Ägypten für 159 Euro  (06.-20.08.2004)

 

Ferienclubs, Nobelhotels, All Inclusive, Schlachten an kalten und warmen Buffets, alberne Animation, Heerscharen von Bediensteten um einen herum – alles Dinge, die uns normalerweise fremd sind, reisen wir doch viel lieber individuell und ohne Fress-, Sauf und andere Zwänge. Doch wie’s der Zufall will, passieren dann doch hin und wieder Dinge, die so nicht eingeplant sind. Geplant war für dieses Jahr trotz Olympia eine Wohnmobilfahrt nach Griechenland. Allerdings in Griechenlands Norden und erstmals seit dem Balkankrieg wieder über den berüchtigten Autoput. Der ADAC hatte schon grünes Licht gegeben und die Reiseroute war schon weitgehend ausgearbeitet, als mich via Internet ein Newsletter erreichte, der einen Link zu einem sog. SSV-Reiseschlussverkauf bei Travelchannel.de beinhaltete.

Der Klick dauerte nur Sekunden, und schon wurde mir die große weite Welt zu eigentlich nicht realistisch klingenden Preisen versprochen. Versuchen kann man’s ja mal. Für kurze Zeit öffnete sich ein Fenster, in dem eine zweiwöchige Ägyptenreise statt für 970 € für schlappe 159 € pro Person offeriert wurde. Obwohl wir vor zehn Jahren mit den Kindern schon eine Ägyptentour gemacht haben, erschien mir das Reiseziel doch sehr reizvoll. Nachdem die vorgegebenen Termine für ok befunden und Connis Einverständnis eingeholt war, mussten nur noch schnell ein paar Formularfelder ausgefüllt werden. Daraufhin öffnete sich ein weiteres Fenster mit dem bedauernden Hinweis, dass wir leider nicht zu den Glücklichen gehörten, die den Zuschlag für diese Reise bekommen hätten. Aber immerhin wurde uns ein Reisegutschein im Wert von 25 € versprochen. Es wäre ja auch zu schön gewesen.
Nun erstmal mit DJ eine kleine Runde drehen und die merkwürdige Reiseofferte schnell vergessen. Doch erstens kommt es anders und zweitens ... Kaum bin ich von meinem Gassigehen zurück, teilt mir Timo mit, er habe eine gute Nachricht. Sollte sich hinsichtlich der Reise doch noch was getan haben?! In der Tat, die Travelchannel-Leute haben sich während meiner Abwesenheit noch einmal telefonisch gemeldet und von einem EDV-Fehler gesprochen. Wir könnten die Reise für anfangs genannten Preis – also für unglaubliche 159 € bekommen. 5 Sterne All Inclusive in Hurghada + eine einwöchige Nilkreuzfahrt + Vollpension + Flug etc. Und sogar die Anreise mit der Bahn zum Frankfurter Flughafen sei mit drin. Das klingt wie ein Sechser im Lotto, ist wohl auch so etwas Ähnliches. Das will erstmal verdaut werden.

Soweit die Vorgeschichte. Und nun ein paar Wochen später:

 

Freitag/Samstag, 6./7.8.2004  (Meschede – Hurghada)

Alle Reisevorbereitungen sind getroffen, und nachmittags um viertel vor fünf kann das Ägyptenabenteuer beginnen. Per ICE geht’s mit 300 Sachen direkt zum Flughafen Frankfurt, wo wir genügend Zeit haben, uns im dortigen Terminalwirrwarr zurechtzufinden. Auch der Schalter der mir bis dato unbekannten Fluglinie Air Cairo taucht endlich irgendwann auf. Ein Luxusflug scheint uns nicht zu erwarten, aber bei ca. 4 Stunden Flugzeit ist das auch eher nebensächlich. Nur für unsere trockenen Kehlen hätte man sich etwas spendabler zeigen können, zumal wir von den über 30 Grad in Deutschland schon etwas ausgetrocknet waren.

Ankunft in Hurghada um 4:30 Ortszeit (MEZ + 1 Std.). 25 € Visumgebühren, auch wenn auf einem Schild von 15 Dollar die Rede ist. Nun noch die quälend lange Schlange zur Passkontrolle überstehen; dann ist’s fast geschafft. Wir werden als Hermes-Reisende dem Reiseveranstalter Plärrer zugeordnet – whoever it is. Erstes Licht am Horizont, als wir uns Hurghada Stadt nähern. Auch die Sonne lässt nicht lange auf sich warten.
Als wir vor der Hotelanlage des Clubs Aladdin abgesetzt werden, ist es bereits Tag. Die Trinkgeld-Dollars und –Euros sind schon griffbereit, als gleich ein paar gute Dschins sich unseres reichhaltigen Gepäcks bemächtigen und wir mit einer zweiten deutschen Familie durch das Clublabyrinth zu unserem Apartment geleitet werden. Dann der erste Schock. Das uns zugewiesene Zimmer gleicht mehr einer schäbigen Besenkammer als einem 5-Sterne-Apartment. Das kann’s wohl nicht sein! Die anderen Deutschen sind ähnlich geschockt. Gleich zurück zur Rezeption, wo wir in aller Deutlichkeit und unmissverständlich eine akzeptable Behausung fordern. Um 12 Uhr, so wird uns bedeutet, sollten wir uns wieder melden. Man würde dann sicher etwas Geeignetes finden. Nun denn. Ein frühes Frühstück im riesigen, aber durchaus geschmackvoll eingerichteten Restaurant mit einer irren Auswahl beruhigen erst einmal unsere Gemüter. Und ein paar Stunden unter einem Bastdach am Strand ruhen gibt uns Kraft und neuen Mut. Erfreulicherweise findet noch vor der verabredeten Zeit ein Treffen mit unserem ägyptischen Reiseleiter statt. Der fantastisch deutsch sprechende Mann stellt uns zum Glück nicht nur sein umfangreiches Ausflugsprogramm vor, sondern ist meinem deutschen Leidensgenossen und mir auch bei der Umquartierung überaus behilflich. Die Nummer 586 soll’s nun sein. Und tatsächlich kommen wir aus der Hölle buchstäblich ins Paradies. Na ja, jedenfalls ist unser neues Apartment wirklich Spitze. Nicht einmal aufs deutsche Fernsehprogramm müssen wir verzichten, so dass sogar die heutige Sportschau (es ist ja inzwischen Samstag) gesichert ist. Ansonsten aber können wir getrost aufs Fernsehen verzichten. Dazu ist es hier viel zu schön, als seine Zeit damit zu vertun.

Nach dem späten und üppigen Abendessen lassen wir uns auf der Restaurantterrasse des Hotels den erfrischenden Abendwind um die Nase wehen, trinken etliche Weine (red, rosé, white – all inclusive) und lauschen den Klängen einer Zweimannband. Der (ägyptische) Sänger ist ausgesprochen gut. Er erinnert enorm an Elton John.

Sonntag, 8.8.04  (Hurghada)

Die Ober im Hotelrestaurant sind alle überaus zuvorkommend und heißen erstaunlicherweise alle Walter. Mustafa Walter, Ahmed Walter, Mehmet Walter und so weiter. So steht es auf den Namensschildern. Komisch eigentlich, bis wir bei genauerem Hinsehen feststellen, dass die vielen Walter eigentlich Waiter sind, also Ober. Was so ein kleiner Buchstabe ausmachen kann, wenn man nicht so genau hinschaut!

Das Rote Meer ist für seine fantastische Unterwasserwelt bekannt. Ein Versuch ist es schon wert. So nehme ich zum Strand meine Tauchermaske samt Schnorchel mit und werde nicht enttäuscht. Schon wenige Meter hinter dem stark bevölkerten Babystrand gibt’s richtig was zu sehen. Man wähnt sich förmlich in einem Aquarium mit Korallen und vor allem Fischen in allen Farben und Größen. Und das so nah am Ufer.

Nachmittags wartet der erste Härtetest auf uns. Obwohl mir die arabische Mentalität nicht gerade fremd ist, so bedarf es doch jedes Mal einer gewissen Eingewöhnungszeit, bis man alle Tricks wieder intus hat. Beispiel 1: Der Preis fürs Sammeltaxi nach Hurghada Stadt ist klar und schnell ausgehandelt: Statt 30 ägypt. Pfund sind’s halt nur 5 (1 Pfund = 14 Cent). Als man uns mit unseren russischen Mitfahrern nach nicht so sehr langer Fahrt (Hurghada ist ca. 20 km entfernt) aus dem Fahrzeug hinauskomplimentieren will und Conni als Zielpunkt das örtliche Aquarium aus ihrer Erinnerung herauskramt, kommt prompt die passende Erklärung: it’s only five minutes from here – no problem; und schon sind wir draußen. Aber natürlich nix five minutes. Wir laufen und laufen und erkennen praktisch nichts wieder. Also müssen wir ein weiteres Taxi nehmen. Schlawiner, Schlawiner – den Ausdruck scheint man hier zu kennen. Dieses war der erste Streich.

In einem hoteleigenen Geschäft kaufe ich zwei Postkarten sicher zu völlig überhöhtem Preis und nehme gleich 2 Briefmarken dazu. Wer weiß, wann und ob die Karten je ankommen. Als ich mir später die Briefmarken genauer anschaue und sehe, dass es sich um Marken im Wert weniger Piaster handelt, kommen wir starke Zweifel, ob dies überhaupt die richtige Frankierung nach Deutschland ist. Streich Nummer 2.

In Hurghada Stadt endlich angekommen, irren wir noch eine Zeitlang umher, bis wir uns einigermaßen orientieren können. Dann finden wir doch noch den angepeilten Touristenbasar, der uns vor allem mit toll aussehenden Rollenkoffern lockt. Unser mitgebrachtes altes Stück wurde inzwischen für untauglich befunden, so dass ein neues Teil hermuss. Nach einigem Handeln und Vergleichen schleppen wir ein ansehnliches Exemplar aus einem der Geschäfte. Kostenpunkt 16 €, nach deutschen Maßstäben sehr günstig. Aber was hat uns der Verkäufer nicht alles erzählt von good quality, not from China – China only bad quality usw. Und was entdecke ich bei genauerem Hinsehen in unserem Hotel? Einen Beipackzettel mit dem Hinweis „Made in China“! Auch werden schnell erste Macken sichtbar. Streich Nummer drei.

Bei der Rückfahrt zum Hotel scheint alles mit rechten Dingen zuzugehen. 5 Pfund sind ok. Unerwartet müssen wir einmal allerdings von einer Sammeltaxe in eine andere umsteigen. Was soll’s, der Koffer ist auch noch da. Angekommen am Hotel reiche ich dem Fahrer eine 20 Pfund-Note, dieser wechselt, drückt mir das Wechselgeld in die Hand, und ehe ich nur im Ansatz nachzählen und kontrollieren kann, sind die Jungs auf und davon. Geschickt waren die Scheine mit der arabischen Schrift zuoberst, so dass ich zu spät erkennen konnte, dass ich statt 15 nur 10 Pfund zurückbekommen habe. Im Grunde nur ein Kleckerbetrag, aber doch ärgerlich, zumal ich eigentlich genügend Orienterfahrung haben müsste. Dies war Streich Nummer vier und der letzte für heute.

 

Montag, 9.8.04 (Hurghada – Luxor)

Beginn unserer großen Nil-Kreuzfahrt. Um viertel vor acht sollen wir von einem Bus abgeholt werden, was dann gegen halb neun auch geschieht. In einem gewaltigen Konvoi schiebt sich eine Buskarawane erst durch die Wüste, dann durchs kahle Gebirge und schließlich entlang der herrlich grünen Niloase bis nach Luxor.
Kaum dort angekommen, werden wir wie Schlachtvieh auf eines der unzählig vielen Nilkreuzfahrtschiffe getrieben, ins dortige Restaurant beordert und anschließend in recht barschem Ton erst einmal instruiert. Das Ganze macht einen etwas militärischen Eindruck. Widerspruch scheint zwecklos, wenn z.B. mitgeteilt wird, dass die einmal eingenommen Plätze im Restaurant bis zum Schluss der Reise beibehalten werden müssten. Und nach dem Essen habe man sich in der Bar einzufinden, um den Betrag für das Ausflugsprogramm zu entrichten – immerhin 140 € für das Basisprogramm, zusätzliche Ausflüge wie z. B. Abu Simbel noch einmal insgesamt 95 €. Ganz schön happig, so dass Conni und ich überlegen, ob wir überhaupt die Angebote wahrnehmen sollen. Und immer einer Gruppe hinterherdackeln müssen, ist so gar nicht unser Ding. Außerdem kennen wir ja etliches schon. Also versuche ich mein Glück und bitte darum, als ich an der Reihe bin, mich/uns von dem eigentlich obligatorischen Programm zu entbinden. Nach einigem Hin und Her wird eingewilligt und wir sind froh, eigene Wege gehen zu können. Außerdem haben wir (noch einmal) viel Geld gespart.

Das Schiff ist ein 5 Sterne-Schiff, jedoch macht es auf uns nicht unbedingt den Eindruck einer Nobel-Herberge. Aber wir wollen nicht meckern, zumal wir eine gute Kabine im Oberdeck erwischt haben. Unsere Tischnachbarn – eine berlinernde Oma aus Bayern mit ihren zwei Enkeln – sind sehr nett, so dass es keinen Mangel an Gesprächsthemen gibt.

Bis zum Abendessen starten wir unser erstes Solo-Programm, indem wir zum nahen Luxortempel marschieren und die dortigen Kolossalbauten bewundern. Im Mittelpunkt steht einer der beiden fertiggestellten Obelisken mit unzähligen Hieroglyphen. Der andere steht auf der Place de la Concorde in Paris.

Von der Dachterrasse des nahen Emilio-Hotels erleben wir die wunderbare Kulisse bei einem guten Stella-Bier noch einmal in der Abenddämmerung, genauso wie vor 10 Jahren mit Timo und Maren.

 

Dienstag, 10.8.04 (Luxor – Edfu)

Für heute ist allgemeines Ausruhen vorgesehen. Das tut auch Not, zumal sich bei mir leichte Bauchkrämpfe eingestellt haben. Hoffentlich keine Vorboten einer Magen-Darminfektion. Unser Schiff, die Montasser (die Siegreiche), bewegt sich gemächlich in Richtung Kom Ombo, wo heute Abend angelegt werden soll.

Erste größere Station ist Edfu; doch bevor wir dort ankommen, wird es richtig amüsant. Genüsslich verfolgen wir das uns schon bekannte Spektakel vor der Schleuse von Esna, wo unzählige Bötchen mit wild gestikulierenden und schreienden Händlern die großen auf ihre Abfertigung wartenden Pötte in Windeseile umzingeln. Vor allem Hand- und Tischtücher sowie Galabias – typisch ägyptische kaftanähnliche Kleider – sollen den Touristen aufgedrängt werden. Und dies geschieht, indem die Händler ihre Ware einfach auf die Schiffe werfen, manchmal in luftige Höhen bis aufs Sonnendeck. In der Regel fliegen die Sachen dann wieder zurück, manches Teil findet aber auch seinen Abnehmer. Verhandelt wird über große Entfernungen hinweg, folglich in beachtlicher Lautstärke.

 

Die Überwindung der Schleuse dauert aufgrund der Unmengen von Kreuzfahrtschiffen viele Stunden. Wir können uns gar nicht erinnern, dass wir vor 10 Jahren hier überhaupt hätten warten müssen. Das Touristenaufkommen damals und heute hat sich eben dramatisch verändert. Zum Glück für die Einheimischen boomt das Geschäft – Ägypten sei praktisch ausgebucht, heißt es. Während damals noch der Schock der islamischen Anschläge die Tourismusindustrie fast zum Erliegen gebracht hatte. Dafür werden heute alle Schiffe von 2 Polizisten mit Gewehren begleitet ...

Spät am Abend sind wir endlich in Edfu, 105 km südlich von Luxor.

 

 

Mittwoch, 11.8.04 (Edfu – Kom Ombo - Assuan)

Während unsere organisierten Schiffsmitreisenden auf ihre Abfertigung warten, machen wir uns nach dem Frühstück alleine von dannen, um den berühmten Horus-Tempel auf eigene Faust zu erkunden. Da die Schiffe alle nebeneinander parken, müssen zunächst mehrere Schiffseingangshallen durchschritten werden, bevor wir ans Ufer gelangen. Mit einer der am Ufer auf Kundschaft wartenden Kalesche („Bakschisch, Bakschisch!“)fahren wir dann im Galopp zum Tempel, der noch gewaltiger ist, als wir in Erinnerung hatten. Der aus der ptolomäischen Zeit stammende Bau ist etwa 2000 Jahre alt und kündet von der Majestät des Falkengottes Horus. Von dem Touristenansturm lassen wir uns nicht irritieren und lassen den Monumentalbau in aller Ruhe auf uns wirken.

Nach dem wie immer ausgezeichneten Mittagessen auf der Montasser geht’s dann weiter nach Süden. Nächste Station ist Kom Ombo, wo uns der malerisch in einer Nilschleife direkt am Ufer liegende Doppeltempel im Abendlicht erwartet. Die 10 Pfund Eintritt pro Person zahlen wir gerne, wenn auch die Touristenhorden einem förmlich den Atem verschlagen. Die Dämmerung aber überdeckt alles mit einem milden rötlichen Schleier, wobei wir uns nicht sicher sind, ob diese Schleier nicht eher enorme Rußschwaden sind, die von den massenhaften Dampfern ausgestoßen werden.

Spät am Abend erreichen wir Assuan, den südlichsten Punkt unserer Ägyptenreise.

In der Schiffsbar findet ein Unterhaltungsabend mit Galabia, Bauchtanz und reichlich Touristentrallalla statt.

 

 

 

 

Donnerstag, 12.8.04  (Assuan)

Assuan haben wir noch in heißer Erinnerung. Und heiß ist es logischerweise auch diesmal. Man spricht von 45 Grad und mehr. Während unsere Gruppe schon früh auf Achse ist, begeben wir uns nach einem opulenten Frühstück in aller Ruhe zu Fuß in Richtung Zentrum, immer am Nil entlang. Geld abheben mit der Visakarte am Automaten – hier kein Problem. Die ersten kleineren Souvenirs gesichtet, und schließlich erreichen wir ein pompöses Kirchengebäude, das neu sein muss – jedenfalls hat es das vor 10 Jahren noch nicht gegeben. Wir dürfen hinein, und ein freundlicher Führer, der sich als Dekan dieser koptischen Kirche ausgibt, gibt ein paar Erklärungen; doch im Gegensatz zur äußeren Erscheinung kann uns das schlichte Innere nicht in Begeisterung versetzen.
Gleich nebenan ist das Old Cataract Hotel, jenes weltberühmte Hotel, in dem zum Teil der Tod auf dem Nil gedreht worden ist. Auch hat Agatha Christie hier selbst eine Zeitlang gewohnt und geschrieben. Wir genießen den Ausblick von der Hotelterrasse auf den Nilkatarakt mit den darin befindlichen Inseln Elephantine und Kitchener sowie das Aga Khan-Mausoleum auf der anderen Flussseite. Nach der ausgiebigen Siesta (man muss für mind. 30 Pfund pro Person verzehren) begeben wir uns schnurstracks zum Nilufer und heuern den erstbesten Fellukenbesitzer an und lassen uns mit dessen ziemlich ausgefranster „Flamingo“ zwei Stunden lang durch die verzweigte Nillandschaft segeln (50 Pfund). Auf Kitchener’s Island legen wir einen Zwischenstopp ein und erfreuen uns an der botanischen Vielfalt, die hier von Herrn Kitchener geschaffen worden ist.

Im Anschluss daran noch einmal ein Gewaltmarsch zurück zum Schiff, und das bei der Affenhitze.

Um halb fünf starten wir zur fakultativen Stadtrundfahrt, die wir als einzigen organisierten Programmpunkt auf unserem Schiff gebucht haben (10 € p.P.). Als wir abends um halb acht zurück kommen, steht für Conni und mich fest, dass wir uns die Tour hätten sparen können. Außer einem schönen Aussichtspunkt hoch über Assuan und einem Moscheebesuch mit einem ärgerlich langen und überflüssigen Werbevortrag über die Vorzüge des Islam gibt es nur noch einen Basarbesuch mit ein paar Erklärungen zu den verschiedenen Gewürzen – und außer einer Gratiscola war’s das dann auch. Das hätten wir wahrlich billiger und individueller haben können!

 

 

 

Freitag, 13.8.04  (Assuan – Edfu)

Nach verschlafenem Frühstück lassen wir uns diesmal vom Schiff aus chauffieren, und zwar per Kalesche zum Nubischen Museum. Der monströse (Neu-)Bau überragt Assuan und bildet eine Einheit mit dem Old Cataract Hotel und der Koptischen Kirche. Von der UNESCO erbaut, findet sich in dem Gebäude alles zur nubischen Geschichte, einschließlich ein paar Mumien und vielen Informationen zu Abu Simbel und dem Bau des Assuan Staudamms. Und genau die letztgenannten Attraktionen stehen heute auf dem Zusatzprogramm unseres Veranstalters – für immerhin 70 €. Da wir Abu Simbel kennen und in guter Erinnerung haben und wir zudem die Strapazen einer Fahrt dorthin meiden wollen, haben wir uns für den Museumsbesuch entschieden. Und dieser ist seinen Eintritt allemal wert.

Um halb vier startet unser Schiff wieder in Richtung Norden. Übernachtungsort ist erneut Edfu, knapp 100 km nilaufwärts. Wir sitzen bis spät in der Nacht auf Deck und beobachten amüsiert das Leben an Land. In einem Lokal sitzen – natürlich – ausschließlich Männer, welche stundenlang bewegungslos auf ihren Stühlen hocken, gelegentlich zur Wasserpfeife greifen oder auf den plärrenden Fernseher starren.
Unser Zimmerjunge hat wie schon öfter eine Überraschung für uns parat. Kunstvoll geformte Handtücher und weitere Utensilien aus unserer Kabine sind zu Phantasiefiguren zusammengefügt, welche uns beim Betreten regelmäßig zum Schmunzeln bringen.

 

Samstag, 14.8.04  (Edfu – Esna – Luxor)

Die Schleuse von Esna ist diesmal schneller überwunden, so dass wir schon am Nachmittag in Luxor sind. Wir werden allerdings vor den Toren der Stadt vom Schiff gelassen, um per Bus zu einer Sightseeing- und Verkaufstour gekarrt zu werden. Erste Station ist eine Parfümmanufaktur. Einige Mitreisenden lassen etliche Euros springen, während wir uns dezent zurückhalten, allerdings nach all den Duftproben alles andere als dezent riechend. Der nächste Verkaufsstopp findet in einem Juwelierladen statt. Die Araber bevorzugen Goldschmuck, wir hingegen stehen mehr auf Silberwaren. Ein mit einem Lapus Lazuli-Stein besetzter Skarabäus-Anhänger aus 900-er Silber geht für nur 7 € in unseren Besitz über.

Den Abschluss unserer Kauftour bildet schließlich ein erholsames Päuschen am Ufer des Nils, abseits des allgemeinen Verkaufsrummels. Wer möchte, kann sich außer an einem Getränk auch an einer Wasserpfeife delektieren. Diese ist mit Apfeltabak gefüllt. Es schmeckt zwar ganz gut, doch kann ich dem hiesigen Brauch nur bedingt Positives abgewinnen.

 

 

Sonntag, 15.8.04  (Luxor)

Das Tal der Könige, Tal der Königinnen, der Noblen usw. Die Besichtigung einiger der dort befindlichen Gräber stehen auf dem offiziellen Ausflugsprogramm. Wir gehen wieder eigene Wege und verfahren dabei selektiv. Das Tal der Könige und den Tempel Hatschesput haben wir noch von vor 10 Jahren in guter Erinnerung, weshalb wir heute die dem Nilufer nächstgelegenen Gräber ansteuern, und zwar per Rad. Vor allem mein Drahtesel ist zwar in einem mehr als desolaten Zustand (made in China), doch irgendwie wird’s schon gehen. Bei sprunghaft steigenden Temperaturen passieren wir als erstes die Memnos-Kolosse, um dann beim Tempel Medinet Habu vorbeizuschauen. Dieser von Tut Moses III und Ramses III fertiggetellte riesig große  Tempelkomplex zeigt gut erhaltene Darstellungen vor allem vom Kämpfen gegen die verschiedensten Völker.

Danach suchen wir in steiniger Hügellandschaft nach den Gräbern der Noblen. Wir entscheiden uns für die Grabstätten Menena, Nacht, Senefer und zuletzt Rechmire, von denen uns das tief unter Erde liegende Senefer-Grab wegen der wunderbaren Decken-  und Wandmalereien am besten gefällt. Weniger gefällt mir, dass ich nach den Besichtigungen an meinem Fahrrad eine abgefallene Pedale und vor allem ein plattes Hinterrad konstatieren muss. So gut es geht, ignoriere ich die Defekte und fahre unbeirrt mit Riesengetöse zurück zur Verleihstelle. Dann eine kurze Fährfahrt zurück zur anderen Nilseite, und unser Kulturtrip ist schon wieder Vergangenheit.

Ein Highlight wartet noch am Abend auf uns, nämlich die Klang- und Lichtshow im Karnaktempel – wie wir finden ein würdiger Abschluss unserer Niltour. Vor imposanter Kulisse wird in eindrucksvoller Form Nachhilfeunterricht in Sachen ägyptischer Geschichte und Mythologie gegeben. Dem kann auch das Gequäke des Muezzin und der Lärm der in nicht großer Ferne landenden Flugzeuge keinen Abbruch tun.

Auf dem Schiff herrscht Abschiedsstimmung. Mit unseren Tischnachbarn haben wir viel Glück gehabt, da sowohl die patente Oma aus Bayern mit Berliner Schnauze als auch die nette Familie aus Ahlen in Westfalen mit ihrer unkomplizierten Ruhrpottart für viel Unterhaltung und Spaß gesorgt haben. Nicht zu übersehen ist allerdings, dass sich bei einigen Gästen doch so eine Art Lagerkoller breitgemacht hat. Dieser entlädt sich in Cliquenbildungen und Lästerattacken. Uns stinken vor allem die Dauernörgler und Kritikaster, die wirklich an allem etwas auszusetzen haben und die z.T. sogar mit Kameras umherlaufen, um zwecks späterer Regressansprüche irgendwelche nicht ganz intakten Stühle im Bild festzuhalten.

 

 

 

Montag, 16.8.04  (Luxor – Hurghada)

Hurghada ist nach wenigen Stunden erreicht. Diesmal gibt es keine Überraschung mit dem Zimmer wie bei der ersten Ankunft vor 10 Tagen. Unser Apartment inmitten der weitläufigen Aladdinanlage ist ganz prima, und zum Strand, der für Hurghada-Verhältnisse wirklich ausgezeichnet ist, ist es ganz nah.

Mit unseren netten Ruhrpöttlern Willi, Birgit und Tochter Nathaly verabreden wir für Donnerstag eine gemeinsame Schnorcheltour, ein Muss, wenn man nach Hurghada kommt. Ansonsten Zeit zum Karten schreiben, Lesen, Schwimmen oder für die Olympiade im Zimmer-TV.

 

Dienstag, 21.8.04  (Hurghada)

Ein Abstecher ins neue (Geschäfts-)Zentrum von Hurghada ist schon ganz schön strapaziös. Sich all der mehr oder weniger aufdringlichen Offerten zu erwehren, gleicht schon einem größeren Kraftakt. Aber immerhin gehen wir bei unserer Andenkensuche nicht leer aus und schlagen uns bei allen Übertölpelungsversuchen ganz gut. In einer Apotheke wird mir Viagra wärmstens ans Herz gelegt, aber eine Flasche Aloe Vera tut’s auch. Prunkstück unserer Safari ist eine nubische Maske aus Sandelholz, die meine Maskensammlung daheim ganz enorm bereichern wird.

Die Restaurantterrasse im Aladdin ist wieder einmal Treffpunkt mit unseren Schiffsbekannten, zu denen auch eine Familie aus Esslingen und eine aus Niederbayern gehört. Alle sind sich einig, dass der Sänger, von dem ich schon zu Anfang geschwärmt hatte, klasse ist.

 

Mittwoch/Donnerstag, 18./19.8.08

Nach einem eher unspektakulären Ferientag, von dem es nicht sonderlich viel zu berichten gibt, schnell noch ein paar Zeilen zu unserem Bootsausflug am vorletzten Tag unserer Reise. Leider habe ich mir offensichtlich Pharaos Rache eingefangen, denn der Tag beginnt mit Durchfall und Magenkrämpfen. Auf die Zähne gebissen, und auf geht’s mit Schnorcheln, Masken und teilweise Flossen bewaffnet hinaus aufs offene Meer. Wir vier Familien, von denen ich schon berichtet habe, haben ein Boot ganz für uns. Allerdings auch für einen stolzen Preis, und zwar 30 € p.P. abzüglich 10 Prozent Discount.
Die Insel Giftun gehört zur Standardroute aller Ausflugsboote; entsprechen groß ist der Rummel dort. Uns interessiert mehr das Schnorcheln, und das kommt zum Glück auch nicht zu kurz. Vor allem der letzte Stopp hat es in sich. Die Artenvielfalt unter Wasser ist traumhaft, die in verschiedensten Farben leuchtenden Korallenbänke einfach genial. Fette Napoleonfische umkreisen uns ebenso wie knallbunte Clownfische und viele, viele andere. Da werden meine lästigen Magenkrämpfe absolut nebensächlich. Kurz vor fünf laufen wir nach einer zum Schluss üblen Schaukeltour vorm Aladdin wieder ein.

Und nun rückt der endgültige Abschied immer näher. Koffer packen, ein bisschen Olympia sowie ein Abschlusstreffen auf der Restaurantterrasse, und schon wieder ist ein toller Urlaub (fast) vorüber.

 

Freitag, 20.8.04  (Hurghada – Meschede)

Ein letztes Bad im Meer, noch mal Schlemmen im riesigen Restaurant, die erwarteten Trinkgelder an alle Walter verteilen, Willi, Birgit und Nathaly aus Ahlen tschüs sagen und schon sitzen wir im Bus, der uns zum Flughafen bringen soll. Kurz nach der Abfahrt, gerade noch rechtzeitig, müssen wir feststellen, dass unsere Pässe nicht da sind. Beim Auschecken sind sie uns nicht zurückgegeben worden. Das wäre eine schöne Pleite geworden, wenn wir’s nicht gerade noch so gemerkt hätten.

Der Rest ist Formsache. Im Flughafen stoßen wir auf viele Bekannte vom Schiff, auch auf einige, die uns – wie beschrieben - nicht so sympathisch gewesen sind.

Die letzten ägyptischen Pfund sowie die noch vorhandenen Eindollarnoten finden problemlos Abnehmer, so dass unsere Rucksäcke und Koffer nochmals an Gewicht zulegen.

Der Flug ist diesmal wunderbar. Sitzplätze weit hinten mit grandioser Aussicht. Leuchtende Wüstenlandschaften, die schlangenförmigen Mäander im Nildelta bei Alexandria, das karstige Bergland auf Kreta und dem Peloppones und zuletzt ein sich zusammenbrauendes Unwetter über den Ostalpen mit gigantischen  Wolkengebilden und zuckenden Blitzen bilden einen tollen Abschluss unserer Ägyptenreise. Was man doch für 159 €  so alles erleben kann ...

 

 

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