaltigen Massage-Trommelfeuer über selbige herzufallen. Werner und mir gefällt die Blitzattacke gut, und wir lassen uns ausgiebig durchkneten. Ein Extra-Trinkgeld am Schluss ist natürlich Ehrensache.

 

 

Geografische Eckdaten zu Kambodscha:

Fläche:    181 035 km2   (Deutschland:  356 970 km2)

Einwohnerzahl:   11,9 Mio.  (Deutschland: 82 Mio.)

Hauptstadt:   Phnom Penh  (370 000 EW)

Bevölkerung:   90% Khmer, 5% Vietnamesen, 1% Chinesen, 4% Andere

Sprachen:   Khmer (Amtssprache), Französisch, Vietnamesisch, Englisch

Religion:   95% Buddhisten

Klima:   Das Klima Kambodschas ist tropisch-monsunal.

Lage:   Südostasien

Benachbarte Gebiete:   Kambodscha grenzt im Nordosten an Laos, im Osten und Südosten an Vietnam, im Südwesten an den Golf von Thailand und im Westen und Nordwesten an Thailand.

 

 

Samstag,  14.12.     Chau Doc – Phnom Penh (Kambodscha)

Goodbye Vietnam, hello Cambodia! Noch einmal Sightseeing auf dem Mekong in Form von „Floating Houses“ und Besichtigung einer der seltenen Moscheen in Vietnam.

Dann aber nähern wir uns in flotter Bootsfahrt  dem Königreich Kambodscha. Die Grenzformalitäten einschl. Visum für 22$ sind erfreulich schnell abgewickelt. Wir müssen noch das Boot wechseln, und schon befinden wir uns im Reich der Khmer. Vom Boot werden wir einige Zeit später leider in einen zu engen Bus gepresst, und es dauert noch bis kurz vor sechs, bevor wir das Lichtermeer der Hauptstadt Phnom Penh erreicht haben.

Unterwegs haben wir die ersten Eindrücke von Land und Leuten sammeln können. Schon in der Physiognomie unterscheiden sich die Khmer recht deutlich von den Vietnamesen. Weniger ostasiatisch, eher schon mit leicht indischem Einschlag und viele von mittel-, bis dunkelbrauner Hautfarbe.

 

Wir passieren mehrere gewaltige Tempelanlagen, die die roten Khmer in ihrem fürchterlichen Vernichtungswahn offenbar unversehrt gelassen haben. Noch nicht einmal 30 Jahre ist es her (1975), dass Phnom Penh eine absolut gespenstische Geisterstadt gewesen ist. Der totale Exodus. Alle Bewohner wurden aufs Land vertrieben oder umgebracht. Vor allem sog. Intellektuelle, Leute die vielleicht gerade mal eine Fremdsprache sprachen oder nur eine Brille trugen, wurden gnadenlos exekutiert. Die „Killing Fields“ etwas außerhalb von Phnom Penh legen Zeugnis davon ab.

 

Nach unserer Ankunft im Hauptgeschäftsviertel der auf den ersten Blick wohlhabend erscheinenden Metropole, versuchen alle Traveller aus dem Bus so schnell wie möglich eine geeignete Unterkunft zu finden. Wir vertrauen auf Erich, einen Schweizer Reiseorganisator, mit dem ich mich während der Bootsfahrt lange unterhalten habe. Zielstrebig ordert er drei Mopeds,  handelt in kambodschanischer Sprache einen guten Fahrpreis aus, und schon ein paar Minuten später stehen wir vorm Dara Reang Sey Hotel. Ein Sonderpreis ist auch schnell erzielt. Mit 10$ sind wir dabei für ein großes, sauberes Zimmer mit allem Schnickschnack. Nur Aircondition fehlt (leider). Aber dafür entdecken wir im Zimmerfernsehen beim Durchzappen die Deutsche Welle, die uns mit deutschen Nachrichten und Bundesliga versorgt.

Mit leeren Mägen machen wir uns am Abend noch einmal auf. Entlang dem Tonle Sap-Fluss, einem Mekong-Nebenfluss, befindet sich eine Restaurant- und Kneipenmeile par excellence. Menschenmengen auf der Flusspromenade, von denen aber beileibe nicht alle nur die gastronomischen Gegebenheiten und das laue Lüftchen genießen. Nein, man sieht auch viele augenscheinlich bedauernswerte Existenzen, in Tücher gehüllt auf dem Pflaster liegend oder mit irgendwelchen Krücken und Prothesen durch die Gegend humpelnd, z.T. auch bettelnd. Viele von ihnen sicher Opfer des unseligen Krieges.

Wir finden etwas abseits ein relativ preiswertes, gemütliches Restaurant, ein Non-

Profit-Unternehmen, dessen Überschüsse an ein Straßenkinderprojekt geht. Die Kinder helfen selbst als Bedienung mit. Eine prima Sache, wie wir finden.

Ich habe erstmals wieder Handy-Empfang (E-Plus), nutze aber lieber das Internet, das hier ähnlich billig ist wie in Vietnam, dafür aber deutlich schneller.

 

Sonntag,  15.12.

Märkte ziehen uns immer besonders an, und so statten wir heute dem Central Market einen Besuch ab. Hier gibt es alles, was das Herz begehrt. Auch erstaunlich viele Gold- und Silberwaren. Wir schauen nur und genießen, ohne zu kaufen. Schließlich ist unser Gepäck schon mehr als reichlich.

Zweiter Besichtigungspunkt ist das Nationalmuseum, das für 3$ Eintritt und 1$ Fotoerlaubnis nicht viel Spektakuläres zu bieten hat. Dennoch ist der Rundgang ganz interessant.

Viel pompöser wird es anschließend im gleich nebenan liegenden Königspalast. Da reiht sich ein goldglänzendes Gebäude an das nächste, wobei der eigentliche Palast gar nicht besichtigt werden darf. Er ist zugleich Wohn- und Amtssitz von König Sihanouk. Menschenmengen schieben sich durch die diversen Gebäude, Gärten und Anlagen, was wahrscheinlich daran liegt, dass heute Sonntag und wunderbar sonniges Wetter ist. Wir werden immer wieder mal angesprochen. Es geht wohl vor allem darum, ein bisschen Englisch zu reden, da laut Reise Know-How für viele das Beherrschen der englischen Sprache als Garant für Wohlstand und ein besseres Leben angesehen wird. Unter den Gesprächspartnern sind auch in fotogenes Orange gehüllte junge Mönche, die keine Scheu haben, sich ablichten zu lassen.

Am Spätnachmittag rufe ich vom Hotel aus Erich, den Schweizer von der gestrigen Fahrt, an und verabrede ein abendliches Treffen. Er lebt seit Jahren in Phnom Penh und hat in der Nähe unseres Hotels eine eigene Wohnung.

Erich wartet schon vorm Dara Reang Sey, als wir eigentlich noch auf Restaurantsuche sind. Statt zu irgendeinem Touri-Restaurants zu gehen, hat Erich einen viel besseren Vorschlag. Er lädt uns zu einer Bootsfahrt auf dem Tonle Sap/Mekong ein, um dann außerhalb von Phnom Penh gemeinsam mit uns in einem rein kambodschanischen Lokal essen zu gehen. Wir sind sofort einverstanden. So kommen wir zunächst mal zu einer stimmungsvollen Schifffahrt zu später Stunde. Ein ganzes Touristenboot nur für uns Drei. Dann erreichen wir das Restaurant, das viel feiner ist, als zuvor angenommen. Direkt am Fluss, edles Ambiente, Live-Musik und eine Art Fondueessen mit allem Drum und Dran. Wir unterhalten uns bestens. Erich erzählt viel von seinem alternativen Leben in der Schweiz mit 6 Kindern, dann seiner „Flucht“ nach Jugoslawien, schließlich nach Thailand, wo er u.a. als Müllsammler in Pattaya gearbeitet hat. Seit etlichen Jahren lebt er nun hier, verdient sich sein Geld mit dem Organisieren von Touren oder auch zeitweilig mit Aufenthalten in der Schweiz. Hier hat er auch zwei Kinder, seine kambodschanische Frau ist letztes Jahr gestorben. Ich könnte an dieser Stelle noch lange weiterschreiben, so interessant ist die Unterhaltung mit ihm. Ein letztes Bier im Hotel rundet den gelungenen Abend ab.

 

Montag,  16.12.

Tag wie Nacht 30 Grad im Zimmer; das durchzustehen, kostet zumindest immer einen durchgeschwitzten Schlafanzug. Der Ventilator nützt fast gar nichts.

Heute Morgen lassen wir uns wegen der Entfernung von zwei Mopedfahrern zum Tuol Sleng Museum (2$) kutschieren. Ein Konzentrationslager mitten in der Stadt! Relikt des grausamen Pol Pot-Regimes. Noch bis 1979 wurden in dieser ehemaligen Schule unzählige Menschen in menschenunwürdigen Zellen eingesperrt, gefoltert und umgebracht. Zeugnisse dieses Genozids sind in dem in vier Blöcke unterteilten Lager zu besichtigen. Der Vergleich zu unseren Konzentrationslagern drängt sich auf.

Erneut treffen wir den holländischen Round-the-World-Traveller, dem wir seit Da Lat schon mehrfach begegnet sind.

Nächster Besichtigungspunkt ist der Russische Markt, der ähnlich dem Central Market so ziemlich alles bietet. Allerdings hier vermehrt auch Raub-CD’s, -software und –DVD’s, jedoch teurer als in Vietnam.

Am Spätnachmittag machen wir uns noch mal auf, um ein paar Erledigungen zu machen. U.a. wollen wir Geld abheben, das in Dollars ausgezahlt wird, wie überhaupt der Dollar hier genauso akzeptiert wird wie der Riel. Tauschen lohnt da praktisch gar nicht.

Ein Abstecher führt zur Phnom-Pagode, nach der die Stadt ihren Namen erhalten hat und die wegen ihres erhöhten Standortes nicht zu verfehlen ist. Ein Touristenelefant und hyperaktive Affenfamilien sowie der in unseren Augen eher kitschige Tempel laden zum Verweilen ein. Auffällig viele kurzgeschorene junge bis alte nicht nur Mönche, sondern auch Nonnen kreuzen unseren Weg. Irgendeine religiöse Großveranstaltung nahe dem dürftigen Bahnhof muss wohl von größerer Bedeutung sein.
Jedenfalls gibt es große Polizeipräsenz, große Reden und große Massen von Mönchen und Nonnen.

Auch König Sihanouk ist kürzlich in der Öffentlichkeit aufgetreten. Jubelnde Schulkinder mit Papierfähnchen entlang den Hauptstraßen lassen erahnen, dass wir ihn nur knapp verfehlt haben. Auch ist Staatsbesuch aus Malaysia zu verzeichnen.

 

Den Abend verbringen wir auf der Dachterrasse eines Edelrestaurants oberhalb des Tonle Sap bei einem feinen gezapften Angkor-Bier. Ein Mußestündchen zum Beobachten des pulsierenden Lebens auf der malerischen Uferpromenade.

 

Dienstag,  17.12.     Phnom Penh - Sihanoukville

Mit Capitol Tours rauschen wir in flotter Fahrt auf der so ziemlich einzigen gut ausgebauten Fernstraße des Landes schon in aller Frühe nach Süden. Sihanoukville heißt unser Ziel, bedeutendster (kambodschanischer) Badeort am Golf von Thailand. Wir wollen noch einmal ausspannen, bevor es auf weitere größere Überlandtouren geht.

Nach knapp 4 Stunden sind die 230 km bewältigt, und vor uns tut sich ein herrlicher weißer Sandstrand auf. Das dazu passende Guesthouse liegt auch gleich am Weg. Es ist das ganz neue und (zum Glück) noch in keinem Führer verzeichnete Jasmin Guesthouse. Es liegt direkt am Meer, ist sicher die luxuriöseste Herberge seit Reiseantritt und ist für 10$ das Zimmer ausgesprochen preiswert. Ein bisschen Handeln gehört allerdings schon dazu.

Der Strand ist bis auf ein paar fliegende Händler fast menschenleer und mit kostenlosen Sonnenschutzlauben sowie einfachen Liegen übersät. Das Wasser ist klar, leider jedoch deutlich zu warm (badewannenmäßig). Insgesamt steht jedenfalls nun einem überfälligen Relax-Nachmittag nichts mehr im Wege. Krönender Abschluss ist pünktlich um 18 Uhr der wunderschöne Sonnenuntergang im Meer. Die reinste Postkartenidylle.

 

Mittwoch,  18.12.

Viel zu berichten gibt es vom heutigen Tag nicht. Ein echter Strand-, Lese-, Faulenzertag ohne größere Vorkommnisse. Baba, Werners Spitzname wegen seines Rauschebartes, kann sich nur schwer den Avancen einer Einheimischen erwehren, die mit eindeutigen Gesten klarmacht, was sie möchte. Eine Konversation auf rein gestischer Ebene, mehr nicht!

 

Bei den vorbeiziehenden fliegenden Händlern fallen auch einige leckere Früchte und ein paar leckere Hummer zum Preis weniger Riel für uns ab. Dazu ein erfrischendes Angkor Bier und die Frage, womit wir dies alles verdient haben. Zu Hause wird zur selben Zeit auch geschwitzt, aber nicht wegen der hohen Temperaturen ...

 

Donnerstag,  19.12.

Per Motorrad lässt sich die nähere und weitere Umgebung am besten erkunden, und so miete ich mir eine fesche Honda gleich an der Rezeption unseres Hotels. Für nur 5$ gehört mir das Zweirad 24 Stunden lang. Werner und ich wollen zu Beginn nach Sihanoukville rein, um die Rückfahrt nach Phnom Penh für Morgen früh zu buchen. Schon wenige Kilometer nach Fahrtbeginn ist aber erst mal Sense mit Mopedfahren. Der Tank ist leer, und woher Nachschub bekommen? Da heißt’s schieben, bis mich ein freundlicher Einheimischer mit zur nächsten Benzinverkaufsstelle nimmt. Eine große Colaflasche voll für etwas mehr als einen Dollar. Zurück zu Werner, der ein Schattenplätzchen inmitten der Pampa gefunden hat, wo er auf mich wartet.

Jetzt aber weiter mit Volldampf. Nur auf die vielen Schlaglöcher muss gut Obacht gegeben werden. Die Verkehrsverhältnisse selbst sind im Vergleich zu Vietnam eher harmlos.

Nachdem ich Werner zum Hotel gebracht habe, mache ich mich noch einmal auf zu einer größeren Erkundungsfahrt. Der Zufallsgenerator ist eingeschaltet; er führt mich als Erstes zu einer wenig erquicklichen Riesenmüllkippe etliche Kilometer landeinwärts, auf der einige Familien hausen und sich anscheinend alles Verwertbare aus dem unappetitlichen Müllberg herauslesen. Auch das ist Kambodscha.

Wieder durch Zufall lande ich wenig später – nach Entrichten von 1 000 Riel = 25 Cent Eintritt an einem gar nicht mal so kleinen Wasserfall. Ein paar einheimische Touristen lassen sich vor den mehrterrassigen Kaskaden fotografieren, und ich lasse mir die erfrischenden Wassermassen genüsslich über den Pelz ergießen.

Der nächste Zufallstreffer ist der Hafen von Sihanoukville mit angrenzenden Slumvierteln. Auch hier übermannt mich förmlich die Vielzahl immer neuer Eindrücke, ich sauge sie regelrecht auf. Und immer wird einem das Gefühl vermittelt, sehr willkommen zu sein. Ein herzliches „Hello“ und ein freundliches Lächeln begleiten mich auf Schritt und Tritt.

Ein erstaunlich preiswertes Telefongespräch (18 Cent pro Minute) nach Siegen/Germany via Internet schafft erstmals auch eine akustische Verbindung in die Heimat. Vater Hermann staunt nicht schlecht, meine Stimme klar, mit nur ca. ein bis zwei Sekunden Zeitverzögerung aus dem fernen Kambodscha zu vernehmen. Es ist schon verwunderlich, auf welch hohem technischen Stand die Telekommunikation in Kambodscha bereits ist. Auch die Internetverbindung marschiert mit Siebenmeilenstiefeln.

Heute ist Vollmond. Wunderbar anzusehen, aber nach Aufziehen einer schwarzen Wolkenfront ergießt  sich während der Nacht ein Sturzbach über Sihanoukville, der es in sich hat.

 

Freitag,  20.12.     Sihanoukville – Phnom Penh

Pünktlich um neun fährt der Bus von Royal Trans Angkor Group nach Phnom Penh los. Wir haben beste Plätze, unnötigerweise aber mit Videoberieselung. Meine Augen gehören eh nur der aufs Neue grauenvoll riskanten Fahrweise des Busfahrers und meinem Roman „Das Verschwinden des Michael Langford“, den ich dann auch während der Fahrt zu Ende bringe. Wieder mal eines der Bücher, das mich höchst beeindruckt hat. Es ist schon ein großer Zufall, dass viele Passagen dieses Indochinaromans oft genau mit meinen aktuellen Aufenthaltsorten korrespondierten. Folglich stellten sich neben der ohnehin spannenden Story auch vermehrt Wiedererkennungseffekte ein.

In Phnom Penh angekommen, zieht es uns zunächst zu unserem Hotel, wo wir vor drei Tagen unser Hauptgepäck deponiert haben. Für ein paar Dollar mehr leisten wir uns diesmal ein Zimmer mit Aircondition. Eigentlich liebe ich die künstliche Kälte überhaupt nicht, aber beim letzten Mal war’s doch arg heiß und stickig. Im Hotel können wir auch gleich alle Buchungen, die wir für die nächsten Tage benötigen, vornehmen. Spart den Gang zum Capitol.

Am Spätnachmittag werden noch einige kleine Besorgungen gemacht. Klein ist gut; im Central Market kann ich einem günstigen CD-, VCD-, MP3-Player nicht widerstehen (42$), damit ich endlich auch die vielen in Vietnam erstandenen CD’s anhören kann.

 

Samstag,  21.12.     Phnom Penh – Siem Reap (Angkor Wat)

Könnte Werner mir doch ein bisschen von seinem gesegneten Schlaf abgeben! Nach eher schlafloser Nacht mit lauter, stinkender und zu kühler Klimaanlage müssen wir schon um halb sieben bereit stehen – startklar zu einem weiteren Höhepunkt unserer Reise: Angkor Wat, der größten Tempelanlage der Welt. Davon habe ich schon lange geträumt. In einer Reihe mit dem Taj Mahal oder Macchu Picchu gehörte auch das Angkor Wat immer schon zu meinen großen (Reise-)Träumen. Da eine Fahrt dorthin bis vor ein paar Jahren nicht möglich gewesen ist, erfülle ich mir – Sabbat sei Dank – den Traum eben jetzt.

Von Phnom Penh aus geht es mit einem Speedboot den Tonle Sap hinauf bis nach Siem Reap, dem Ausgangsort für das Angkor Wat. Die Fahrt verläuft angenehm und dabei ziemlich rasant. Die 310 km sind in fünf Stunden erst auf dem Tonle Sap Fluss, dann auf dem gleichnamigen See bewältigt. Der Tonle Sap See ist nebenbei der größte See Südostasiens.

Die schnelle Beförderung lassen sich die Bootsunternehmen mit stolzen 22$ (eigentlich sogar 25$ - handeln!) pro Fahrt und Teilnehmer bezahlen.

Die Ankunft dann nahe Siem Reap ist mehr als grotesk. Zig junge Männer stehen noch vorm Anlegen des Bootes am Ufer, fuchteln wie verrückt mit irgendwelchen Tafeln von Hotels durch die Gegend, schreien und bekriegen sich gegenseitig in einem anscheinend erbarmungslosen Konkurrenzkampf. So ein verrücktes Gewimmel von Aufreißern habe ich noch nie erlebt. Wir wollen in Mom’s Guesthouse, können uns der Massen trotzdem kaum erwehren. Alles zerrt und zupft an einem herum, redet, ach was, schreit auf einen ein. Und plötzlich haben wir sogar zwei Aufreißer von Mom’s Guesthouse, die sich beinahe gegenseitig an die Gurgel springen.

Endlich sitzen wir in einem klimatisierten Toyota Camry und arbeiten uns damit mühsam nach Siem Reap vor. Ziel erreicht; Zimmer nicht doll, aber o.k.; Preis etwas zu hoch mit 8$ (ohne AC).

Nach kurzer Erholungspause mieten wir uns ein „Tuktuk“, eine Rikscha, die von einem Moped gezogen wird, und lassen uns damit in gemütlicher Fahrt durch die Luxusmeile von Siem Reap hin zur Zahlstelle für Angkor Wat und Umgebung fahren. Wir kannten die Preise schon, deshalb haut’s uns jetzt nicht um: 20$ für einen Tag und 40$ für zwei oder drei Tage. Das ist kaum zu überbieten!

Wir nehmen das teurere Ticket (einschl. Polaroid-Foto für den Pass) und steuern unserem ersten großen Ziel, dem eigentlichen Höhepunkt, der Tempelanlage von Angkor Wat entgegen.

Unglaubliche Mengen von Fahrzeugen lassen das Monument schon frühzeitig erahnen. Aber es kommt noch schlimmer: Tausende von Menschen um uns herum, die sich schwitzend durch den Angkor-Korridor schieben und natürlich gibt’s überall Business pur. Wir versuchen, die nicht so stimmungsvollen Begleitumstände zu ignorieren und bahnen uns den Weg in die eigentliche Tempelanlage.

Die vor gut 1000 Jahren erbauten, ursprünglich hinduistischen Sakralbauten suchen allerdings wirklich ihresgleichen. Alles ist gigantisch, pittoresk umrahmt von Regenwald, der Angkor über lange Zeit verschlungen hatte, bis es zweimal wieder entdeckt wurde.

Und dann der berühmte Sonnenuntergang. Da stellt sich doch noch so etwas wie Ruhe, Beschaulichkeit und Begeisterung ein. Wir sitzen hoch oben inmitten eines der fünf Türme und sehen zu, wie der Feuerball langsam am Horizont verschwindet. Das hat schon was!

 

Szenenwechsel: Mit dem Tuktuk schnell zurück zum Guesthouse, ein bisschen frisch gemacht und weiter geht’s in die Kinderklinik eines gewissen Schweizer Kinderarztes

Dr. Richner. Ich habe in einem Reisebericht über ihn gelesen, dass er nicht nur Kindern in Kambodscha beim Kampf gegen TBC und Aids hilft, sondern auch jeden Samstag ein Cello-Konzert zugunsten eben dieser Kinder gibt.

Eine bombastische Veranstaltungshalle empfängt uns; irgendwie kommen wir uns wie im falschen Film vor. Aber wir werden bald aufgeklärt, dass das Gebäude so eine Art Schulungs- und Kongresszentrum ist, das mit der Kinderklinik nicht unmittelbar zu tun hat.

Dann der Auftritt von Dr. Richner. Er spielt alleine, Werke von Bach, Casals und anderen Meistern, vor allem aber auch Eigenkompositionen ganz besonderer Art. Er entpuppt sich als begnadeter Alleinunterhalter, der aber nicht um der Show willen die sehr unorthodoxen Cellostücke, teilweise mit Gesang, vorträgt, sondern dem es ums Engagement für seine inzwischen drei durch Spenden finanzierte Kinderkliniken geht. Und das mit Leib und Seele. Immer wieder unterbricht er seinen musikalischen Vortrag, um sein Publikum aufzuklären. Aufzuklären über die politisch-soziale Lage in Kambodscha, über Korruption, über die Arroganz der Mächtigen, über Ursachen und Auswirkungen der Kriege und das unglückselige Wirken der Amerikaner hier und in den Nachbarländern sowie vor allem über die Leiden der unzähligen armen Kinder, die ohne seine Hilfe keine Überlebenschancen hätten. Seine Arbeit sei mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. In seiner emotionalen Art wirkt er überzeugend; man nimmt ihm sein Engagement ab. Am Ende des eigenwilligen Vortrages beteiligen wir uns mit einer kleinen Spende an seinem so schwierigen Projekt.

 

 

Sonntag,  22.12.

Per Honda Dream starten wir heute den zweiten Anlauf zur „Bezwingung“ von Angkor. Die Anlage ist so riesig, dass uns bei der Vielzahl der zu besichtigenden Bauwerke schon ein bisschen schwindelig wird. Der Führer warnt nicht zu Unrecht vor einem „Temple Burn Out“. Aber soweit sind wir heute noch nicht.

Unser Augenmerk gilt zunächst der zweiten Hauptattraktion neben Angkor Wat, dem Angkor Thom, vor knapp 1000 Jahren Hauptstadt mit über einer Millionen Einwohnern. Um dorthin zu gelangen, muss man eines der fünf Stadttore passieren.
Ein erster Stopp, da Elefanten am Wegesrand auf zahlungskräftige Reiterkundschaft warten.

Weiter nun zum eigentlichen Magneten der Anlage, dem Tempel Bayon. Dieser zieht uns sofort in seinen Bann. Über 200 gewaltige Gesichter mit zu Stein erstarrten Lächeln, die in alle vier Himmelsrichtungen blicken, faszinieren vom ersten Augenblick an. Dazu etliche gut erhaltene Flachreliefs mit Darstellungen vom damaligen Leben hier, alles verteilt auf drei großflächigen Ebenen. Wir lassen uns viel Zeit, lassen alles in Ruhe auf uns einwirken.

Eine Mittagspause im Hotel tut da gut. Wie schön, dass wir mit unserem flotten Zweitakter so flexibel sind. Noch bis vor 2 Jahren musste man sich einen Führer nehmen. Eigenerkundung war verboten.

Ein gutes Essen und ein frisch gezapftes Angkor Bier nötigen uns während der Mittagspause zu einem kleinen Erholungsschläfchen. Aber schon bald brechen wir wieder auf. Die Hauptanlagen sind ca.10 km von Siem Reap entfernt, mit dem Moped in einer Viertelstunde erreichbar.

Es erwartet uns noch ein Leckerbissen, nämlich der Tempel Preah Khan, der in dichten Dschungel eingebettet ist und der eine Fülle von Entdeckungsmöglichkeiten bietet. Vor allem die Riesenbäume, die sich wie Kraken mit langen Tentakeln ins marode Mauerwerk gefressen haben, geben dem Ganzen eine geheimnisvolle Atmosphäre. Indiana Jones lässt grüßen.

 

Abends studieren wir dann noch ein wenig das Nachtleben von Siem Reap. Gemeint ist das pulsierende Straßengeschehen, das wir von einem Straßenlokal aus bestens überblicken können. Bestürzend ist dabei die Tatsache, dass enorm viele Menschen – Männer, Frauen und auch Kinder – verkrüppelt sind. In der Regel fehlt ihnen ein Bein oder ein Arm, manchmal auch beides. Zweifellos ist dies die Folge des schrecklichen Roten-Khmer-Horrors, der selbst heute immer noch zahlreiche Minenopfer fordert.

 

Montag,  23.12.

Unsere letzte Rundfahrt durch das gigantische Angkor-Areal steht an. Die Hauptsehenswürdigkeiten haben wir zwar schon „gemeistert“, aber auch der Rest ist nicht zu verachten. Zunächst erklimmen wir einen hohen Berg, auf dessen Kuppe sich eine weitere ausgedehnte Tempelanlage befindet (Phnom Bakheng). Besonders beeindruckend ist die herrliche Aussicht, ein Grund, warum der Berg immer auch von
großer strategischer Bedeutung gewesen ist.

Um noch einen möglichst umfassenden Eindruck von ganz Angkor zu bekommen, wählen wir in der Folge den sog. Grand Circuit, der über viele Kilometer eine Fülle immer neuer und unterschiedlicher Tempelanlagen zeitigt. In unserem Besichtigungseifer merken wir nicht einmal, dass wir einen Tempel bereits gestern erkundet haben. Erst die Riesenbäume mit ihrem krakenhaften Gebaren rufen die Erinnerung wach. Wir waren lediglich aus einer anderen Himmelsrichtung gekommen.

Den Schluss des Grand Circuit bildet der Ta Prohm-Tempel, der wirklich einen würdigen Schlusspunkt für unsere Tour de Force setzt. Hier wird überdeutlich, zu wessen Gunsten sich der Kampf zwischen steinernen Monumenten und Naturkräften entschieden hat. Riesige Würgefeigenbäume haben sich überall ins Gestein gefressen und alles förmlich zerquetscht. Entsprechend abenteuerlich sieht der riesige Tempel aus. Ich bin etwas frustriert, dass gerade jetzt mein hierhin mitgenommenes Filmmaterial zu Ende geht.

 

Unser Wissens- und Erkundungsdurst ist auch am späten Nachmittag noch nicht ganz gestillt, so dass wir beschließen, zum Ausklang eine unserem Hotel nahe Schmetterlingsfarm aufzusuchen. Wir kommen leider kurz vor Toresschluss und bekommen deshalb nur noch wenige der über 1 200 Exemplare zu Gesicht. Wir trösten uns mit einem vom englischen Besitzer selbst gemixten Longdrink, den wir auf der Terrasse inmitten exotischen Ambientes schlürfen.

Fast hätte es mit einem besonderen Bonbon am morgigen Heiligabend geklappt. Wir hatten vor, per Militärhubschrauber nach Phnom Penh zurückzufliegen. Ein überall aushängender Flyer hatte uns Appetit gemacht. Es hätte nur 55$ gekostet, aber leider wird nichts draus, da nur sehr unregelmäßig Flüge stattfinden. Und eben morgen nicht. Da müssen wir uns mit dem Bus begnügen, der allerdings für die 310 km 10 Stunden unterwegs sein soll.

 

 

Dienstag,  24.12.     Siem Reap – Phnom Penh

Die Besichtigung von Angkor soll eine Tour de Force gewesen sein? Was ist dann die heutige Busfahrt nach Phnom Penh?? Eine einzige Schlaglochkatastrophe, teilweise geteert, oft auch nicht, die dem kleinen, viel zu engen Bus alles abverlangt. Was solche Fahrzeuge auszuhalten imstande sind, bekommen wir hier demonstriert. Allerdings gibt es dann doch noch eine Zwangspause, als das Getriebe sich nicht mehr schalten lassen will. Der Fahrer ist Mädchen für alles, auch für Reparaturen dieser Art. Nach etwa einer Stunde ist das überstrapazierte Gefährt wieder flott.
Zwischenzeitlich schwirrten Unmengen von Essens- und Getränkeverkäufern um uns herum, die u.a. gefüllte Frösche und – viel ekeliger anzusehen – gebratene Riesenspinnen zum Verzehr anboten.

Verkürzt wird mir die Warte- und Fahrzeit durch überaus anregende Gespräche mit einem Kolumbianer, der schon seit über einem halben Jahr unterwegs ist.

 

Endlich, nach fast 11 Stunden, laufen wir in Phnom Penh ein.

Das altbewährte Hotel, diesmal wieder ohne Aircondition, aber anscheinend hat man’s versehentlich angelassen. Um so besser.

Um sieben treffen wir uns verabredungsgemäß mit Erich, mit dem wir ein „Christmas Dinner“ in etwas gepflegterer Umgebung einnehmen wollen. Unten am Tonle Sap scheint der geeignete Ort. Zipfelmützenbedienung empfängt uns – es ist ja Weihnachten! Wir genehmigen uns ein Shrimp-, Hummeressen, das am Ende dann aber doch deutlich teurer ist als erwartet.

Für Erich gibt’s zum guten Schluss noch ein kleines Präsent in Form zweier Bücher, die wir auf diese Weise nicht mehr schleppen müssen. Zum einen Werners Reise Know-How von Vietnam und meinen Michael Langford-Roman, den ich so begeistert verschlungen habe.

 

Mittwoch,  25.12.     Phnom Penh – Stung Treng

Bevor wir uns mit dem Hotel-Minibus zum Flughafen chauffieren lassen, mache ich noch einen Abstecher zum Central Market, wo ich vor 4 Tagen den CD-Player gekauft habe. Leider geht mittlerweile nur noch ein Teil der Funktionen, was meinen Verdacht bestärkt, dass dieses „SONY“-Produkt wie vieles andere eine Kopie ist. Sofort wird mir dies im Markt von neugierigen Händlern auch bestätigt. „Made in China, no good.“ Nur die Verkäuferin von neulich lässt sich mit dem Öffnen ihres Standes ausgerechnet heute Morgen so viel Zeit, dass ich nicht mehr zum geplanten Umtausch komme. Ein Ärgernis.

 

Dann durch den recht heftigen Morgenverkehr zum Flughafen, wo eine Maschine nach Siem Reap (Touristen) geht, eine andere nach Rattanakiri (auch Touris) mit Anschluss nach Stung Treng (ein paar Einheimische). Wir wollen nach Norden in Richtung Laos, deshalb ist Maschine zwei die unsrige.

Ein schöner, ruhiger Flug mit einer chinesischen Propellermaschine – allerdings vergehen wir fast vor Hitze in dem engen Fluggerät. In Rattanakiri besteht die Landepiste aus rotem Schotter. Entsprechend unsanft setzen wir auf.

Nachdem wir nach kurzem Zwischenstopp uns für eine halbe Stunde noch einmal in der Lüfte erhoben haben, erreichen wir die Provinzhauptstadt Stung Treng. Die für uns richtige Hotelabordnung erwartet ihre Gäste schon mit einem Minibus und bringt Werner und mich  geradewegs zum großzügigen Hotel Sekong, das direkt am Mekong liegt (7$).


Ein Abendspaziergang entlang des gelblich-braunen Stromes dem Sonnenuntergang entgegen wird dann noch zur reinsten Entdeckungstour. Armselige Stelzenhütten säumen unseren Weg, und aufgeregte Kinder springen um uns herum. Wahrscheinlich bekommen sie selten so merkwürdige Gestalten aus dem Abendland zu sehen.  Ein farbenfroher Ausblick auf Mengen von Fischerbooten komplettiert das stimmungsvolle Ambiente.

Zum wiederholte Mal bestaunen wir das gute Volleyballspiel einheimischer Jugendlicher, die mit großem Einsatz und toller Technik zur Sache gehen.

 

 

Geografische Eckdaten zu Laos:

Fläche:    236 800 km2   (Deutschland:  356 970 km2)

Einwohnerzahl:   5,5 Mio.  (Deutschland: 82 Mio.)

Hauptstadt:   Vientiane  (530 000 EW)

Bevölkerung:   68% Lao-Lum, 22% Lao-Theung, 9% Lao-Soung, Chinesen und Thai 1%

Sprachen:   Lao (Amtssprache), Thai, Hmong, Französisch, Englisch, Vietnamesisch

Religion:   60% Buddhisten. 40% Anhänger des Animismus und andere

Klima:   Das Klima Kambodschas ist tropisch-monsunal.

Lage:   Südostasien

Benachbarte Gebiete:   Laos grenzt im Norden an China und Vietnam, im Osten an Vietnam, im Süden an Kambodscha, im Westen an Thailand und im Nordwesten an Myanmar.

 

Donnerstag,  26.12.     Stung Treng – Don Det (Laos)

Erst dachten wir, wir seien die Einzigen, die über den Mekong auf Schleichwegen nach Laos einreisen wollten. Doch schon morgens um sieben kommen die Traveller aus allen möglichen Löchern gekrochen, um einen Platz auf einem der Speedboote zu ergattern. Wir haben dummerweise Tickets im Hotel gekauft, was sich als Flop erweist. Um halb neun stehen wir mit einem älteren deutschen Ehepaar immer noch am Ufer des Mekong und warten darauf, dass sich was tut, während ein Großteil der anderen am nahen Hafen ein Beförderungsmittel gefunden hat und von dannen braust. Offensichtlich sind wir Vier nicht rentabel genug für ein Boot. Deshalb lassen wir uns unseren Fahrpreis von 4$ p.P. zurückzahlen und werden am Hafen bald fündig.

Es ist zwar kein Speedboot, aber auch kein gerade langsames und nicht so lautes für die 30 km bis zur Grenze nach Laos. Der Bootsführer kennt offenbar die Tücken des Flusses. Geschickt umschifft er Stromschnellen, Strudel und flache Partien.

Erfreulich schnell geht dann die Abfertigung am (inoffiziellen) Grenzübergang. Und nur 2$ „Bearbeitungsgebühr“ – auf gut Deutsch Schmiergeld – und 1$ an der laotischen Grenze. Der rührige Bootsführer beschafft uns in der Mittagshitze dann sogar noch einen Kleinlaster, welcher uns – Ausnutzung der Notlage hin oder her – für 2$ zur Fähre nach Don Det befördert.

 

Don Det gehört ist eine der 4 000 Inseln im Mekong, die in letzter Zeit bei Travellern in aller Munde sind. So wie einst Ko Samui ein echter Geheimtipp gewesen ist, entwickeln sich die „4 000 Islands“ nun zu einem ebensolchen – hoffentlich nicht mit so fatalen Folgen wie auf Ko Samui! Aber eigentlich ist die Lage zu abseitig.

Immerhin sind es doch etliche Rucksacktouris, die sich mit den knatternden Langbooten zur Insel übersetzen lassen.

Drüben auf Don Det warten zur allgemeinen Überraschung zahlreiche „Bungalow“-Anlagen und „Guesthouses“ auf die zahlende Kundschaft, so dass kurz nach Eintreffen der beiden Boote erst mal der Kampf um die schönsten Unterkünfte beginnt. Doch die Auswahl ist groß, so dass ich nach einiger Suche bald „unseren“ Bungalow gefunden habe mit dem wohl klingenden Namen „Sunrise Bungalow“. Kosten pro Bungalow 1$ oder 10 000 Kip, Blick auf einen Arm des Mekong inklusive.

Zur Aufklärung sei angefügt, dass es sich um höchst primitive Hütten ohne Strom, ohne sanitäre Anlagen und ohne jeden sonstigen Komfort handelt, genau wie die Unterkünfte der Einheimischen. Aber gerade das macht ihren Reiz aus. Dazu keine Autos, keine Mopeds, kein Gestank; nur von Zeit zu Zeit ein vorbeifahrendes Langboot mit Knattermotor.

Ein fantastischer Sonnenuntergang und ein netter Abend in einer Kneipe mit etlichen Travellern beschließen den Tag. Erfreulicherweise ist das würzige Lao-Bier preislich wieder sehr viel erschwinglicher als das kambodschanische (0,8$ für eine 0,6 l-Flasche). Na denn prost!

 

 

Freitag,  27.12.

Erstmals wieder eine kühle Nacht (ohne Klimaanlage)! 21,5 Grad zeigt mein Thermometer, glatt 10 Grad weniger als in Phnom Penh. Wir machen uns nach einem feinen Frühstück in der Bambushütte unseres Mr. Khammany auf die Suche nach zwei Leihfahrrädern. Das ist nicht so schwierig, denn die  Inselbewohner haben sich voll auf den aufkeimenden Rucksacktourismus eingestellt. Schnell sind 2 klapprige Zweiräder gemietet, so dass die Erkundungstour beginnen kann. Und es gibt viel zu erkunden. Auf schmalen Staubwegen immer am Wasser entlang, vorbei an vielen Holz- bzw. Bambushütten mit überaus freundlichen und sanftmütig wirkenden Menschen. Über eine alte Brücke führt der Weg auf die Nachbarinsel Don Khom. Im übrigen ist der Mekong hier insgesamt 14 km breit, stark verzweigt und verästelt, wodurch sich die enorme Breite erklärt.

Nach Überqueren der Brücke müssen wir erst mal Eintritt zahlen (50 Cent), bevor man uns passieren lässt. Dafür gibt’s bald einen kleinen, aber feinen Wasserfall anzusehen, an dem wir zwei nette Schweizerinnen, mit denen wir schon gestern den Abend verbracht haben, wiedertreffen sowie das ältere deutsche Ehepaar von gestern Morgen.

Leider geschieht mir kurz darauf ein kleines Missgeschick, das wohl noch einige Zeit sichtbar bleiben wird. Beim Befahren eines schmalen Pfades mit viel Gestrüpp und ausladenden Ästen bleibe ich an einem Dornenbaum hängen und ziehe mir einen wunderbaren, großen Schmiss mitten auf der rechten Backe zu. Es blutet ziemlich, doch Hilfe ist schnell zur Stelle. Ein paar Toilettenblätter hier, ein bisschen Merfen Orange dort, schon ist das Schlimmste überstanden. Immerhin sehe ich wohl so verunstaltet aus, dass ab sofort die Aufmerksamkeit der Menschen hier nicht mehr Werners gewaltigem Bart gilt, sondern nur noch meinem zermarterten Frankensteingesicht.

 

Schließlich setzen wir unsere Fahrt fort, erreichen trotz Auflösungserscheinungen meines Fahrrads einen imposanten Strand, wo wir uns – wieder in Begleitung der Schweizerinnen – eine Stärkung genehmigen. Schwimmen ist wegen der Bilharziosegefahr nicht ratsam.

Der Sonnenuntergang kurz vor sechs ist genauso spektakulär wie gestern Abend. Wir gönnen uns ein beschauliches Dreiviertelstündchen, um das Farbenspiel in aller Ruhe zu genießen.

 

Samstag,  28.12.

Mit den beiden jungen Schweizerinnen Nadja und Petra haben wir verabredet, gemeinsam zu den Wasserfällen Khon Phapheng zu fahren, den größten Asiens.

Das Fähr-Langboot bringt uns zunächst zum Festland, von wo aus uns ein Sammeltaxi direkt zu den tosenden Wassermassen bringt. Natürlich wieder Eintritt (90 Cent), aber alles im Rahmen. Nach den erst vor wenigen Wochen bestaunten Victoriafällen in Sambia hatte ich aber doch etwas mehr erwartet. Das Sehenswerte ist allerdings weniger ein kolossaler Wasserfall als vielmehr die ganze (schäumende) Szenerie, die sich auf viele kleine und größere Kaskaden und Fälle erstreckt und daraus ihren Reiz bezieht.

Eigentlich hatten wir noch die in allen Führern angepriesenen Flussdelfine besichtigen wollen, doch ist uns dies zu aufwändig und ohne Garantie, dass man sie auch wirklich zu sehen bekommt.

Am Abend ist wieder Sunset-Time, dazu quatschen wir uns mit dem älteren deutschen Travellerpaar (Dr.) Norbert und Gabi aus Paderborn fest. Es wird ein kurzweiliger Abend, da die beiden wahrscheinlich mehr Länder der Welt bereist haben
als sonst jemand, den ich kenne.

 

Sonntag,  29.12.     Don Det - Savannakhet

Wir „müssen“ weiter und verlassen unser kleines Paradies, das gerade im Begriff ist, seine Jungfräulichkeit zu verlieren.

Wir quetschen uns mit Travellern, Einheimischen und allerlei Getier auf die Ladefläche eines Kleinlasters, deren Kapazität scheinbar unendlich ist. Und siehe da: Endlich stellt sich wieder das altbekannte Abenteuergefühl früherer Reisen ein. Was hier abgeht, sprengt alle Vorstellungskraft. Ein paar Leute werden aufs Dach verfrachtet, da und dort wird noch ein Sack mit wild hüpfenden Fröschen oder halb strangulierten Enten reingequetscht. Zum Schluss, als eigentlich die Hinterachse kurz vorm Zusammenbrechen sein müsste, kommen noch zwei mit Fischen und Eis gefüllte Truhen auf die hinteren Roste. Irgendwie muss es gehen. Und es geht!

Für die 105 km lange Fahrt nach Pakse brauchen wir nur etwa drei Stunden.

Dort angekommen, wird’s wieder ein bisschen hektisch, da alles wild durcheinander läuft und jeder ein anderes Ziel verfolgt. Die fast nicht vorhandenen Englischkenntnisse der meisten Leute hier stellen ein Problem dar. Aber wir wuseln uns durch, sind noch ein paar Minuten in einem Sammel-Tuktuk unterwegs und landen schließlich im richtigen Bus, der uns nach Savannakhet in Richtung Vientiane bringen soll.

Alles klappt prima, wären da bei unserem Bus nicht langsam bedrohlich werdende Schaltprobleme und zwischendurch mehrfach ausgehende Scheinwerfer gewesen. Dennoch laufen wir gegen halb sieben in Savannakhet ein. (Hotel Sayammungkhun 5$).

Ein kühler Abendspaziergang am Mekong und einmal mehr Fried Noodles und ein gut gekühltes Laobeer. Wir beschließen den Tag dann mit einem Absacker, den wir unterwegs für ein paar Kip noch mitgenommen haben. Es handelt sich um „Lao-Lao“, einen in eine Pepsi-Flasche abgefüllten, ein bisschen nach Grappa schmeckenden landestypischen Reisschnaps.

 

Montag,  30.12.

Mit einem „VIP-Expressbus“ donnern wir ab acht Uhr über gut ausgebaute Straßen in Richtung Norden. Kosten für „Foreigners“ 3$, für Einheimische 2,5$. Da wird fein unterschieden. Aber dafür geht dann auch richtig die Post ab. Der junge Fahrer scheint für die Laos-Ralleye trainieren zu wollen. Ein Fast-Zusammenstoß mit ein paar Kühen auf der Fahrbahn kann nur knapp vermieden werden. Angenehm ist, dass die Straßen fast frei von Verkehr sind. Da wird deutlich, dass das Land äußerst dünn besiedelt ist. Nur 4 Mio. Einwohner bei einer vergleichbaren Fläche unserer alten Bundesländer verdeutlichen das, was wir um uns herum wahrnehmen. Ein großer Kontrast vor allem zu dem, was wir in Vietnam erlebt haben, wo alles förmlich nur so wimmelte. Die ruhige, unaufdringliche Art der wenigen Menschen hier tragen zu dem entspannten Gesamtbild bei. Allerdings ist es schwierig, von dem Laoten zu sprechen, da sich die Bevölkerung aus verschiedensten Ethnien zusammensetzt.

 

Vientiane wäre schnell zu erreichen gewesen, wenn nicht das scheinbar Unvermeidliche eingetreten wäre. Wieder mal eine Panne, die uns zeitlich ganz schön zurückwirft. Keiner weiß, was nicht funktioniert, wohl wieder was mit dem Getriebe, aber jedenfalls geht für lange Zeit nichts mehr. Von wegen VIP-Expressbus!

Als sich nach 1 Stunde immer noch nichts bewegt, wird kurzerhand ein Gegenbus angehalten. Die darin befindlichen Passagiere werden ohne Erklärung herauskomplimentiert, dann dreht der Bus auf der engen Straße, und alles wird einfach von Bus A in Bus B umgeladen.

Bei einsetzender Dämmerung (die in den Tropen bekanntlich sehr kurz ist) laufen wir in Vientiane ein. Per Tuktuk an den Mekong zum avisierten Hotel Orchid – doch Fehlanzeige. „Fully booked“. Es sind Weihnachtsferien, und somit ist Hochsaison. Bei den nächsten Guesthouses dasselbe. Und das mit über 30 kg auf dem Buckel! Doch endlich werden wir fündig. Im Savary Hotel knöpfen sie uns 12$ ab, u.a. für überflüssige Klimaanlage und Fernsehen, dafür ohne warmes Wasser. Das gibt mindestens 1$ Abzug.

Unser abendlicher Bummel endet im Khop Chai Deu, einem sehr stimmungsvollen Gartenlokal voller Rucksackreisenden und mit guter Musik.

 

 

Dienstag,  31.12.

Den Jahresausklang erstmals so fern der Heimat wollen wir ruhig verbringen. Und so gibt es wenig Aufregendes von heute zu berichten.

Vientiane ist viel provinzieller als gedacht. 140 000 Einwohner diesseits des Mekong, auf der anderen Seite ist schon thailändisches Staatsgebiet. In den wenigen Geschäften kann man deshalb auch überall in Baht bezahlen.

Mit etwas Mühe finden wir den Markt, der dann wegen seiner Größe doch eine Überraschung ist. Ziemlich monströse, zweistöckige Hallen beherbergen alles, was sich für uns lohnt anzusehen. Silberwaren, schön gewebte Stoffe, Souvenirs, CD’s oder gefälschte Markenklamotten – alles in riesiger Auswahl. Wieder ein paar Teile mehr, die in unsere schweren Rucksäcke wandern.

Am Mekong reihen sich mehrere Wats und Thats aneinander. Das sind Tempelanlagen von z.T. enormen Ausmaßen. Wir beschränken uns zunächst auf die Besichtigung des neben dem modernen Präsidentenpalast gelegene Wat Ho Pha Keo mit einem großen Jadebuddha.

 

Internetcafés sind auch hier der Renner, so dass ich mich am Spätnachmittag in eines für längere Zeit zurückziehe, um meine AlphaSmart-Aufzeichnungen auf Diskette zu ziehen bzw. per E-Mail nach Hause zu schicken. Damit ist gesichert, dass meine schriftlichen Ergüsse der Nachwelt zumindest bis hierhin erhalten bleiben und nicht durch technischen Defekt o.ä. verloren gehen.

Und was ist mit der Sylvesterparty? Wir grasen die Lokalitäten erst mal ab, um zu dem Schluss zu kommen, dass wir in Ruhe in einem italienischen Lokal eine Pizza verzehren und anschließend den Jahreswechsel auf dem Platz vor der gewaltigen Kulturhalle verbringen. Dort ist vor allem für die Einheimischen (Upper Class) eine Tanzparty mit Band, genauso wie vor dem nebenan gelegenen Plaza Hotel, wo auch noch Tombolas veranstaltet werden und alles natürlich pikfein und sauteuer ist. Wir begucken uns alles als Zaungäste. Um Mitternacht wird immerhin sogar eine Art Bengalisches Feuer entzündet; Feuerwerk gibt es nicht. Und überall wird einem ein „Happy New Year“ zugerufen. Doch Vorsicht beim Gehen ist geboten, da die Bürgersteige die reinsten Knochenbrecher sind. Keine Warnung, kein Schutz – nur riesige Löcher!

In Deutschland ist es jetzt erst sechs Uhr Abend.

 

Mittwoch,  1.1.2003

Statt mit  „Happy New Year” werden wir heute wieder mit „Sabaidi“, dem Wort für Guten Tag begrüßt. Leider fühlt sich Werner fiebrig. Hoffentlich nichts Ernstes.

Ich mache mich auf, um alles Mögliche abzuklären (Visum für Myanmar, Busverbindungen, Internetinfos, Geldtausch etc.).

Wenn ich schon nicht Abbitte für die Sünden des vergangenen Jahres leisten kann, so kann ich wenigstens das Gröbste ausschwitzen, und zwar in einer Sauna mit angeschlossenem Massageraum, wenige Meter von unserem Hotel entfernt. Mutig mische ich mich unters schwitzende Volk, schaue mich nach den Sitten und Gebräuchen um und handele entsprechend. Männlein und Weiblein schwitzen getrennt, und ein Lendenschurz schützt die guten Teile vor Einblicken. Alles ist recht primitiv, aber das tut dem Vergnügen ja keinen Abbruch. Geschwitzt wird in einer Art Blockhütte mit heißem, aromatisiertem Dampf. Mit einem Engländer, der in Bangkok lebt, komme ich ins Gespräch.

Aber was dann folgt, spottet wieder einmal jeder Beschreibung. Ich habe um eine Massage im chinesischen Stil gebeten, nicht ahnend, was ich mir damit antue. Ein unscheinbarer Mann mittleren Alters fordert mich auf, es mir auf einer Liege in einem abgetrennten Raum bequem zu machen. Kein Problem, denke ich; aber plötzlich holt der gute Mann mit gezielten Handkantenschlägen zu einem regelrechten Rundumschlag aus. Ich weiß gar nicht, wie mir geschieht. Ich höre buchstäblich die Englein singen, so geht er bei seiner Arbeit zur Sache. Ich versuche mehrfach, seinen Würgegriffen zu entfliehen, doch keine Chance. „Relax, relax“, sind seine beiden Lieblingsworte. Doch nix is mit Relaxen; hier geht es für mich ums blanke Überleben. Vor allem mein linkes Knie hat es ihm bei seinen Attacken angetan; das Knie, das genau heute vor einem Jahr bei meinem Skisturz einen bösen Knacks abbekommen hat (Meniskusschaden).

Etwas Entspannung bringt dann ein Schröpfintermezzo, bei dem mir heiß gemachte Gläser auf alle Rückenpartien aufgesetzt und nach 5 Minuten mit einem Plopp wieder entfernt werden. Wozu das gut sein soll, weiß ich allerdings nicht. Endlich ist die Prozedur zu Ende. Beim Verlassen des Raumes lese ich auf einem eingerahmten Zeitungsausschnitt, dass es sich bei meinem Masseur um einen Meister seines Faches handele, der sich auf eine ganz bestimmte Methode spezialisiert habe: die chinesische Kung-Fu-Massage!!

 

Werner geht es zum Glück besser, so dass wir uns am Abend wieder gemeinsam ins Nachtleben von Vientiane stürzen. In einem originellen Lokal bleiben wir hängen, in dem mittels Beamer aktuelle Filme gezeigt wird. So delektieren wir uns zugleich an gutem Essen und dem Film „Gosford Park“ von Robert Altman.

 

Donnerstag,  2.1.     Vientiane – Phone Savan

Erneut müssen wir einiges hinsichtlich unserer Reiseplanung für die verbleibenden vier Wochen tun. Fahrt zur Botschaft von Myanmar, wo wir erfahren, dass das begehrte Visum frühestens nächste Woche zu erhalten sei. Schwierig, schwierig, wollten wir doch von Luang Prabang aus direkt nach Thailand fahren oder fliegen. In einer Art Reisebüro erhalten wir gute Beratung und werfen unsere Planung um. Nächsten Dienstag werden wir von Vientiane aus nach Chieng Mai in Thailand fliegen, vorher noch eine Rundfahrt durch den Norden von Laos unternehmen.

 

Dazu müssen wir leider einen erneuten Härtetest bestehen. Und zwar gleich heute noch, indem wir per Überlandbus nach Phone Savan aufbrechen, einer Stadt im zentralen Hochland. Die Härte besteht eigentlich nur darin, die ca. 300 km mit 11-stündiger Nachtfahrt einigermaßen zu überstehen. Nachdem noch etliche Kästen Beerlao im Fahrgastraum verstaut worden sind, geht es auch ziemlich pünktlich los.

 

Aber wie gesagt, uns erwartet kein Zuckerschlecken. Ganz im Gegenteil; wir haben wieder mal einen Fahrer Marke Helldriver erwischt. Ohne Rücksicht auf Verluste donnert dieser mit Vollgas durch die laotische Bergwelt und lässt uns Hören und Sehen vergehen. Eine Vollbremsung jagt die nächste. Zu allem Überfluss beginnt es auch noch zu gießen – mit unseren Rucksäcken auf dem Dach des Busses!

Nach vielen Stunden Horror und einigen Stoßgebeten laufen wir endlich gegen zwei Uhr in der Nacht in Phone Savan ein. Doch was nun? Die kleine Stadt befindet sich im Tiefschlaf. Weitere Überlegungen erledigen sich dann aber von selbst, da fast alle Passagiere (alles Einheimische außer uns) einfach im Bus sitzen bleiben und die Zeit bis zum Morgengrauen wegratzen. Bei mir ist – natürlich – mal wieder nichts mit Schlafen, zumal es bitter kalt ist und nur mein kleines Schmusekissen ein bisschen Wärme spendet.

 

Freitag,  3.1.

Endlich, kurz nach sechs wird es hell. Wir begeben uns moralisch etwas angefressen mit nassen Rucksäcken auf die Suche nach einer preiswerten Unterkunft. Erste Gesichter erscheinen an Fenstern und Türen, aber fündig werden wir bei unserer Suche zunächst nicht. Endlich entdecke ich etwas abseits ein Guesthouse, in dem gerade ein paar Rucksackleute auschecken. Somit ist das einfache Zimmer für 4$ sofort gebucht. Wir lassen uns vor Beziehen des Zimmers erst mal in einer Art Begegnungsraum nieder.

Mit dem Kong Keo Guesthouse haben wir wohl einen guten Griff getan, denn sogleich wird eine angenehme Travelleratmosphäre spürbar. Bei einer Tasse heißem Tee kommen wir ohne Anlaufschwierigkeiten mit ein paar Frühaufstehern ins Gespräch. U.a. mit einer Deutschen aus dem sauerländischen Olsberg, die mittlerweile in München lebt und (noch) bei Herrn Leo Kirch arbeitet.

 

Währenddessen kann ich bei der Guesthouseleitung in Erfahrung bringen, dass noch heute Vormittag eine Besichtigungsfahrt in die Umgebung unternommen werde und evtl. für uns sogar noch Platz im Minibus wäre.

Tatsächlich wird wenig später in dem recht engen Gefährt Platz für uns Zwei geschaffen, und wir sind, kaum dass wir uns von den nächtlichen Strapazen notdürftig erholt haben, schon wieder auf Achse. Grund unserer Reise hierher sind die „Ebenen der Tonkrüge“, welche Touristen überraschen und Forschern und Wissenschaftlern Rätsel aufgeben. Aus welchem Grund sind hier in der etwa 1 200m hohen Ebene vor ungefähr 2 000 Jahren riesige, z.T. tonnenschwere Krüge in die Landschaft gesetzt worden? Nicht einmal die Zusammensetzung des Herstellungsmaterials ist geklärt. Fragen über Fragen. Spekulationen gibt es viele. Für uns jedenfalls ein fesselnder Anblick der wild durcheinander postierten Gefäße inmitten einer an das Allgäu erinnernden Landschaft.

Was neben den zahlreichen Krügen noch interessiert, sind die unübersehbaren Kriegsschäden, die im Vietnamkrieg von den Amerikanern hier verursacht worden sind. Nein, offiziell haben sie ja hier nie Krieg geführt, und doch ist Laos das Land, das weltweit die meisten Bomben abbekommen hat! Grund ist u.a. der nahe Ho-Chi-Minh-Pfad. Überall befinden sich Bombenkrater und gesammeltes Kriegsmaterial, das z.T. sogar beim Hausbau verwendet wird. Stützpfeiler oder Feueröfen aus nicht explodierten Bomben!

Unsere Besichtigungstour erstreckt sich über mehrere Stunden, eine mittellange Wanderung eingeschlossen.

 

Ein Abstecher am Abend im Chinesischen Restaurant erweist sich als Niete. Ob die Besitzer wohl auch auf dem Markt eingekauft haben, wo wir heute Vormittag noch kurz gewesen sind? Dort hat es zur Abwechslung mal Marder, Dachse, Fledermäuse, Eichhörnchen, Ratten und sogar Katzen gegeben; alles an den Ständen aufgereiht und hübsch dekoriert.

 

Samstag,  4.1.     Phone Savan – Luang Prabang

Wie gut, dass wir vorgestern wegen der Dunkelheit während der nächtlichen Fahrt nicht viel erkennen konnten. Dann wär’s dank des rasenden Busfahrers sicher noch horrormäßiger gewesen. Eine atemberaubende Landschaft tut sich vor uns auf. Durch die führt eine schmale Straße, die – z.T. noch im Bau – an unbefestigten Abgründen vorbeiführt. Der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt.

Aber heute bei Tageslicht und ausgeruht ist die Fahrt wirklich ein Genuss. Für uns jedenfalls. Andere (einheimische) Fahrgäste sehen das nicht so und führen die buseigenen Kotztüten ihrer Bestimmung zu. 80% der laotischen Bevölkerung leben in Bergregionen, das Busfahren in selbigen vertragen sie aber offenbar nicht. Nichtsdestotrotz – ein herrlicher Ausblick auf großartige Bergmassive reiht sich an den nächsten.

Doch auch ich muss leiden, da ich mir schon wieder den Schädel an einem zu niedrigen Klotür-Pfosten eingeschlagen habe. Ich bin einfach zu groß für dieses Land.

 

Um halb fünf laufen wir in Luang Prabang ein. Schon wieder werden wir mit einem Weltkulturerbe der UNESCO konfrontiert. Die Stadt hat 30 000 Einwohner, liegt am Mekong und wird wegen der vielen Wats und seiner denkmalgeschützten alten Häuser als heimliche Hauptstadt von Laos angesehen. Auf jeden Fall ist hier viel mehr Atmosphäre als in Vientiane.

Davon können wir uns gleich bei unserem ersten Bummel vergewissern. Dass hier der Individual- und auch Pauschaltourismus fröhliche Urständ feiert, ist überall unübersehbar. Vor allem die Deutschen sind hier einzeln und in Gruppen überproportional vertreten. Auf der Hauptflaniermeile ist abends Highlife. Minoritätenmärkte mit toller Handwerkskunst und vielen gewebten oder gestickten Handarbeitsartikeln gesellen sich unter viel Remmidemmi mit Pfeilewerfen und x Fressbuden zum allgemeinen Abendrummel.

Unser Guesthouse ist zwar nicht überwältigend, aber für 7$ haben wir immerhin große und überaus bequeme Betten.

 

Sonntag,  5.1.

Zum Weltkulturerbe gehört auch ein entsprechendes Kulturprogramm. So verschaffen wir uns von einem im Zentrum gelegenen Berg mit dazugehörigem Wat einen guten Überblick. Leider wird der Genuss durch zwei Faktoren getrübt. Zum einen beginnt es zu regnen, und zum zweiten stelle ich fest, dass ich meinen geliebten Angkor-Ring verloren habe, einen Bronzering, den ich in Siem Reap gekauft hatte und der angeblich aus dem 11. Jahrhundert stammte.

Die weiteren Besichtigungspunkte sind leider auch ein bisschen von Tristesse geprägt. Vor allem der zunehmende Regen und der leider geschlossene ehemalige Königspalast tragen dazu bei. Ein wenig Aufmunterung bringen höchstens die immer neu aufkommenden Gespräche mit vielseitig interessierten jungen Mönchen oder das Wiedertreffen von Backpackern, die wir andernorts innerhalb
unserer Reise schon getroffen haben.

 

Das Stimmungsbarometer steigt erst wieder beim Gang entlang der Minoritäten-stände, wo wir bei einigen wunderbar gearbeiteten Stücken wie gewebten Tischdecken oder gestickten Kopfkissenbezügen nicht nein sagen können.

Dann am Abend gibt’s aber doch noch einen kulturellen und kulinarischen Hochgenuss. Durch ein Werbeblatt auf eine Veranstaltung aufmerksam gemacht, besuchen wir die etwas abseits gelegene Villa Sinxay, in der es heute Abend Folkore und ein laotisches Büffet zum Preis von 5$ gibt. Beides ist Spitze. Während der Tanz- und Musikvorführungen mit schönen Mädels in schönen Trachten schlagen wir uns die Mägen mit wirklich tollem Essen voll. „All you can eat” ist angesagt.

 

Montag,  6.1.     Luang Prabang - Vientiane

Die Karawane zieht weiter, könnte das Motto des heutigen Tages lauten. Viel mehr passiert auch nicht. Busfahrt von Luang Prabang nach Vientiane (280 km) durch wunderschöne Berglandschaft, aber dadurch langsames Vorankommen (trotz „VIP“-Bus). Neun Stunden muss ich in konstantem Zugwind ausharren, bis wir Vientiane gegen Abend erreichen. Wieder war kein Zimmer im angepeilten Guesthouse zu bekommen, dafür dann zwei Seitenstraßen weiter ein Dreibettzimmer immerhin mit warmer und gut funktionierender Dusche.

Am Abend vergnügen wir uns noch einmal in dem schönen Biergarten, den wir noch von letzter Woche in guter Erinnerung haben, um anschließend in einer Tanzbar zu versacken.

 

 

 

Geografische Eckdaten zu Thailand:

Fläche:    513 115 km2   (Deutschland:  356 970 km2)

Einwohnerzahl:    61,2 Mio.  (Deutschland: 82 Mio.)

Hauptstadt:    Bangkok  (5,8 Mio. EW)

Bevölkerung:   75% Thai, 14% Chinesen, 3% Malaien, 8% Khmer, Miao, Karen und andere

Sprachen:   Thai (Amtssprache), Englisch, Chinesisch, Malaisch

Religion:   95% Buddhisten, 3,8% Moslems, 1,2% Andere

Klima:   Das Klima Thailands ist tropisch-monsunal.

Lage:   Südostasien

Benachbarte Gebiete:   Thailand grenzt im Westen und Nordwesten an Myanmar, im Norden und Osten an Laos, im Südosten an Kambodscha und im Süden an Malaysia.

 

Dienstag,  7.1.     Vientiane – Chiang Mai (Thailand)

Verrückte Welt. Gestern haben wir uns in neunstündiger Busfahrt von Luang Prabang nach Vientiane gequält. Heute besteigen wir dort ein Flugzeug der Lao Aviation und landen eine halbe Stunde später wieder in Luang Prabang. Hier haben wir aber nur eine Zwischenlandung; einige Minuten später jetten wir weiter nach Chiang Mai/Thailand.

Grund für den Umstand war das Myanmar Visum, das die Botschaft letzte Woche nicht innerhalb eines Tages ausstellen konnte/wollte. Deshalb also noch einmal der lästige Trip in die Hauptstadt.

 

Landung in Chiang Mai gegen 13 Uhr. Vor 25 Jahren bin ich schon einmal hier gewesen. Mal sehen, was ich noch wiedererkennen kann.

Am Flughafen lassen wir uns für ein relativ preiswertes Hotel mit Swimmingpool (Chatree Hotel, 12$) anheuern. Der Transfer dorthin ist auch mit drin. Wichtiger allerdings ist, dass wir bei derselben Agentur gleich den Weiterflug nach Mandalay in Myanmar für Donnerstag bekommen, und das zu einem sehr moderaten Preis (ca. 80$). Eine Einreise auf dem Landweg ist nur in Ausnahmen möglich, so dass wir auf das Flugzeug angewiesen sind.

 

Chiang Mai ist in wenigen Minuten erreicht. Schnell wird klar, dass der Kontrast zu unseren vorherigen Zielen enorm ist. Hier ist eine pulsierende Großstadt, deren Einwohnerzahl in meinem 30 Jahre alten Polyglott-Führer mit 80 000 angegeben wird. Ich würde mittlerweile mal auf das Dreifache tippen.

In unserem Taxi sitzt außer uns noch ein deutscher Opa in fescher Thai-Begleitung. Der Altersunterschied dürfte bei etwa 40 Jahren liegen. Solch ungleiche Zusammensetzungen hatten wir auch in den Ländern vorher öfter beobachtet, auch hatte ich auf meiner Reise vor einem Vierteljahrhundert solche Konstellationen etwas befremdet zur Kenntnis genommen. Aber mit Geld geht eben (fast) alles.

Das Chatree Hotel gefällt uns sehr gut, vor allem der große Pool, in den ich mich gleich nach der Ankunft stürze. Werner will erst mal versuchen, seine übrigen Kip, die er in Laos zu viel getauscht hatte – immerhin im Wert von 150$ – in Baht umzutauschen. Ärgerlicherweise ohne Erfolg, da der Kip hier anscheinend ohne Wert ist und nirgends akzeptiert wird.

 

Nach dem Dunkelwerden stürzen wir uns dann erstmals ins Nachtleben von Chiang Mai. Nachdem wir die von einer Stadtmauer und einem Wassergraben umrahmte Altstadt mit etlichen Wats durchquert haben, nähern wir uns dem berühmten Nachtbazar. Erste Geschäfte und Stände: die Turbulenzen werden stärker. Einem Sinnesrausch gleich taumeln wir kurze Zeit später förmlich durch das nächtliche Geschehen, das von Menschenmassen, tollen Geschäften und Märkten sowie einem unaufhörlichen Verkehrsstrom geprägt ist. Vor allem die unglaubliche Vielfalt verführerischer Souvenirs versetzt uns in Verzückung – angefangen von antiken Kunstschätzen, über Handwerksarbeiten aller Art bis hin zu Unmengen gefälschter Markenklamotten, CD’s, Parfüms usw. Dass Mc Donald’s (unser erster!), Pizza Hut, KFC und wie sie alle heißen, in dem Gewühl nicht fehlen dürfen, ist fast selbstverständlich. Mittendrin dann wieder große Kontraste: junge und alte Frauen in wunderbaren Trachten, Angehörige umliegender Bergvölker, die versuchen, ihre Handwerkskunst den zahlreichen und zahlungskräftigen Kunden näher zu bringen. Irgendwo mittendrin eine Folkoreshow oder eine Vorführung von Thai-Kickboxen. Und die Krönung ist das Münchener Hofbräuhaus, in dem die hübschen (Thai-)Damen natürlich zünftig in bayerischer Tracht bedienen!

In einem Gartenrestaurant etwas abseits des bunten Treibens müssen wir all die Eindrücke erst mal verdauen. Leider ist das Bier hier sehr teuer, aber ein äußerst leckerer Fruchtdrink tut’s auch.

 

 

Mittwoch,  8.1.

Ein Sprung in den kühlen Pool und ein edles Frühstücksbüffet, ja so mögen wir das! Aber morgen, wenn es nach Myanmar geht, ist’s vorbei mit dem Luxus.

Werner geht heute alleine auf die Pirsch – immer noch in der Hoffnung, die blöden Kip loszuwerden.

Ich hingegen miete mir für günstige 3,5$ ein Honda-Motorrädchen und schnurre einfach mal los. Vorsicht Linksverkehr, aber es geht ohne Probleme. Erste Station ist das größte Wat in der Altstadt, wieder einmal mit überlebensgroßen golden leuchtenden Buddhas. Eigenartigerweise ist im Tempel eine Art Restaurant installiert. Gegessen wird auf dem Boden.

In einem gigantischen Einkaufszentrum wenige hundert Meter weiter bleibe ich anschließend für eine Weile hängen, ebenso in einer Computerladenstraße. Dort werde ich bei (wieder einmal) illegal hergestellter Software aufs Neue fündig.

Aber jetzt wird’s richtig toll. In meinem antiquierten Führer hatte ich eine Sehenswürdigkeit ausgemacht, die ich auch damals in jungen Jahren besucht hatte. Also nichts wie hin. Die gewaltige Phrathat Doi Suthep Tempelanlage liegt hoch über Chiang Mai auf einem gar nicht weit entfernten Berg. Immerhin geht es mit meinem motorisierten Zweirad auf über 1300 m. In leuchtender Nachmittagssonne bestaune ich genau wie damals die vielen glänzenden Figuren, Stupas, Glocken, Fresken und dergleichen mehr. Ich bin begeistert.

Zum Schmunzeln finde ich allerdings, dass neben dem von zwei siebenköpfigen steinernen Schlangen gesäumten Aufgang die Technik Einzug gehalten hat. Da haben die gehfaulen Thais doch tatsächlich eine Kabinenbahn für die paar Meter nach oben gebaut! Den Gag lasse ich mir nicht entgehen, wenn’s auch viel weniger stilvoll ist. Der Besucherandrang ist recht beachtlich, ebenso die Anzahl der Verkaufsstände. Immerhin finde ich hier Ersatz für meinen verloren gegangenen Angkor Ring. Nämlich einen grün-melierten Jadering für gerade mal 80 Cent.

Weiter geht’s „mit’m Moppet“ zum Königspalast, der noch höher als das Wat liegt, aber nicht besichtigt werden kann, da der König gerade zu Hause ist. Und noch ein paar Kilometer weiter gerate ich in ein richtiges „Eingeborenendorf“. In der Tat leben hier original „Mong-Hilltribes“, manche tragen sogar Trachten; natürlich ist jedoch alles auf den überbordenden Tourismus zugeschnitten.

In sehr flotter Fahrt fahre ich die unzähligen Serpentinen wieder hinunter in wärmere Gefilde und treffe Werner mit 20 Minuten Verspätung vorm „Mac Doof“. Noch einmal stürzen wir uns ins Nachtmarktgewimmel. Beschreibung siehe gestern.

 

 

 

Geografische Eckdaten zu Myanmar (ehem. Burma):

Fläche:    676 552 km2   (Deutschland:  356 970 km2)

Einwohnerzahl:   48,9 Mio.  (Deutschland: 82 Mio.)

Hauptstadt:   Yangon (ehem. Rangun)  (2,5 Mio. EW)

Bevölkerung:   68% Birmanen, 9% Schan, 7% Karen, 16% Andere

Sprachen:   Birmanisch (Amtssprache) sowie weitere eigene Sprachen

Religion:   89% Buddhisten. 4% Moslems, 3% Baptisten, 1% Katholiken, 3% Andere

Klima:   Das Klima Myanmars ist tropisch-monsunal.

Lage:   Südostasien

Benachbarte Gebiete:   Myanmar grenzt im Norden und Osten an China, im Osten an Laos und Thailand, im Süden an das Andamanische Meer und im Westen an den Golf von Bengalen sowie an Bangladesh und Indien.

 

 

Donnerstag,  9.1.     Chiang Mai – Mandalay (Myanmar)

Mit einer zweimotorigen Propellermaschine der Air Mandalay starten wir superpünktlich in Richtung Myanmar. Aussicht und Wetter sind gut. Langsam wechselt das von endlosen Wäldern überzogene Bergland in eine große Ebene. Der Inle-See, eine besondere touristische Attraktion, ist gut zu erkennen. Auf dem Boden werden wir es mit dem Erreichen des Sees in ein paar Tagen wohl nicht so leicht haben.

 

Nach der Landung müssen wir erst einmal die Uhren um eine halbe Stunde zurückstellen. Eine eigenartige Zeitzonenregelung, von der ich vorher noch nie gehört habe.

Es folgt eine erfreulich unkomplizierte Flughafenabfertigung. Nach unseren Handys wird nicht  einmal gefragt. Panikmache vorher in allen Publikationen:  Handys werden konfisziert, möglicherweise bei der Ausreise nicht wieder ausgehändigt usw.

Das einzige Ärgernis ist die Tatsache, dass wir trotz dezentem Hinweis auf ein mögliches „Present“ 200$ in sog. FEC tauschen müssen (= Foreign Exchange Currency). Manchmal werden mit einem Bakschisch-Scheinchen die 200$ FEC erlassen. Mit dieser Sonderwährung kann man z.B. Hotels oder Fahrscheine bezahlen. Daran verdient der Staat nicht schlecht, da der Kurs des normalen Dollars auf dem Schwarzmarkt  wesentlich mehr bringt.

 

Dass wir uns in einem diktatorischen Regime befinden, merken wir neben dieser Zwangsmaßnahme auch vor dem Flughafengebäude, als es ums Erreichen der 60000 Einwohnerstadt Mandalay geht. Alles scheint staatlich reglementiert, selbst das Transportwesen. Der Einheitspreis beträgt 4$ pro Person per Taxi in die Innenstadt, die allerdings auch 40 km weit weg ist. Dennoch müssen sich alle Mitreisenden erst mal an den rauen  Wind gewöhnen, der uns hier zu Beginn entgegenbläst.

 

Militärdiktatur hin oder her. Wir kommen mit unserem netten Taxifahrer schnell ins Gespräch und freuen uns auf zweieinhalb Wochen Myanmar, auf eines der schönsten und interessantesten Länder Südostasiens. Erst seit kurzem kann man so problemlos das Land bereisen, wie dies jetzt der Fall ist. Und da die Werbetrommel für das Land in letzter Zeit immer stärker gerührt wird und Pauschal- wie Individualreisende in immer größerer Zahl hierher kommen, sind wir froh, es noch in diesem relativ frühen Stadium erleben zu können, touristisch gesehen.

Wenn ich eben von Südostasien gesprochen habe, so ist das zwar geografisch korrekt, aber schon die ersten Eindrücke machen klar, dass hier eine viel größere Nähe zu Indien oder Bangladesh besteht als beispielsweise zu Thailand. Was für Gegensätze zu dem geschmeidigen, hochentwickelten Thailand tun sich schon auf den ersten Kilometern auf. Alles erinnert mich an beste Indienzeiten. Hier ein Ochsenkarren, dort ein Pferdegespann auf Straßen mit kaum vorhandener Bodendecke, dunkelhäutige Männer und Frauen in Wickelröcken, Dreck und Abfall soweit das Auge reicht und eine alles andere als gestylte City, in der nach Einsetzen der Dunkelheit kaum noch etwas zu erkennen ist. Einmal wegen des Smogs und Staubes und zum anderen wegen der weitgehend fehlenden Straßenbeleuchtung.

Aber was fasziniert mich so daran? Möglicherweise sind es die so freundlichen Menschen und deren ehrliche, unverdorbene Art. Oder vielleicht ist es einfach nur das kaum beschreibbare Lebensgefühl, das mich auch während meiner Indientour so für Land und Leute eingenommen hat.

 

Im Hotel E.T. bekommen wir für 12$ einschließlich Frühstück ein recht schönes Zimmer im 4.Stock mit Blick über einen Teil der Stadt.

Natürlich müssen wir noch einmal losziehen, um unser neues Reiseziel etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Wir landen auf einem spärlich beleuchteten Nachtmarkt, der mit dem von gestern und vorgestern in Thailand nur den Namen gemeinsam hat. Aber hier ist eben alles ein paar Nummern kleiner und einfacher. Leider bedrängen uns mehrfach ein paar aufdringliche Bettler.

Damit wir nicht mit leeren Mägen ins Hotel zurück müssen, lassen wir uns noch in einem der wenigen Lokale nieder. Dort werden wir bestens verköstigt mit Ente und Myanmar-Bier, alles zu gewohnt niedrigen Preisen. Zu Hilfe kommt uns dabei allerdings die Tatsache, dass der Kyat mehr oder weniger im freien Fall ist. Wir haben für ein paar Dollar gleich an unserer Hotelrezeption Riesenbündel von einheimischen Geldscheinen bekommen.

Beim nächtlichen Klogang versuche ich, durch einen Blick aus dem Fenster die immer noch laute Geräuschkulisse draußen zu orten, gerate dabei mit meinem Zinken zu nahe an eine vorstehende Glaslamelle und ziehe mir eine tiefe Schnittwunde an der Nasenwurzel zu. Ein bleibendes, aber überflüssiges Souvenir aus Mandalay.

 

Freitag,  10.1.

Mit zwei altersschwachen chinesischen Hotelfahrrädern starten wir unseren heutigen Informations- und Besichtigungstag. Am Ayeyarwady-Fluss lokalisieren wir zunächst die Transportmöglichkeiten für die nächsten Tage, wobei wegen der burmesischen Schrift alles etwas schwierig ist. Aber irgendjemand, der ein bisschen Englisch spricht, findet sich immer. Auch jemanden, der meinen platten Hinterreifen aufpumpt. Zurück zum Hotel, Reifen flicken lassen, während Werner und ich für einige Zeit in eine der vielen Pagoden eintauchen und anschließend noch auf Kunsthandwerk- und Motivsuche in den riesig großen Zeigyo-Zentralmarkt gehen.

Das Fahrrad ist wieder startklar. Wir orientieren uns nach Norden Richtung Königspalast und Mandalay Hill. Der Palast ist leider gegen Ende des Zweiten Weltkrieges abgebrannt, so dass wir Kurs auf den Ort mit dem schönsten Ausblick und dem tollsten Sonnenuntergang der Stadt nehmen.

Bevor es aber dazu kommt, bleiben wir noch für eine ganze Weile an der Sanda-mani-Paya-Tempelanlage hängen. Zahllose weißgetünchte Stupas umrahmen die imposante Anlage; riesige Buddhastatuen sind allerorten anzutreffen. Die große Pracht beeindruckt uns sehr.

Zum Mandalay Hill gelangt man über eine große Treppe, die wir jedoch tunlichst umfahren. Wir steigen mit unseren Rädern hinten auf – ohne den obligatorischen Eintritt von zusammen 8$/FEC.
Auf der Spitze des 240 m hohen Hügels ist reichlich viel los. Es wird deutlich, dass wir nicht die einzigen Touristen in der Stadt sind. Erst recht, als die Sonne publikumswirksam wie ein Feuerball hinterm Ayeyarwady verschwindet. Ein wirklich spektakuläres Ereignis – trotz der Menschenmengen.

 

In einem Thai-Restaurant lassen wir es uns bei schnell hereingebrochener Dunkelheit gut gehen, wobei die regelmäßigen Stromausfälle zwar immer wieder die Beleuchtung zum Erliegen bringen, was aber unserem Genuss keinen Abbruch tut.

 

Um halb neun müssen wir schon wieder an einem anderen Schauplatz sein. Ich habe Karten für das berühmte Marionettentheater bestellt. Mit leichter Verspätung laufen wir ein, haben gute Plätze in dem hübschen, kleinen Theater und lassen uns eine Stunde lang mit Musik, Tanz und vor allem der Marionettenvorführung unterhalten.

 

Samstag,  11.1.

Es gibt drei alte Königsstädte etwas außerhalb von Mandalay. Zwei von ihnen möchten wir heute besichtigen, die Sagaing- und die Inwa- (Ava-) Königsstadt. Dazu haben wir zur Abwechslung einen Fahrer samt Toyota gemietet. Erfreulicherweise spricht der aufgeschlossene und kompetente Mann gutes Englisch, so dass einer interessanten Konversation nichts im Wege steht.

Auf den Straßen von Mandalay wimmelt es nur so von schick uniformierten Polizisten. Dies ist sicher auch Ausdruck für einen alles kontrollierenden Polizeistaat.

Bevor es in die antiken Stätten geht, besichtigen wir eine Holzschnitzerwerkstatt, die allerlei Handwerkskunst zu bieten hat. Werner kann nicht mehr widerstehen und kauft sich endlich „seine“ Skulptur, eine etwa 60 Jahre alte liegende Vishnu-Figur. Dazu einen aufwändig gearbeiteten Wandteppich mit Horoskopdarstellungen. Übers Gewicht sprechen wir lieber nicht. Meine „Beute“ ist eine wunderschöne Marionette im klassisch burmesischen Stil für lachhafte 3$.

Im bequemen Toyota lassen wir uns dann zur 1,2 km langen U-Bein-Brücke chauffieren, der längsten (Teak-)Holzbrücke der Welt. In Begleitung zweier Jungs, die uns nicht ohne Erfolg ein paar Jadeketten verkaufen wollen, überqueren wir die schmale Fußgängerbrücke. Und wir kommen aus dem Staunen über die Vielzahl der immer prachtvolleren Pagoden, die unseren Weg säumen, nicht heraus. Ich will hier nicht alle Einzelheiten beschreiben, aber das Szenario ist grandios, egal in welche Richtung man seinen Blick richtet. Selbiges gilt für den gesamten Sagaing-Bereich.
Herrliche Aussichtspunkte steigern unsere Begeisterung noch.

Um zur Inwa-Königsstadt zu gelangen, müssen wir mit einer primitiven Fähre zu einer im Fluss gelegenen Insel übersetzen. Dort steigen wir in eine Kalesche um, die uns auf unsäglich schlechten Wegen zur ersten Sehenswürdigkeit kutschiert. Es handelt sich um ein Kloster, das komplett aus Teak gebaut ist und das die 160 Jahre seines Bestehens ohne Brand und Erdbeben überdauert hat. Sehr beeindruckend!

Beeindruckend auch die Massen von Souvenirverkäuferinnen, deren Hartnäckigkeit manchmal bis an die Schmerzgrenze reicht. Ihr „Lucky Money“ kann ich irgendwann nicht mehr hören.

Zu erwähnen während unserer Inselrundfahrt wäre noch der „Schiefe Turm von Inwa“, ein ehemaliger 27 m hoher Wachturm, der wirklich abenteuerlich schief ist. Irgendwelche Schutzvorrichtungen gibt es natürlich nicht. Die Inselbewohner am Fähranleger begucken uns, als wären wir von einem anderen Stern. Aber nicht viel anders verhalten wir uns, z.B. beim Anblick der vielen rauchenden Frauen, wobei diese meist schon ziemlich alt sind und richtig dicke Zigarren im Mundwinkel haben. Wenn das kein Foto wert ist...

Kurz vorm Sonnenuntergang sind wir wieder am Hotel, glücklich über die Entscheidung, für die heutige Tour einen Fahrer gemietet zu haben. Dank ans Hotel E.T. Die 20 Dollar haben sich wirklich gelohnt!

 

Sonntag,  12.1.

Die billigen Hotelfahrräder leisten auch heute wieder gute Dienste. Verlässt man eine der etwas befestigteren Straßen, taucht man gleich in eine andere Welt ein. Wir sehen einfachste Hütten neben großen Sägewerken, wo mit teilweise mittelalterlichen Methoden gearbeitet wird. Teak ist hier die favorisierte Holzart – ob die wuchtigen Stämme wohl aus kontrollierten Plantagen kommen?!

Beim Inland Water Transport Office buchen wir für morgen zwei Plätze auf der Mandalay-Bagan-Fähre. Leider zu hohen Preisen von 16$ p.P. Immerhin können wir hier unsere vermaledeiten FEC – Ersatzdollar einsetzen.

Ein paar Meter weiter ist der Anleger für die Boote nach Mingun, der dritten alten Königsstadt, die auf unserem heutigen Besichtigungsplan steht. Da wir Touristen sind, dürfen wir nicht mit den Einheimischen fahren, sondern müssen für 8 000 Kyat ein ganzes Boot chartern. So fahren wir mal wieder mit einem „eigenen“ Boot. Ist auch ganz schön, zumal wir unsere Räder mitnehmen können.

Wir tuckern gemächlich auf dem Ayeyarwady dahin, betrachten das archaische Leben auf beiden Ufern bzw. auf dem Fluss und landen schließlich in Mingun an. Hierher kommen natürlich auch die organisierten Touristengruppen, so dass der Business-Stress nicht ausbleibt. Man muss schon aufpassen, dass man überhaupt die Sehenswürdigkeiten zu Gesicht bekommt, so sehr wird man von den Verkäufern bedrängt. Und wieder werden wir schwach. Jeweils zwei Wandteppiche, Marionetten und Wickelkostüme wechseln die Besitzer, alles schön brüderlich geteilt zwischen Werner und mir.

 

Aber natürlich hat Mingun noch mehr zu bieten. Vor allem die höchste Stupa der Welt - wenn der Erbauer nicht 1819 gestorben wäre und so der Ziegelbau nur ein Drittel seiner ursprünglichen Größe mit nunmehr 50 m erreicht hätte. Immerhin noch ganz kolossal dieser vielleicht größte Ziegelhaufen der Welt, von dem man eine schöne Rundsicht hat.

 

Gleich nebenan erwartet uns noch ein Superlativ, nämlich die zweitgrößte Glocke der Welt mit einem Gewicht von 90 Tonnen. Eine wieder einmal faszinierende weißleuchtende Pagode wird nur noch der Form halber erwähnt. Denn Sakralbauwerke gibt es ja hier wie Sand am Meer.

Myanmar ist ein „In“-Ziel. Selbst das Deutsche Fernsehen ist hier mit einem Filmteam vertreten, das wir während deren Mittagspause beobachten können.

Nachdem wir Mandalay mit unserem Privatboot wieder erreicht haben, steuern wir auf ein Riesenrad zu, das wir am Flussufer ausgemacht hatten. Für ein paar Kyat, für uns also gerade mal Pfennige, betreten wir den „Citipark“. Hier gibt es einige wenige Fahrgeräte; ansonsten aber ist der Park in einem erbärmlichen Zustand. Auch der Besucherstrom ist mehr als spärlich. Werner und ich machen uns den Spaß, einmal mit einer Art Mini-Achterbahn zu fahren und – viel schöner – eine Runde im Riesenrad zu drehen. Es geht im Zeitlupentempo, wodurch man aber einen tollen Blick über die Stadt, den Fluss und die Umgebung hat.

Am Abend trösten wir mit ein paar Mandalay- und Tiger-Bier vom Fass über den unerträglichen Abgasgestank und Smog in den düsteren Straßen sowie die überall ohrenbetäubenden Lautsprecher hinweg.

 

Montag,  13.1.     Mandalay - Bagan

Der Wecker läutet noch vor dem nahen Ruf des Muezzin um fünf in der Frühe. In nur neun Stunden sollen wir Bagan erreichen. Das schaffen weder Bus noch Bahn, sondern nur unser Hochgeschwindigkeitsschiff, das pünktlich um sechs Uhr ablegt. Wegen der hohen Beförderungskosten sieht man an Deck fast nur „Foreigners“; für die allermeisten „Local People“ ist die Fahrt sicher unerschwinglich.

So geh es in schneller und bequemer Fahrt in Richtung Bagan oder Pagan, neben Angkor Wat wohl der zweite kulturelle Höhepunkt unserer Reise.

 

Über den Zickzackkurs unseres Schiffes hatte ich mich während der Reise wohl ein paar Mal gewundert, aber am frühen Nachmittag wird dessen Grund klar. Der Ayeyarwady führt jetzt in der Trockenzeit so wenig Wasser, dass der Schiffsführer haargenau steuern muss. Bei Unklarheit stochern ein paar Angestellte mit langen Bambusrohren im seichten Fluss, um die Tiefe zu messen. Aber dann erwischt es uns doch. Wir sind aufgelaufen. Und wie soll man solch ein Gefährt wieder flott kriegen? Mit vereinten Kräften geben ein paar Männer im Fluss ihr Bestes, aber vergebens. Erst als ein großer Pott vorbeikommt, ist Rettung in Sicht. Und endlich nach eineinhalbstündiger Prozedur ist unser Schiff wieder fahrtüchtig.

 

In Folge der Zwangspause kommen wir erst kurz vorm Dunkelwerden in Bagan an. Dann muss auch noch von allen Fahrgästen ein Ticket erworben werden, das zum Eintritt in die Sehenswürdigkeiten berechtigt (10$/FEC). Lästig, lästig, zumal jedes Mal die Passnummer auf irgendeinem Formular eingetragen werden muss.

Mit einer Pferdedroschke fahren wir endlich zu dem von uns angepeilten Hotel, dem Taung Za Lat, welches das hält, was der aktualisierte Loose verspricht. Ein (fast) neues Hotel inmitten eines großen Gartens, das mit 12$ (einschl. Frühstück) ein gutes Preis-Leistungsverhältnis bietet. Um uns herum herrscht Tourismus pur. Anscheinend ist hier alles auf die Pagoden und den damit verbundenen Tourismus ausgerichtet. Na, dann sind wir mal auf das gespannt, was uns morgen bei Tageslicht erwartet.

 

 

Dienstag,  14.1.

Über Bagan hatte ich schon einiges im Fernsehen gesehen, zuletzt bei VOX-Tours. Doch wie immer verblasst das Produkt aus der Konserve hinter dem, was man mit eigenen Augen sieht und in seinem Hirn speichert. So erging es mir vor allem beim Anblick des Grand Canyon, und so erlebe ich es auch hier. Man wähnt sich auf einem anderen Stern. Was hier vor knapp einem Jahrtausend geschaffen worden ist, lässt sich schwer mit Worten beschreiben. Pagode an Pagode, Tempel an Tempel, Stupa an Stupa. Eins prachtvoller als das andere. Erst aus erhöhter Aussichtsposition wird das ganze Ausmaß deutlich. Was können Worte oder Fotos davon wiedergeben?

Weltlicher geht es allerdings in so manch einer Pagode zu, nämlich da, wo wieder knallhartes Business angesagt ist. In einer mit einer goldenen Kuppel geschmückten Pagode ist es besonders schlimm. Wie die Hyänen stürzen sich die Verkäufer auf den nichts Böses ahnenden Touri. Doch halt, hier gibt es auch gewichtsarme Mitbringsel, und zwar der edleren Sorte. Im Klartext: Hier werden uns hinter vorgehaltener Hand schön geschliffene Rubine und Saphire angeboten. Nachdem Werner schon heute Vormittag im Markt von Nyaung einen Rubin von 85 auf 25$ herunter gehandelt hatte, sind wir für das Thema sensibilisiert.

Und wirklich, das Handelsgebaren nimmt größere Ausmaße an. Nicht nur auf unser Bares sind die Händler scharf, sondern auch auf Sonnenbrillen, Kappen und Uhren. Als wären diese von außerordentlicher Qualität, nur weil sie von außerhalb kommen. Das ist ja wie in besten DDR-Zeiten! Immerhin setzen Werner und ich unseren Weg ohne Kappen und Sonnenbrillen, Werner auch ohne Armbanduhr fort. Dafür aber um zwei, drei Steine reicher. Nach Zuzahlung etlicher (FEC-/Bar-)Dollars, versteht sich.

Einigermaßen erholt von dem aufreibenden Treiben, setzen wir mit unseren geliehenen „Forever“-Rädern made in China unseren Weg fort, treffen den einen oder anderen Traveller vom Schiff und werden plötzlich eines Heißluftballons gewahr. Selbiger hatte auch in der VOX-Tours-Reisesendung mitgespielt. Wer würde da nicht gerne mitfliegen, aber 300$ pro Person? Ohne Kommentar!

 

In unserem wirklich empfehlenswerten Hotel können wir auf der Veranda unseres Zimmers gut relaxen. Gespräche mit Nachbarn aus Hamburg tragen zur Entspannung bei. Leider meldet mein Darm „Alarm“. Was ich befürchtet hatte, ist eingetreten. Eine höchst überflüssige Magen-Darm-Infektion sorgt für eine allzu flotte Verdauung.

 

 

Mittwoch,  15.1.

Heute also noch einmal Kultur pur. Von Nyaung mit dem Rad nach Neu-Bagan und von dort nach Alt-Bagan, dem eigentlichen Zentrum der Pagoden. Die Anzahl der unterwegs passierten Bauwerke nimmt inflationäre Ausmaße an. Wir beschränken uns bei der Besichtigung auf die imposantesten.

Ein Ärgernis am Rande ist die Halsabschneiderei beim riesig großen Archäologischen Museum. Nachdem wir ja schon nach unserer Ankunft in Bagan 10$ gelöhnt hatten, will man uns jetzt hier noch einmal 3$ aus der Tasche ziehen. Für Einheimische 100 Kyat, also nur ein Dreißigstel. Wir verzichten dankend. Und nach so viel Kultur ist dann auch irgendwann die Luft raus. Genauso wie beim Vorderrad meines Fahrrades.

Ein Marktintermezzo tut da gut. Hier wird allemal für viel Abwechslung gesorgt.

Eine Abwechslung besonderer Art ist ein an uns vorbeiziehender bizarrer Beerdigungszug, der eher an eine fröhliche Kaffeegesellschaft erinnert als an ein Totengeleit.

Ich habe den Verdacht, dass die Sonnencreme, die ich mir gestern gekauft habe, wie so vieles andere auch „Fake“ ist, also eine Fälschung. Bei Lichtschutzfaktor 35 dürfte meine Haut eigentlich nicht so stark gerötet sein, wie sie es am Spätnachmittag ist.

Werner vergnügt sich längere Zeit mit den Damen vom gestrigen Pagoden-Verkaufsstand (Stichwort „Edelsteingeschäfte“). Diesmal läuft aber alles auf Tauschbasis, etwa nach dem Motto „ausgediente Polohemden gegen gewichtsträchtige
Opiumwaage“. Währenddessen genieße ich unsere schöne Veranda bei einem Plausch mit dem netten Hamburger Polizistenpärchen.

 

Mein Durchfall ist noch genau wie gestern, so dass ich  mich beim abendlichen Gang zum Inder auf eine Schale fast kalten Reis und ein paar Tassen chinesischen Tee beschränken muss. Das einzig Gute daran ist, dass beides gratis ist, während Werner eine verhältnismäßig hohe Rechnung hat. So hat meine Diarrhöe bewirkt, dass ich einen Tag lang nullkomma gar nichts für Essen und Trinken ausgegeben habe. Das Frühstück war ja im Zimmerpreis drin.

 

Donnerstag,  16.1.     Bagan – Schwenyaung (Inle-See)

Wie organisierte Nobeltouristen lassen wir uns heute von unserem Hotel aus zum Inle-See chauffieren. Schuld waren die vielen unterschiedlichen und verwirrenden Informationen aus dem Loose-Führer bzw. von Travellern, wonach mehrmaliges Umsteigen bei der Busfahrt unvermeidlich und alles extrem stressig sei. Und es ist bekannt, dass das individuelle Reisen in Myanmar außerordentlich beschwerlich ist. Also haben wir uns nach mehreren Preisvergleichen für 70$ (!) ein Auto mit Fahrer, genau genommen mit 2 Fahrern, geleistet. Immer noch deutlich billiger als Fliegen. Außerdem ist ein einstündiger Stopp beim Mount Popa mit drin, was mit dem Bus nicht möglich gewesen wäre.

Nach einer Stunde sehen wir den Vulkankegel des heiligen Popa-Berges aus der Ebene aufragen. Auf dessen Spitze liegt ein Kloster, das wir schnellen Schrittes erklimmen. Unterwegs sind Horden niedlicher Äffchen unsere Wegbegleiter. Wie nicht anders zu erwarten, hat man von oben einen wunderbaren Rundumblick.

Ab Thazi wird’s’s straßenmäßig richtig heftig. Es geht ins Gebirge, und zwar auf kaum zu beschreibenden Straßen oder wie man ein solch löchriges, schmales, kurviges Etwas sonst bezeichnen könnte. Ständig kommt uns ein Bus oder ein in Abgasschwaden gehüllter LKW entgegen. An ein gleichmäßiges Vorwärtskommen ist nicht zu denken. Von fünf bis sechs Stunden war die Rede gewesen,. Letztlich laufen wir in Schwenyaung um sieben Uhr abends ein, also nach genau elf Stunden Fahrt.

 

Leider sind die „Vier Schwestern“ belegt, so dass wir ausweichen müssen. Im Shwe Hintha Guest House lassen wir uns für diese Nacht in einer allerdings eher unerfreulichen Absteige für 10$ incl. Frühstück nieder. Bei den „4 Sisters“ nehmen wir dann aber immerhin noch das Dinner ein, ein Menü, bei dem der Gast am Schluss selbst entscheiden kann/muss, wieviel er zahlen möchte. Das hatten wir noch nicht. Auch sonst ist hier alles ziemlich unkonventionell. Ludwig, der eingeheiratete etwa 65-jährige Nürnberger, begrüßt uns gleich heftig in fränkischem Dialekt und stellt uns eine der Schwestern als seine Frau vor. Die etwa 35-jährige hübsche Burmesin vom Stamme der Intha spricht auch etwas Deutsch, da sie ein halbes Jahr hier und das andere halbe Jahr in Deutschland verlebt.

Traveller vor allem aus Deutschland lassen auch sonst keine Langeweile aufkommen, so dass wir gleich für morgen ein Zimmer buchen. Hier lässt es sich bestens aushalten.

 

Freitag,  17.1.

Nach schnell vollzogenem Umzug zum „Four Sisters Inn“ (12$, incl. Frühstück) steht wie üblich eine erste Erkundungstour an. Zum Inle-See sind es noch knapp 3 km. Mal sehen, ob wir einen Zugang auf den geliehenen Guesthouse-Rädern finden.

Bei unserer Fahrt ins Blaue, stoßen wir bei der Besichtigung einer fast verfallenen Pagode am großen Kanal auf ein hübsches, freundliches Mädchen, das in einer Piroge unterwegs ist. Sie bietet ihr Boot für eine Überfahrt zum im Loose beschriebenen Nat-Schrein auf der anderen Seite des Kanals an, was wir dankend annehmen. Ohne das sonst hier allgegenwärtige Knattern der Bootsmotoren gleiten wir fast lautlos durch dichtes Geäst zum hochheiligen Schrein, der auf Stelzen inmitten sumpfigen Banyan-Dschungels steht.

Anschließend lädt uns das nette Mädel noch zu sich nach Hause zu einer Tasse Tee ein. Ihre auch nicht unattraktive Tante gesellt sich zu uns. So werden Fotos herumgereicht, ein französischer Brief übersetzt und die schlichte Behausung besichtigt. Eine wirklich entspannende Mittagspause. Nebenbei nehmen wir das Angebot an, morgen mit Onkel und Bruder die große Inle-Rundfahrt zu machen – natürlich gegen Bezahlung.

Guter Dinge setzen wir dann unsere Fahrradtour fort. Doch ganz so wie erhofft, verläuft diese nicht, da aus dem Weg ein Trampelpfad wird, immer wieder unterbrochen von Wasserläufen. Endlich stoßen wir nach langer Cross-Fahrt auf völlig ungeeigneten Rädern auf einen einigermaßen befahrbaren Weg. Weiter geht’s, vorbei an Feldern und darauf arbeitenden Bauern, welche uns ein „Mingalaba“ zurufen, das einzige burmesische Wort, das ich bisher gelernt habe: Guten Tag.

Irgendwann geben wir die Suche nach dem See auf und kehren um.

Den Abend widmen wir wieder den „Four Sisters“ und ihrem leckeren Essen. Auch finden erneut interessante Gespräche mit allen möglichen Leuten aus den verschiedensten Ecken dieser Welt statt.

 

Samstag,  18.1.

Heute also der große Inle-Tag. Nach Absolvieren der ärgerlichen „Foreigner“-Abzocke (eine Art Eintrittsgebühr zum See, 6$ p.P.) werden wir von dem schon auf uns wartenden Mädchen von gestern zum Langboot ihres Onkels geleitet. Wir haben mal wieder ein ganzes Boot für uns. Nur besagter Onkel und der Bruder als Bootslenker begleiten uns.

Und schon sausen wir in schneller, lauter und furchtbar kalter Fahrt den Hauptkanal zum See hinunter, der nun endlich vor uns liegt. Wir sind hier in 875m Höhe, so dass zumindest nachts und morgens mit niedrigen Temperaturen gerechnet werden muss. Aber trotz Pullover kühle ich bei der schnellen Fahrt vollkommen aus. 22 km ist der See lang, und unser Hauptziel sind die schwimmenden Märkte, welche fast schon am anderen Ende des Sees liegen.

 

Bevor wir dort ankommen, stoßen wir aber erst mal auf eine andere Sehenswürdigkeit. Nämlich die ungewöhnlich anzusehenden Inlesee-Fischer, die als sog. Einbeinruderer bekannt sind. Ich kannte bisher nur Einhandsegler, und auch ist diese Fortbewegungsart keine neue Behindertensportart. Es handelt sich – wie der Name schon sagt – um eine besondere Rudertechnik. Durch geschickte Drehbewegungen mit nur einem Bein können die Fischer in ihren Booten im Stehen vorwärtskommen und haben die Hände frei für den Fischfang. Auf jeden Fall ein äußerst ulkiger Anblick!

Dann nähern wir uns dem großen „Floating Market“. Zahlreiche Langboote mit Aufschriften wie „Diethelm Travel“ machen deutlich, dass wir nicht die einzigen Touristen hier sind. Schließlich gehört der Inlesee zu den Top-Zielen, auch bei den organisierten Reisegruppen.

Nachdem ich mich mit heißem Tee und einem Fläschchen Mandalay Rum aufgetaut habe, gehe ich genüsslich auf Fotojagd. Selten boten sich in solcher Fülle so herrliche Motive wie hier. Vom Hahnenkampf über parkende Ochsengespanne bis hin zur Alten mit dicker Zigarre im Mundwinkel. Ein paar Souvenirs wandern während des Rundgangs in meinen Besitz, denn Souvenirstände sind auch hier wieder gut vertreten, und da kann man ja nicht einfach so vorbeigehen.

 

Die weiteren Stationen unserer großen Bootstour sind in nicht chronologischer Reihenfolge wie folgt: Besichtigung einer Weberei (Kinderarbeit!), einer Schmiede, einer Silberschmiede, einer Papiermanufaktur und einem Haus, das zur Zigarrenherstellung dient. Überall erhalten wir ausführliche Beschreibungen der Arbeitsvorgänge, und natürlich erhofft man sich (vergebens), dass wir dort auch reichlich einkaufen.

 

Nach einem Zwischenstopp an einer Pagode wartet dann noch ein Super-Highlight auf uns. Und zwar das Inn Thein, eine religiöse Kultstätte ganz besonderer Art. Nachdem wir das Boot verlassen und eine lange Esplanade mit Verkaufsständen entlang marschiert sind, liegt plötzlich ein Feld mit unendlich vielen Stupas vor uns, genau genommen 1 050. Aber das Außergewöhnliche ist, dass sich diese Stupas scheinbar ohne Ordnung dicht an dicht den Hang hinaufziehen und in absolut verwahrlostem Zustand sind. Gerade das gibt dem Ganzen einen besonderen Reiz.
Ein gewisser morbider Charme strömt von hier aus, teilweise befinden sich noch halb umgefallene Buddhastatuen in schäbigen Stupaschreinen, und die Natur hat ähnlich wie in Angkor schon ganze Arbeit bei ihrem Zerstörungswerk geleistet. Vom Berg aus hat man einen tollen Überblick über das faszinierende Ensemble.

 

Auf dem Rückweg zum Boot spricht uns unvermittelt ein junger Mann an, ob wir gegen Zahlung von 2$ p.P. ein paar Frauen vom Stamm der Padong beim Weben zuschauen wollen. Und ob wir wollen; denn diesen Volksstamm bekommt man nicht allzu oft zu sehen. Es handelt sich um einen nahe der thailändischen Grenze beheimateten Stamm, bei dem die Frauen schwere Metallringe um den Hals tragen. Da sie in bestimmten Abständen immer wieder neue Ringe dazu bekommen, geht der schwere Halsschmuck unermesslich in die Höhe. Und folgerichtig wird auch der Hals der Padong-Frau dadurch immer länger. Es sieht grotesk aus. Ich hatte die Damen, die uns nun vorgestellt werden, schon mal in der VOX-Tours-Sendung über Myanmar gesehen. Mit Begeisterung schieße ich einige Fotos, und dann lässt Werner die zwei Damen und das dazugehörige Mädchen als Gegenleistung mal an seinen Bart fassen, was die Damen ungemein belustigt. Die Belustigung steigert sich dermaßen, dass beide regelrechte Lachanfälle bekommen. Auch wir stimmen ein in das allgemeine Gelächter, an das wir uns bestimmt noch lange erinnern werden!

Da wir dem Spaß wegen der fortgeschrittenen Zeit irgendwann ein Ende setzen müssen, brechen wir nach einem äußerst anregenden Viertelstündchen zum Rückmarsch auf. Nicht aber ohne wieder etwas zur Gewichtsmaximierung unserer Rucksäcke zu tun. Werner kauft für wenig Geld eine alte „Buddha-Bibel“ und ich eine goldene typisch burmesische Maske.

Kurz vorm Sonnenuntergang besichten wir mit unserem Langboot zu guter Letzt noch ein aus Teakholz erbautes schönes altes Kloster inmitten des Sees und rauschen dann zurück nach Nyaungshwe. Nachdem sich auf der einen Seite des Sees die Sonne verabschiedet hat, erscheint kurz darauf, langsam hinter einem Berg hervorlugend, ein fantastischer Vollmond. Das bei dieser Kulisse!

Abends gehen wir auswärts essen. Zur Abwechslung mal europäisch, nämlich italienische Tagliatelli, die nach soviel asiatischer Küche auch wieder gut schmecken. Unser Gesprächspartner ist ein allein reisender älterer Franzose, dem das Mandalay Starkbier mit 7% nicht so gut bekommt wie uns.

 

 

Sonntag,  19.1.     Nyaungschwe – Pindaya – Kalaw

Nach längerem Hin- und Herüberlegen haben wir uns entschlossen, keine Treckingtour mehr an unseren Aufenthalt hier anzufügen, sondern uns in Richtung Yangon aufzumachen. Leider sind unsere Tage in Myanmar langsam gezählt.

Also packen wir schweren Herzens erneut unsere Rucksäcke und sagen den Sisters adieu. So wie wir gekommen sind, nämlich per Taxi, verlassen wir die Inlesee-Region, bleiben aber noch im Gebirge. Die Pindaya-Höhlen stehen auf dem Programm, die wir mit dem Bus so ohne Weiteres nicht hätten erreichen können. Deshalb das Taxi, das uns zu einem annehmbaren Preis (25$) anschließend weiter nach Kalaw, unserem heutigen Tagesziel, bringen soll.

Die Fahrt nach Pindaya geht über eine ausgedehnte Hochebene und bietet wunderbare Ausblicke auf blühende Wiesen, fruchtbare Felder und satt grüne Wälder. Schon gegen elf sehen wir in der Ferne die großartige Pindaya-Anlage golden leuchten. Da diese Sehenswürdigkeit abseits der gängigen Touristenrouten liegt, hält sich der Andrang hier oben in Grenzen. Lediglich zwei französische Gruppen haben den Weg hierher gefunden. Mit einem gewaltigen Aufzug, ähnlich dem auf dem Mandalay Hill, lassen wir uns nach oben befördern. Eintritt? – Na selbstverständlich, 3$ mit FEC.

Dafür bekommen wir aber wieder etwas geboten, das uns richtig in Erstaunen versetzt: Nachdem wir die eigentliche Höhle betreten haben, trauen wir kaum unseren Augen. Wir werden von Buddhas regelrecht erschlagen. In der Höhle wurden über die Jahrhunderte hinweg über 800 Statuen aus Alabaster, Teakholz, Marmor und Zement so aufgestellt, dass sie in den verschiedenen Höhlenräumen ein Labyrinth bilden. Darüber hinaus sind natürlich auch die Stalagmiten und Stalaktiten sehenswert.
Nach ausgiebiger Besichtigung steuert unser Fahrer seinen Toyota Corolla, wie immer auf schlechten Straßen, mit viel Geschick nach Kalaw. Dort angekommen, machen wir beim Winner Hotel Halt. Die schönen Zimmer sollen leider 15$ kosten, zuviel für unser Budget. Nach einem kurzen Lamento meinerseits lässt sich die nette chinesische Empfangsdame auf 12$ ein, aber nicht weitersagen!

 

Kalaw ist eine frühere sog. Hill Station der Briten, die es sich hier zur Zeit ihrer Kolonialherrschaft in 1 320 m Höhe gut gehen ließen. Heute ist ist Kalaw beliebter Ausgangsort für Treckingtouren.

Am Nachmittag wird noch ein bisschen gebummelt, Bilderausstellungen werden begutachtet, und in einem nepalesischen Restaurant gibt es edles Essen. Dummerweise muss ich mal wieder auf Sparflamme speisen, da mein Durchfall mit voller Wucht zurückgekommen ist.

 

Beim abendlichen Blick ins Satellitenfernsehen in unserem Nobelzimmer komme ich bei Beginn der BBC-Nachrichten ins Grübeln, als plötzlich das Empfangssignal nicht mehr da ist und Sekunden später irgendein Fußballspiel aus der ersten italienischen Liga übertragen wird. Also doch Zensur in Myanmar, sogar beim Signal aus dem All?

 

Montag/Dienstag,  20./21.1.     Kalaw – Thazi - Yangon

Der ausgiebige Schlaf bei klarer Bergluft und bequemen Betten hat gut getan.

Nach dem Frühstück versuchen wir, noch zwei Plätze für den Expressbus nach Yangon zu bekommen, aber ohne Erfolg. Also belassen wir es bei der ursprünglichen Planung, per Bus oder Pickup nach Thazi und von dort mit dem Zug weiter nach Yangon zu fahren.

Ein fast leerer Pickup ist schnell ausgemacht, so dass wir ruckzuck mit vereinten Kräften unser Gepäck auf dem Dach des Toyota-Transporters verstauen und auf engen Sitzen hinten Platz nehmen. Zunächst verläuft alles nach Wunsch, aber mehr und mehr wird klar, dass der Fahrer die kurvige, extrem schlechte Strecke in neuer Rekordzeit zurücklegen will. Da bei dem Fahrzeug anscheinend keine Stoßdämpfer mehr vorhanden sind und die sog. Straße wirklich grauenhaft schlecht ist, wird die Fahrt zur reinsten Folter. Wahrlich nichts für Zartbesaitete. Mir wird so speiübel wie noch nie zuvor bei einer Autofahrt. Besserung tritt erst ein, als die Personenzahl in dem Fahrzeug von 9 auf 30 (!) steigt. Denn endlich muss der Fahrer wohl doch ein wenig die Geschwindigkeit drosseln, damit der Karren ihm nicht zusammenbricht. Aber nach wie vor ist er bei seinen Überholmanövern immer nur auf sein Gefühl angewiesen, da der Toyota, wie die meisten Fahrzeuge hier, den Lenker rechts hat. Und das bei Rechtsverkehr!

Thazi ist nur 70 km von Kalaw entfernt. Während unser Fahrer von neulich für die Strecke fast 5 Stunden gebraucht hatte, schafft’s der heutige mit seiner Schrottkarre in ca. dreieinhalb. Wie ich beim Aussteigen feststelle, ist bei der verrückten Ruckelei eine schöne Silberdose aus Kambodscha samt Inhalt aus meinem kleinen Rucksack gefallen. Schade um den Verlust.

Thazi ist eigentlich nur dafür bekannt, dass hier ein Eisenbahnknotenpunkt ist. Um einen der Abendzüge in die ferne Hauptstadt heute noch zu erwischen, lassen wir uns im bequemen Wartesaal als einzige Gäste nieder. Dafür muss aber auch 1$  gezahlt werden.

Um Punkt vier (16.00 h) erscheint wie angekündigt der Bahnhofsvorsteher, um uns in gutem Englisch die Vorzüge seines Bahnhofs samt Restaurant zu erklären.

Schwierig ist nur die Entscheidung, welche Art von Fahrschein wir wünschen. Die Upper Class kostet 25$ bis Yangon, natürlich wieder nur der Preis für „Foreigners“. Immerhin gibt es seit Neuestem auch die Möglichkeit, auch als Bleichgesicht in der niedrigeren Klasse mitzufahren. Da beträgt für uns der Preis nur 9$.

Dann hat der emsige Stationsvorsteher die glorreiche Idee, uns vier statt zwei Plätze in der Ordinary Class zu buchen. Dann hätten wir genug Platz und immerhin noch 14$ gespart gegenüber der üblichen 1.Klasse. So ganz haben wir seinen Ausführungen nicht folgen können, aber wir entscheiden uns für den letzten Vorschlag.

Wider unsere Erwartungen landen wir nach Eintreffen des Zuges und einer unglaublichen Hektik um uns herum in der „Holzklasse“ – schön primitiv, allerdings mit ausreichend Platz für unser Gepäck und unsere langen Beine.

Mit großem Geratter und Geknatter setzt sich der Zug in Bewegung in Richtung Süden. Wir sind die einzigen „Exoten“ hier. Ein paar Konversationsversuche hie und da, und dann hat man sich an unseren Anblick gewöhnt. Ein Mäuschen kreist munter durchs Abteil auf der Suche nach etwas Essbarem, und ich versuche, in irgendeiner Position auf dem harten Holzuntergrund ein bisschen Schlaf zu finden – wie immer vergeblich. Auch mein Ohropax nützt nichts; und dazu friere ich ganz erbärmlich. Neidvolle Blicke gehen immer wieder in Richtung Werner, der wie gehabt friedlich pooft.

 

Dienstag,  21.1.

Ziemlich gerädert, aber froh, noch einen Tag in Myanmar gewonnen zu haben, erreichen wir Yangon, das ehemalige Rangoon, gegen 9 Uhr in der Frühe. Im Internet war ich auf das Guest Care Hotel gestoßen, das wir dann auch bald per Taxi ansteuern. 22$ pro Nacht hauen uns zwar kurzzeitig um, aber ich bin zu müde, um jetzt noch irgendwas umzubiegen. Endlich eine Mütze Schlaf, und ich bin wieder halbwegs zu gebrauchen.

Da das Hotel so weit außerhalb der Innenstadt, dafür in der Nähe der berühmten Schwedagon Pagode liegt, müssen wir uns erneut ein Taxi leisten, um in die City zu kommen.

Erste Anlaufstation ist die Niederlassung der Biman Airlines, mit der wir vor 10 Wochen bereits von Frankfurt aus geflogen sind. Ein billiger Flug nach Bangkok am nächsten Sonntag ist problemlos gebucht, so dass wir nun eigentlich nur noch wegen des Rückfluges von Bangkok nach Frankfurt alles klarzumachen bräuchten. Werner möchte nämlich die Reise um eine Woche verlängern, um noch ein wenig Thailand genießen zu können. Und siehe da:  Überraschung, Überraschung! Entweder bei der Biman oder dem deutschen Reisebüro hat es einen Buchungsfehler gegeben. Unsere beiden Rückflüge sind für Mittwoch, den 5.2., gebucht. Am 29.1., also unserem eigentlich gebuchten Termin, ist nichts mehr frei. Na, da werden sich meine Lieben daheim aber wundern.

Mit gemischten Gefühlen ob des unerwarteten Urlaubsbonus verlassen wir das Reisebüro. Da werde ich wohl in Deutschland beim Reisebüro nachhaken müssen...

In Yangon gibt es neben großen Kolonialbauten viele Grünflächen. Gleich bei einer unweit der Sule Paya Pagode lassen wir die veränderte Ausgangsposition erstmal in uns sacken. Ein Mandaly Bier macht die mentale Neuorientierung ein bisschen leichter. Bisher hatte die Reiseplanung bis auf die Verzögerung in Laos hinsichtlich des Myanmar-Visums so prima funktioniert. Aber auch unvorhergesehene Dinge gehören zu einer solchen Reise, sind vielleicht sogar das Salz in der Suppe!

 

Beim Bummel durch die Geschäftsstraßen von Yangon kommen wir bei einem muslimischen Juwelier vorbei, dem ich meine in Bagan erworbenen Edelsteinpreziosen unter die Nase halte. Das Ergebnis ist ernüchternd: die zwei Rubine sind keine Rubine, sondern billige Glasimitate, aber immerhin erweist sich der dunkelblau leuchtende Saphir als echt. Haben uns die Burschen in Bagan doch tatsächlich gelinkt! Aber vielleicht wiegt die Echtheit des Saphirs den Verlust ja auf. Für ein paar Dollars kaufe ich zu den Steinen dann noch zwei alte Silberringe, in die die Steinchen eingesetzt werden.

 

Während des langen Nachhauseweges zum Hotel machen wir noch in Chinatown Halt, um dort zu speisen, stoßen beim Weitergehen auf ein preiswertes und gutes Hotel, in dem wir für Samstag ein Zimmer buchen. Vor Erreichen unserer Nobelherberge statten wir der auch im Abendlicht golden leuchtenden Schwedagon Pagode noch einen Kurzbesuch ab.

Bevor wir dann tatsächlich unser Hotel gefunden haben, hält neben uns noch ein alter Mercedes Benz an, dessen Fahrer uns die letzten Meter bis zu unserem Ziel bringt. So nebenbei fragt er kurz vor der Ankunft noch an, ob ich nicht seinen schönen 55-er Benz kaufen möchte. Dazu drückt er mir seine Visitenkarte in die Hand und meint abschließend, wir wären doch bestimmt an edlen Rubinen und Saphiren interessiert ...

 

 

Mittwoch/Donnerstag,  22./23.1.     Yangon – Pathein

Der heutige Vormittag steht ganz im Zeichen der Hauptsehenswürdigkeit von Yangon, der großartigen Schwedagon Pagode. Die 5$ Eintritt sind zwar ärgerlich, doch angesichts der sich vor uns entfaltenden Pracht und der Tatsache, dass die Gelder wohl für Restaurierungen verwendet werden, fällt das Bezahlen leichter.

Und wirklich, das was wir hier zu sehen bekommen, übertrifft alles, was wir bisher an Bauwerken dieser Art zu sehen bekommen haben. Die unermessliche Größe und Virtuosität laden zu einem mehrstündigen Besuch ein. Das einzige, was etwas nervt, sind die aus unserem Blickwinkel allzu kitschigen Kinkerlitzchen, die an vielen Ecken und Enden zu finden sind. Zum Beispiel: die in einer Lichterkette leuchtenden göttlichen Strahlen oberhalb vieler Buddhastatuen, die eher an Rummelplatz als an
heilige Stätte erinnern.

Nachdem wir uns vor allem am vielen Gold satt gesehen haben, holen wir in unserem Hotel das Gepäck ab, um uns von einem Taxifahrer erst noch mal in die Stadt und dann zum Ayerawaddy-Pier chauffieren zu lassen. Bei der Biman müssen wir noch einmal reinschauen, weil die Lady dort ein falsches Abflugdatum in unser Ticket nach Bangkok eingetragen hat.

Dann geht’s darum, unser Hauptgepäck in dem für kommenden Samstag gebuchten Hotel zu deponieren. Aber Preisfrage: Wo befindet sich die Nobelherberge? Ich habe offensichtlich bei der Flut von Visitenkarten die falsche weggeworfen, so dass wir nicht mehr wissen, wo wir gebucht haben. Den Hotelnamen haben wir uns beide nicht gemerkt. Also geht’s mit einem findigen und Englisch sprechenden Taxifahrer auf Suche. Alle Ecken, die wir zu Fuß am Vorabend abgelaufen sind, werden inspiziert. Es ist zum Verrücktwerden. Aber letztlich werden wir doch noch fündig. Im MGM war es gewesen, einem recht neuen Hotel, gar nicht weit vom Pier entfernt.

 

Nach Abgabe unserer schweren Gepäckstücke düsen wir dann zur Schiffsanlegestelle am Fluss. Wir wollen mit einem chinesischen Schnellboot das Ayerawaddy-Delta umfahren, um auf dem Wasserweg die Stadt Pathein zu erreichen und von dort morgen einen Abstecher an den Golf von Bengalen zu machen.

Wir hatten es uns schon gedacht: Alles wird hektisch und chaotisch. Kein Vergleich zur wohl organisierten Infrastruktur Vietnams. Aber wir suchen ja das Ausgefallene, pfeifen auf die ausgereizten „Abenteuer“.

 

Da wäre also zunächst mal in einer dreckigen Lagerhalle ein älteres Männchen, das in all dem Durcheinander anscheinend was zu sagen hat und das uns quasi in seine Obhut nimmt. Wir bräuchten uns keine Sorgen zu machen, dass wir nicht mitgenommen würden. Nur leider fehlt der Ober-Chef, so dass die Zeit langsam eng wird. Als alle Stricke zu reißen drohen, ignoriert das Männchen einfach seine Dienstanweisungen, kramt in dem unglaublichen Schreibtischchaos seines Chefs ein Stück Pappe heraus, kritzelt - wie es so üblich ist - unsere Namen (Mr. Reinhard Martin und Mr. Werner Franz) + Passnummer darauf, drückt uns zwei Fahrkartenfetzen in die Hand und eilt mit uns in Richtung Schiff.

Die Masse der wartenden Passagiere wird einfach umgangen, wir sind so was wie VIP’s (very important persons) und werden exklusiv zum Schiff geführt.

Ich höre beim Betreten desselben gerade noch ein „Mind your head“, da ist es auch schon wieder passiert. Mit einem Riesenrums knalle ich mit meinem ohnehin malträtierten Schädel an die niedrige eiserne Eintrittsluke. Leicht benebelt geht es weiter aufs Mitteldeck, wo uns unsere „Leibgarde“ zu verstehen gibt, an welcher (markierten) Stelle sich unsere Liegeplätze für die kommende Nacht befänden. Dazu organisiert er noch zwei Liegestühle, die inmitten des Menschen- und Gepäckgewimmels platziert werden. Soviel Einsatz muss ein Trinkgeld wert sein; also stecke ich ihm einen Dollarschein zu, den er dankend annimmt.

 

Dann aber geht endlich die Fahrt los, und damit tritt auch eine leichte Entspannung ein. Wir machen es uns, soweit es geht, bequem, während die vielen Menschen um uns herum mit Staunen die ungewöhnlichen Mitreisenden begaffen. Wir sind wieder einmal die einzigen Touris. Aber gerade das macht die Sache ja so reizvoll.

Eher frustrierend als reizvoll ist für mich (natürlich) die folgende Nacht, da Schlaf praktisch nicht stattfindet. Weder im Liegestuhl noch auf dem harten und kalten
Eisenboden finde ich eine Möglichkeit, irgendwie eine Mütze Schlaf zu bekommen.

Aber auch das werde ich (zähneknirschend) überstehen.

 

Donnerstag,  23.1.     Pathein – Chaungtha-Beach

Gegen neun laufen wir in Pathein ein, einer 200 000 Einwohner-Stadt im Südwesten von Myanmar, die noch bis vor kurzem für Ausländer verboten gewesen ist. Nach ein paar Tässchen chinesischem Tee, die man übrigens überall gratis bekommt, suchen wir die nahe Busstation auf, um die letzten 36 km bis nach Chaungtha Beach auch noch hinter uns zu bringen.

Nachdem wieder einmal „Confusione Totale“ um uns herum geherrscht hat, landen wir schließlich doch in irgendeinem der Busse und düsen ab Richtung Meer. Es hat den Anschein, dass sich mehrere Busfahrer gleichzeitig Rennen liefern. Leider geht es zu unseren Ungunsten aus. Ein Hinterreifen ist geplatzt, was einen kleinen Zwangsaufenthalt inmitten wunderbaren Regenwaldes bedeutet.

Vorher mussten wir allerdings noch mittels einer Fähre einen Fluss überwinden, wo die „Foreigners“ mal wieder zur Kasse gebeten wurden (5$ „Eintrittsgebühr“). Aber mit etwas Pallaver und einem leicht eingerissenen und daher unerwünschten 20$-FEC-Schein gelang es mir, erst mal ohne Bezahlung die andere Flussseite zu erreichen. Mal sehen, ob wir damit durchkommen.

Endlich taucht vor uns das Meer auf. Eine wirklich schöne Bucht breitet sich vor uns aus, und eine sehr günstige und gute Hotel-/Bungalowanlage (Shwe Hin Tha Hotel, 10$) ist gleich am Anfang der Bucht gefunden. Mit uns haben sich auch ein paar andere Traveller hierfür entschieden. Auffallend ist, dass bei den wenigen Individualtouristen, die wir antreffen, die allermeisten Deutsch sprechen. Myanmar scheint also vor allem bei deutschen Reisenden beliebt zu sein.

Nach Beziehen einer Art Bungalow mit sonniger Veranda dürfen wir uns nun ungehemmten Strand- und Badefreuden hingeben. Es wurde auch Zeit, mal wieder durchzuatmen nach all den vielen Besichtigungs- und Reisetagen. Das Meerwasser ist angenehm warm, und der Strand ist sauber und palmengesäumt. So kann man es sich hier gut gehen lassen. Dazu noch ein feines „Seafood“-Mahl in einem der zahllosen Restaurants, womit der Erholung nichts mehr im Wege steht. Wir wundern uns nur, wie all die vielen Hotels, Lokale und Souvenirgeschäfte hier existieren können angesichts der paar Touristen, die sich hierhin verirrt haben.

 

Freitag,  24.1.

So ein Erholungstag ist schnell erzählt. Ein morgendliches Aufwachbad im Meer, ein bisschen Sonnenbaden, ein paar Fotomotive am Strand, viel lesen, zwischendurch mal einen Pfannekuchen essen und das war’s fast schon.

Ein willkommenes Intermezzo gegen Mittag ist eine burmesische Massage, die mit meiner Horrormassage vom 1.Januar in Vientiane nichts gemein hat. Jojo ist der Sohn des hauseigenen Masseurs, ist erst 15 und versteht sein Handwerk schon ganz gut. Für eine Dreiviertelstunde gediegener Handarbeit berechnet er 3$, ein bisschen viel, wie sein Papa später feststellt. Unverzüglich erscheint Jojo wieder auf der Bildfläche und gibt mir die zuviel einkassierten 500 Kyat kleinlaut zurück.

Meine nette, noch sehr junge Bungalownachbarin aus Berlin hatte ebenfalls das Vergnügen, sich durchwalken zu lassen. Überhaupt sind die Gespräche links und rechts unserer Holzmansarde sehr interessant und kurzweilig. Zu unserer Linken wohnt ein österreichisches Pärchen, Walter und Angelika, die gerade eine ausgedehnte Fahrradtour durch Myanmar per Mountainbike hinter sich haben und viel zu erzählen haben (nachzulesen unter http://mitglied.lycos.de/asienbiketours/). Die Gespräche sind so unterhaltsam, dass ich kaum dazu komme, meine „Weiße Löwin“ von Henning Mankell zu Ende zu lesen. Auch müssen meine Tagebucheintragungen dringend aktualisiert werden.

 

Samstag,  25.1.     Chaungtha Beach - Yangon

Lange ging es nicht mehr so zügig voran, wie heute mit dem Direktbus nach Yangon. Trotz nerviger und umständlicher Rangiererei an der Fähre und vieler Baustellen unterwegs erreichen wir Myanmars Hauptstadt schon nach acht Stunden. Ein nettes Zwischenspiel gab’s unterwegs, als plötzlich ein paar „blinde Passagiere“ an Bord des kurz vorm Auseinanderfallen stehenden Busses ausgemacht wurden. Es handelte sich um Krebse, die eigentlich in ihren im Innenraum gestapelten Kisten nach Yangon und später nach Thailand transportiert werden sollten. Da muss eine der Kisten wohl einen Notausgang gehabt haben.

Die Fahrt von Pathein nach Yangon ist landschaftlich sehr reizvoll. Wir durchfahren die Reiskammer Myanmars. Da es sich um wasserreiches Deltagebiet handelt, müssen viele Flussarme überquert werden. Einmal geschieht dies sogar mit Hilfe einer Eisenbahnbrücke. Das muss man sich mal vorstellen: ein großer Bus der praktisch auf und neben Schienen über eine lange Eisenbahnbrücke fährt!

 

Nachdem uns ein Taxi die letzten Kilometer zum MGM Hotel gefahren hat, beziehen wir unser schon am Mittwoch gebuchtes Zimmer. Wir stutzen etwas hinsichtlich der luxuriösen Zimmer-Ausstattung; ob da mit dem ausgehandelten Preis von 12$ wohl alles seine Richtigkeit hat? An der Rezeption wird meine Befürchtung bestätigt. Es hätte für einen Alleinreisenden 12, für zwei Leute aber 24$, na ja, sagen wir 22$ gekostet. Nach längerem Lamentieren und Schachern lässt sich die Empfangsdame dann aber doch auf einen für uns sehr akzeptablen Preis ein, nämlich 12$ einschl. Frühstück. Erstaunlich, wie flexibel mit den Preisen umgegangen wird.

 

Die letzten Kyats müssen ausgegeben, die letzten FEC-Dollars getauscht bzw. für Hotel und Flughafensteuer zurückgelegt werden. Der große im Führer gepriesene Markt an der Haupteinkaufsstraße schließt gerade seine Pforten, so dass wir es bei einem Bummel durchs überaus lebendige indische und chinesische Viertel belassen. In einem chinesischen Straßenrestaurant gibt es neben Verständigungsproblemen mal wieder ein viel zu scharfes und fettes Essen. Etwas wehmütig denken wir an die gute, gesunde und abwechslungsreiche Kost der vorher besuchten Länder zurück.

Im Zimmerfernsehen werden wir von der Übertragung des kompletten Fußballspiels Hertha BSC Berlin gegen Borussia Dortmund überrascht. Ob das Spiel live ist, wie es da auf dem Bild geschrieben steht, wissen wir nicht. Eigentlich wissen wir auch nicht, ob die Bundesliga die Winterpause schon hinter sich hat. Der Empfang der Deutschen Welle auf meinem Weltradio ist mal wieder mehr als dürftig.

 

 

Sonntag,  26.1.     Yangon – Bangkok  (Thailand)

Auf zum Endspurt in Myanmar. Wie schnell ist doch die Zeit vergangen. Wie eindrucksvoll ist das Erlebte gewesen! Vermissen werde ich sicher die zumeist uneigennützige Freundlichkeit der Menschen im Land, die schönen Frauen des Shan-Volksstammes am Inlesee, die tolle Atmosphäre dort oben am See, die immensen Kulturgüter, die das Land zu bieten hat, und vieles mehr. Überhaupt nicht vermissen werde ich die überwiegend grauenhaften Straßen, die Ruß- und Abgasschwaden, die einen so oft begleiten, oder das unerträgliche und überall vernehmbare Rotz-Hochziehen und –ausspucken, so dass man selbst in Pagoden (immer schön barfuß!) aufpassen muss, nicht in irgendwelche Rotzfladen zu treten.

So sitze und sinniere ich, während wir in der überklimatisierten Flughafenhalle auf unseren Abflug nach Bangkok warten. Alles hat bis auf den plötzlich geänderten Heimflugtermin so blendend geklappt. Es ist kaum zu glauben. Auch Werner und ich haben bisher prima harmoniert. Es gab praktisch keine Reibungspunkte und in der Reiseplanung waren wir eigentlich immer (m)einer Meinung. Was will man mehr?

 

In der Abflughalle von Yangon gibt es dann ein Wiedersehen mit einem Singapur-Chinesen, der in Bagan unser Zimmernachbar gewesen ist.

Eine Stunde später setzen wir weich in Bangkok auf. Unser letztes Reiseland ist – von dem Zwischenstopp in Chiang Mai abgesehen – damit erreicht.

Es ist wie immer heiß in Bangkok. Mit einem Airportbus fahren wir in etwa einer Dreiviertelstunde auf mehrstöckigen Highways vorbei an einem Häusermeer zur Innenstadt. Alles wirkt hochmodern und westlich. Bangkok und Thailand haben mit den übrigen Ländern ringsum wenig gemeinsam. Das war auch vor 25 Jahren so.

In der Kaosan Road werden wir rausgelassen und müssen leider eine längere
Strecke zu Fuß zurücklegen. Bei meinem Gepäckaufkommen ist das schon eine Strapaze! Wir schließen uns Jacky, dem chinesischen Weltenbummler aus Singapur an. Er kennt sich hier gut aus, und bald ist das New Siam Guesthouse II in Sicht. Für vertretbare 14 Dollar bzw. 590 Baht bekommen wir in dem neuen Haus ein zwar kleines, aber schönes Zimmer im 4.Stock.

Ein erster Bummel durchs „Touri-Ghetto“ bringt erste Einblicke in das touristische Bangkok von heute. Irgendwie erinnert mich alles fatal an unsere Korfu-Erfahrungen von vorletztem Sommer. Riesenmonitore überall, auf denen Action-Streifen gezeigt werden, kahlrasierte und ganzkörpertätowierte Inselaffen, Restaurant an Restaurant, Shop an Shop und Massen bunter Paradiesvögel, die anscheinend Party pur suchen. Überhaupt kommt mir in diesem Viertel alles wie eine irre Megaparty vor.

 

Montag,  27.1.

Natürlich hat Bangkok auch bedeutende Kulturdenkmäler zu bieten. Die drei bedeutendsten sind das Wat Po, der Königspalast und das Wat Phra Keo. Alle drei liegen nicht allzu weit von unserem Hotel entfernt, und so machen wir uns gegen Mittag auf die Socken. Ich habe ja alles schon einmal vor einem Vierteljahrhundert (!) gesehen, aber das tut dem Genuss keinen Abbruch. Die herrlichen Tempel, Palastbauten, Gärten usw. sind immer wieder einen Besuch wert. Mit uns schlängeln sich Menschenmassen durch das Labyrinth von Kostbarkeiten, aber das stört uns hier nicht.

Als störend und einfach grotesk empfinde ich dagegen das Treiben auf der Kaosan, bei der wir auf dem Rückweg automatisch vorbeikommen. Immerhin lassen Werner und ich es uns nicht nehmen,  bei einem (teuren) Bier etliche Typenstudien vorzunehmen und die vorbeiziehenden Scharen nach Geschlecht (meistens), äußerer Erscheinung, Nationalität, Alter usw. zu klassifizieren. Aber vielleicht sollten wir als Globetrotter-Opas nicht so leichtfertig über andere urteilen.

 

Am Abend lassen wir uns in der nahen Fressmeile nieder und beschließen, dass heute Fischtag ist. Also bestellen wir zwei in Alufolie gegarte „Red Snapper“. Volltreffer! Der Fisch ist einfach köstlich, ebenso die gut gewürzten Pellkartoffeln. Soweit so gut. Doch nicht nur das Fischgericht, sondern auch das preiswerte Chang-Bier schmeckt uns allzu gut. Und so ordern wir Flasche um Flasche, bis Werner das einzig Richtige macht, nämlich zum Hotel zu gehen und sich schlafen zu legen.

Als letzter Gast genehmige ich mir noch ein Pülleken, die berühmte Flasche zuviel. Als ich dann reichlich beschickert im Hotel anlange, stelle ich zu meinem großen Entsetzen fest, dass mein wichtigstes Reiseaccessoire fehlt, meine normalerweise am Gürtel befestigte Brieftasche! Alles, nur nicht das!! Ich rase gleich zu der Kneipe zurück, aber Fehlanzeige. Dasselbe noch einmal. Mein Entsetzen ist immens. Alle wichtigen Dokumente samt Travellerschecks und Bardollars. In meiner Verzweiflung wecke ich Werner auf, und wir stapfen noch einmal los. Nach ein paar Metern wird es stockdunkel, als mein linker Fuß einen am Boden liegenden Gegenstand berührt. Es ist das Corpus delicti! Kann ein Mensch soviel Schwein haben? Wahrscheinlich hat sich die Tasche hier beim Wasserlassen vom Gürtel gelöst. Ich bin gerettet.

Unsere Mägen danken die große Aufregung und das viele Bier kurze Zeit später mit üblen Brechattacken.

Ob wohl das silberne Amulett, das ich während des Gelages einer folkloristisch gekleideten „Hilltribe“-Verkäuferin abgekauft hatte, ein Glücksbringer ist?

 

 

Dienstag,  28.1.

Wer sündigt, muss auch leiden. Mir geht es erbärmlich, und so enthalte ich mich fast aller Aktivitäten.

Der anhängliche Chinese Jacky gibt uns noch den einen oder anderen Tipp, ein bisschen Internet darf’s auch sein, Sachen sortieren, für morgen zwei Busplätze zur südthailändischen Insel Koh Lanta buchen und ein wenig mit meinem jämmerlichen Zustand hadern. Ich hoffe, dass nicht mehr dahinter steckt, da ich abends auch noch Schüttelfrost bekomme. Selbst meine Verdauung ist wieder völlig im Eimer.

Immerhin klappt die Telefonverbindung nach Siegen gut, so dass ich für erstaunlich wenige Baht Vater Hermann zum Geburtstag gratulieren kann.

 

Mittwoch/Donnerstag,  29.1./30.1.     Bangkok – Koh Lanta

Mein Magen-Darmtrakt will anscheinend gar nichts mehr annehmen. Egal ob trockenes Brot, Wasser mit Elektrolyten oder sonst etwas, die Quittung kommt immer postwendend. Selbst Imodium scheint da machtlos. Also muss ich auf Zeit setzen.

Immerhin raffe ich mich noch zu einem kleinen Bummel in die nähere Umgebung unseres Hotels auf, finde ein preiswertes Internet-Büro und warte schließlich mit Werner auf den Zubringer zu unserem VIP-Bus.

Mit fast einstündiger Verspätung kommt dieser endlich und befördert uns zu dem Koloss von einem Bus, der uns nach Koh Lanta bringen soll. Gott sei Dank verfügt das Ungetüm über komfortable Sitzabstände, so dass ich vielleicht sogar mit einem bisschen Schlaf rechnen kann. Mein geschwächter Zustand macht dies dann tatsächlich auch möglich.

Morgens um sieben heißt es aussteigen und auf einen Anschlussbus warten. Diese Prozedur setzt sich leider bis Koh Lanta fort. Insgesamt fünf Mal müssen wir umsteigen, bis wir endlich nach 20 Stunden unser Ziel erreichen.

 

Erste Eindrücke von der in Reise&Preise gepriesenen Insel: reichlich tropische Vegetation, bergig, schöne Strände, aber auch mehr Touristen als erwartet. Immerhin, Koh Samui-Zustände herrschen sicher noch nicht. Unsere Anlage, das Lanta Marine Beach View Resort, liegt wunderschön oberhalb einer überschaubaren Bucht. Von Bangkok aus hatte ich einen Bungalow telefonisch reserviert, einen der in unser Budget passt. Wir zahlen knapp 10$ die Nacht. Ich haue mich gleich in die Falle, enthalte mich jeglicher Nahrungsaufnahme und hoffe, dass sich mein Verdauungsapparat möglichst schnell beruhigen möge.

Der Muezzin lässt am frühen Abend mit seinen jaulenden Sprechgesängen die Nähe zum muslimischen Malaysia deutlich werden.

 

 

Freitag,  31.1.

Unser Bungalow aus Holz und Palmblättern ist zwar schlicht, doch durchaus ein passendes Absacker-Domizil für die letzten Tage unserer Reise. Vor allem auf der ziemlich großen Veranda vor der Hütte lässt sich’s bestens aushalten.

Mein Magen scheint sich auch etwas beruhigt zu haben, so dass ich’s mal wieder mit etwas Essbarem versuche. Eine Banane und ein Stück trockenes Baguette bilden mein Frühstück im wunderbar gelegenen, auf verschiedenen Ebenen angelegten Restaurant unseres Resorts. Überhaupt ist die Lage und folglich die Aussicht hier wirklich traumhaft, so dass in Verbindung mit der üppigen Vegetation und der malerischen Bucht sich Vergleiche mit dem Koh Samui von vor 25 Jahren geradezu aufdrängen. Es ist zwar bereits vieles im Umbruch, wie man an der regen Bautätigkeit überall sehen kann, doch erleben wir hier noch reichlich Ursprünglichkeit, und die paar Touristen, die sich am langen Sandstrand verlieren, machen das Leben hier eher interessant, als dass sie stören.

 

Als wir am Abend in einer der Aussichts- und Esskojen hoch überm Meer sitzen und das Panorama genießen, setzt sich ein Paar aus Schweden zu uns, mit dem wir schnell ins Gespräch kommen. Es dauert nicht lange, bis wir im Zuge unserer diversen Erzählungen erfahren, dass wir wohl einen ziemlich bekannten Mann vor uns haben. Er stellt sich als Krimiautor Hakan Nesser vor, der neben Henning Mankell angeblich die derzeitige Nummer zwei unter Schwedens Krimiautoren sei. Und in Deutschland habe er schon über eine Mio. Bücher verkauft. Wir tauschen die Adressen; er verspricht, uns ein paar Freiexemplare seiner Werke zuzusenden und ich, diese auch zu lesen und ihm meine Meinung per E-Mail zuzusenden. Übrigens ist Hakan (die meisten Traveller duzen sich) bis vor wenigen Jahren Lehrer gewesen!

Sehr nett ist auch seine Frau, die von Beruf Ärztin ist und gleich meine „Scheiß-Malaise“ zu therapieren versucht. Schließlich holt sie aus ihrer Hütte etliche Ta-bletten, die meine Infektion nun endgültig zum Teufel jagen sollen.

 

Samstag,  1.2.

Die deutliche Verbesserung meines Gesundheitszustandes hat auch meinen Forscherdrang wieder auf Trab gebracht. „Motorbikes for rent“ heißt es hier in unserer Anlage, und so begebe ich mich gegen Mittag mit einer Honda auf die staubige Piste, um die ca. 30 km lange Insel zu erkunden. Erstmal zieht es mich nach Süden, da ich von Höhlen und Wasserfällen gehört habe. Um die aber zu finden, muss ich nach ein paar Kilometern mein Moped abstellen und einen gekennzeichneten Seitenweg zu Fuß entlang laufen. Der Marsch wird lang und länger, aber ich brauche keinen Meter zu bereuen. Tropischer Regenwald um mich herum, wie man ihn sich erträumt mit ins Riesenhafte vergrößerten Gewächsen, Bachläufen und schließlich der angekündigten Höhle, die sich allerdings eher bescheiden gibt. Bescheiden ist jetzt zur Trockenzeit auch der nahe Wasserfall. Unterwegs treffe ich auf ein paar Touris, etliche Affen und sogar zwei Elefanten, die aber nur zum Touristentransport degradiert sind.

Am Südzipfel der Insel sehe ich nicht weit von mir einen der hier seltenen Leucht-türme auftauchen. Als man mir fast 5$ für den „Parkeintritt“ abknöpfen will, verzichte ich auf eine intensivere Besichtigung und mache kehrt.

Unterwegs dann ein bisschen Internet (also auch hier), noch dazu das schnellste, das ich bisher auf der Tour angetroffen habe. Mit 256 Kilobit geht’s dank eines Satelliten teuflisch schnell ins Netz.

Später in Lanta Stadt mache ich noch ein paar Erkundungsgänge zwecks morgiger Schifffahrt. Zuletzt kann ich an einem Kleiderladen doch nicht so vorbei gehen, probiere mal schnell eine Outdoor-Hose mit Zip oberhalb des Knies; und ruckzuck habe ich eine tolle Lang- und zugleich Kurzhose der Marke Timberland (ha,ha) für nur 12$.

 

Schnell zurück zum Marine Park View Beach Resort, da wir heute Abend an einer Thai-Kickboxing-Veranstaltung teilnehmen wollen. Doch zunächst muss ich mich einer Komplettreinigung unterziehen, da die Mopedfahrt heftige Spuren hinterlassen hat.

Also Boxen ist angesagt. Auch bei meiner Tour vor 25 Jahren bin ich bei einer solchen Veranstaltung gewesen. Und eigentlich ohne größere Begeisterung, wie ich mich erinnere. Nun gut, man möchte ja noch etwas erleben die letzten Tage hier.

Reichlich spät werden die neun Boxinteressierten aus unserer Anlage von einem Pickup abgeholt. Mit ein bisschen Verzögerung findet unser Fahrer endlich die hell erleuchtete Open-Air-Halle. Der Mob tobt schon, als wir eintreten, und wir versuchen zunächst – jeder für sich – irgendwo noch einen guten Aussichtsplatz zu ergattern. Und dann wird halt geboxt, gerungen, mit den Beinen getreten (Kick) und sonst irgendwie gekämpft. Auf jeden Fall Action pur, so dass die johlende Menge auf ihre Kosten kommt. Zu Beginn sind sogar Kinder im Ring, um sich Boxlorbeeren zu verdienen. Na ja.

Der Clou aber ist der letzte Kampf, zu dem irgendeine Größe aus Korea eingeflogen worden ist. Genau 81 Sekunden dauert das heiß ersehnte Spektakel, und schon ist die Chose vorbei. K.O. in der 1.Runde! Dafür kommen wir jetzt zum Glück etwas früher zurück zur Bungalowanlage. Immerhin ist es schon nach Mitternacht.

 

Während ich auf der Veranda noch lese bzw. Nachrichten höre, beginnt unten am Strand kurz nach eins plötzlich ein großes Gekrache. Ein richtiges Feuerwerk! Wir sind im Jahr der Ziege – chinesisches Neujahrsfest. Ein unerwartetes Ereignis zu unerwarteter Stunde.

 

Sonntag,  2.2.

Auf zur Vier-Inseln-Tour. Fast hätten wir den Start verschlafen. Gerade soeben erwischen wir das Boot noch, das gleich neben unserer Anlage vor Anker liegt. Mit uns fahren noch 11 weitere „Islandhopper“, denen es wie uns in erster Linie ums Schnorcheln geht. Da auf Lanta die Möglichkeiten eher bescheiden sind, müssen wir es halt so angehen.

Die Inseln eins und zwei bieten dann auch tatsächlich schöne Tauchreviere, nur die vielen Leute von allen möglichen Schiffen mindern die pure Schnorchelfreude ein bisschen. Immerhin schwimmt man zeitweilig durch ganze Schwärme farbenfroher Fische. Auch kann ich eine schön gezeichnete Wasserschlange ausmachen.

Insel Nummer drei hat eine andere Besonderheit aufzuweisen. Zunächst werden wir angehalten, alle die Schwimmwesten anzulegen. Dann schwimmt unser Bootsführer voran in eine Höhle. Wir hinterher. Und plötzlich ist es stockduster. Etwas ratlos bewegen wir uns wegen der scharfen Felsvorsprünge vorsichtig hin und her, bis endlich eine Taschenlampe aufflammt. Wir folgen in Zweierreihen dem Lichtschein, und auf einmal öffnet sich die Höhle. Wir befinden uns mitten in einer grünen Lagune, die von dichtem Bewuchs umrahmt wird. Ein sehr reizvoller Anblick. Danach das Ganze wieder retour.

Insel Nummer vier schließlich wird nur noch zum Relaxen angesteuert. Und dies vor fantastischer Kulisse. Denn hier auf Koh Hai hat man fast eine Art Abziehbild der Ideal-Trauminsel vor Augen, so wie man es aus Hochglanzprospekten kennt. Ein Motiv für die Fototapete.

Um halb fünf legen wir wieder an unserem Hausstrand an.

 

Den Abend verbringen wir ziemlich gemächlich und von der Sonne etwas verbrannt, aber immerhin mit der guten Neuigkeit, dass ich wieder essen kann! Der Witz bei meiner Bestellung ist nur der, dass die vietnamesische Nudelsuppe mit Hühnchen keine einzige Nudel enthält, nur Fleisch und Gemüse. Und Witz Nummer zwei ist der, dass Werner gestern ein Seafood-Essen mit Kartoffeln bestellt hatte. Und er bekam Seafood – ohne Kartoffeln!

 

Montag,  3.2.     Koh Lanta - Bangkok

Leider ist das Inselvergnügen schon wieder passé, da Bangkok und der Rückflug am Mittwoch rufen. Wider Erwarten findet die eineinhalbstündige Fahrt von Lanta nach Krabi diesmal nicht im Bus, sondern per Schiff statt, was die Sache natürlich interessanter macht. Und in Krabi geht auch alles ganz reibungslos, so dass wir kurz nach vier wiederum in einem komfortablen Schlafbus sitzen. Im Bordkino läuft „Staatsfeind Nummer eins“, während die tropische Landschaft Südthailands an uns vorbei fliegt.

 

Dienstag,  4.2.

Die Ankunftszeit in Bangkok war mit sechs Uhr angegeben, aber schon um vier mitten in dunkler Nacht gehen die Lichter im Bus an und es heißt: „Bangkok, Bangkok, get out please.“ Und da stehen wir nun mit unserem Spargepäck. Doch zu unserem Hotel ist es nur ein Katzensprung.

Wir laden dort in der Eingangshalle alles ab, da wir unser Zimmer noch nicht beziehen können, und erleben das Touristenviertel um die Kao San jetzt auch mal aus ganz anderer Perspektive. Immerhin scheinen an manchen Ecken wirklich 24-stün-dige Öffnungszeiten zu herrschen.

Um sechs Uhr pünktlich lasse ich das Telefon in Meschede klingeln. Zu Hause ist es Mitternacht, und Conni hat heute ihren 48. Geburtstag. Der Überraschungscoup gelingt, und die Verständigung ist für 35 Cent die Minute gut, abgesehen von dem durch die Entfernung bedingten Verzögerungseffekt.

Etwas versäumten Schlaf nachholen, und schon geht es wieder auf „Jück“. Wir wollen noch ein bisschen shoppen und die letzten Baht unters Volk bringen.

1.Station ist das Pantip Plaza, das mir in Vietnam von den Hannoveranern empfohlen worden war. Hier findet man in einem mehrstöckigen Gebäude alles rund um den Computer. Software natürlich auch hier als Raubkopierware. Dann weiter bummeln, die eine oder andere „Markenklamotte“ kaufen, weiter ziehen zum Siam Center und gegen Abend wieder zurück zum Hotel fahren.

Da meine Verdauung anscheinend wieder voll belastbar ist, ziehen wir noch einmal zu jenem Esslokal, in dem wir neulich den leckeren Fisch gegessen haben, bevor ich so unerfreulich abgestürzt bin. Beim Chang-Bierkonsum halten wir uns zurück, der Red Snapper hat’s dafür aber heute mächtig in sich. Zwei Riesenfische füllen unsere Mägen so über die Maßen, dass mein Wohlbefinden aufs Neue in Mitleidenschaft gezogen wird.

In einem mit teils sehr attraktiven Souvenirs vollgestopften Touristenladen schlage ich kurz vor Toresschluss noch mal richtig zu:  Für knapp 25$ bekomme ich eine nicht sehr breite, dafür aber umso längere, sehr dekorative Maske, die sicher eine wesentliche Bereicherung für meine Maskensammlung darstellen wird.

 

Mittwoch/Donnerstag,  5.2./6.2.

Bangkok – Dhaka – Dubai – Rom – Frankfurt – Meschede

Unser definitiv letzter Tag in Thailand. Während Werner der nahen Nationalgalerie einen Besuch abstattet, marschiere ich weiter bis zum Wat Phra Keo, von wo auch die Schiffe zu den Klongs, den Schwimmenden Märkten, abgehen. 15$ verlangen die für eine Stunde Schifffahrt. Da verzichte ich, bummle eine Zeit lang über den Amulettmarkt, werde sogar noch bei ein paar schönen Mitbringseln fündig und widme mich zuletzt ein wenig der Geschichte und Kultur Thailands. Mit den letzten Baht gelange ich ins mächtige Nationalmuseum, in dem ich mich ohne rechte Muße ca. eineinhalb Stunden aufhalte.

Zurück zum Hotel, die letzten Sachen im grotesk riesigen Rucksack verstaut, mein Reisetagebuch auf den aktuellen Stand gebracht, und auf geht’s gegen sechs per Minibus in Richtung Flughafen.

 

Nach (überflüssiger) Einstellung des Geschwindigkeitsrekords für die Rennstrecke Bangkok City – Airport checken wir problemlos ein, ich frage – vergebens – noch einmal nach meinem Taschenmesser, und fast pünktlich heben wir um viertel vor zehn (21.45 h) in Richtung Dhaka ab.

Wäre da nicht eine Fluglinie namens Biman gewesen, hätte einer Rückkehr nach Deutschland am Folgetag um 13.15 eigentlich nichts im Wege gestanden. Aber wie gesagt, bei der Biman muss man auf Überraschungen gefasst sein (siehe Buchungsfehler). Folglich lässt die erste nicht lange auf sich warten. Offenbar hat man sich bei der Bestuhlung der Maschine verrechnet, so dass ausgerechnet Werner und ich zwei Plätze zugewiesen bekommen, auf denen kaum ein Baby Platz gehabt hätte. Es folgt eine Umsetzungsaktion, die sich ein wenig hinzieht.

Dann in Dakha angekommen, heißt es gleich „vier Stunden Verspätung“. Und das mitten in der Nacht bei laut dröhnendem Fernseher und Tausenden Mücken, die uns gnadenlos zerstechen.

Als es dann endlich im Morgengrauen losgehen soll, weigert sich der Pilot plötzlich zu starten, da er meint, es sei zu nebelig. Ein Sturm der Entrüstung von Seiten einiger Passagiere bricht daraufhin los, so dass der Pilot doch klein beigibt und die Maschine in Gang setzt. Zu aller Überraschung heißt unser nächstes Flugziel nicht Frankfurt, sondern – man höre und staune – Dubai. Na gut, irgendwie liegt es ja auf dem Weg, und der Flughafen dort ist schon recht sehenswert.

Aber damit nicht genug. Einer geht noch... Nach dem Motto macht die Maschine dann noch einen Schlenker in den Mittelmeerraum, und so landen wir zur Abwechslung als nächstes in Rom. Immerhin, hier herrscht schönster Sonnenschein bei allerdings europäischen (Winter-)Temperaturen.

Was lange währt... Um sieben Uhr abends landen wir schließlich doch noch in Frankfurt (6 Stunden Zeitverschiebung inklusive), wo uns Conni schon seit längerem erwartet.

Deutschland, ein Wintermärchen – das macht die Rückkehr nach genau drei Monaten leichter, und natürlich freuen wir uns auch wieder auf unser Zuhause. Trotzdem schwingt schon ein wenig Wehmut mit nach einer solch tollen Tour, als das Sauerland unerbittlich näher kommt und unser langersehnter Asientrip nun endgültig Geschichte ist. Beim Gang auf die Waage daheim staune ich nicht schlecht über die vollzogene Umverteilung: Sechs Kilo Gewichtsverlust meinerseits und summa summarum 40 Kilo Gepäck, das ich mit nach Hause bringe.

Zum Schluss macht Conni noch eine Profilaufnahme von Werner und mir, bei der wir uns in die Augen sehen und zugleich an unseren unterschiedlich langen Bärten zupfen. Das Foto soll das Motto tragen, das uns während der ganzen Reise ständig begleitet hat und das wohl so eine Art Lieblingsspruch der Asiaten ist, nämlich „same, same – but different“.

 

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